Am Tag nach dem tragischen Unfall am Bahnübergang zwischen Rümpel und Rohlfshagen sind die Menschen fassungslos. Die Schranke an dem Bahnübergang ist seit mehr als eineinhalb Jahren defekt.
Bad Oldesloe. Entsetzen und Trauer herrschen in der Gemeinde Rümpel. Am Tag nach dem tragischen Unfall am Bahnübergang zwischen Rümpel und Rohlfshagen (wir berichteten) sind die Menschen fassungslos. „Das kann doch nicht angehen! Musste denn wirklich erst etwas passieren?“, sagt Nicole Stührwold aus Pölitz. Ihr Ärger hat einen Grund: Die Schranke an dem Bahnübergang ist seit mehr als eineinhalb Jahren defekt.
Wie berichtet, hatte im April 2013 ein Blitz in der Nähe des Schalthauses eingeschlagen. Seitdem mussten Schrankenwärter persönlich für die Sicherheit am Gleis sorgen: zunächst mit stabilen Absperrbändern aus Kunststoff, die ein wenig an rot-weiße Karnevalsgirlanden erinnern, dann folgten mobile Halbschranken, die von den Wärtern mechanisch per Knopfdruck bedient wurden. Mehr als eineinhalb Jahre ging das gut. Bis Dienstagabend um 18.34 Uhr. Eine 56 Jahre alte Frau wurde mit ihrem Ford Fiesta von einem Regionalzug erfasst und rund 300 Meter mitgeschleift. Die Frau starb.
Tote soll als Hausdame bei Altkanzler Schmidt gearbeitet haben
„Es war Edeltraut“, sagt eine Frau, die an der Unglücksstelle steht. Sie hält eine weiße Grabkerze in ihrer Hand. „Edeltraut kam gerade von ihrem Bruder. Der wohnt nur ein paar Meter von hier entfernt“, so die Frau. Sie weint, als sie von Edeltraut K. erzählt. „Wir sind zusammen in Rümpel aufgewachsen.“ Erst kürzlich habe sie sie noch gesprochen. „Da hat sie mir gesagt, dass sie jetzt als Hausdame bei Altkanzler Helmut Schmidt arbeitet. Sie war so glücklich darüber.“
Der Unfall ist ein Schock für die Bewohner der umliegenden Dörfer. „Wir kennen uns hier untereinander“, sagt eine Anwohnerin. Nicole Stührwold ergänzt: „Ich habe so sehr gehofft, dass es niemand aus unserer Gegend ist. Wie schrecklich!“ Auch Sabrina Knorr aus Lasbek-Dorf fährt regelmäßig über den Bahnübergang: „Meine Tante wohnt in Rohlfshagen. Ich bin bisher eigentlich davon ausgegangen, dass er sicher ist. Das ist wirklich erschütternd.“
Karl Pantwich aus Barkhorst findet deutlichere Worte: „Der Unfall wäre wirklich vermeidbar gewesen. Allerdings nicht, wenn man sich in Sachen Sicherheit so verhält wie die Deutsche Bahn.“ Man müsse bedenken, wie lange diese Situation schon andauere. „Immer dieses Provisorium mit den Flatterbändern und dann mit diesen mobilen Schranken. Dass Menschen auch mal versagen können, daran hat bei der Bahn wohl keiner gedacht!“ Er vermutet Kosteneinsparungen der Bahn als Grund für die Verzögerung der Schrankenreparatur. „Das geht dann wie immer auf Kosten der Sicherheit“, sagt Pantwich verärgert.
Autofahrer fühlen sich unsicher am provisorisch beschrankten Bahnübergang
Nicole Stührwold ist Briefträgerin in der Gemeinde und passiert den Bahnübergang mindestens zwei Mal am Tag. „Seit die mechanische Schranke hier ist, war nur noch ein Schrankenwärter da.“ Anfangs, als noch mit dem Flatterband abgesperrt wurde, seien immer dieselben zwei Wärter vor Ort gewesen. „Die hat man schon gekannt und gegrüßt, man hat miteinander geschnackt, während man warten musste.“ Seit die mechanische Schranke installiert sei, gab es aber offenbar einen regen Wechsel unter den Schrankenwärtern. Eine Anwohnerin sagt: „Die sitzen immer nur in ihrem Bauwagen und hüpfen kurz raus, um den Knopf für die Schranke zu drücken. Dann sind sie wieder weg.“
Stührwold kritisiert auch die langen Wartezeiten am Bahnübergang. Dies sei vor dem Blitzeinschlag anders gewesen. „Mal stehst du und stehst du – da passiert eine Viertelstunde lang gar nichts. Dann kommt endlich ein Zug, und die Schranke geht hoch.“ Manchmal werde die Schranke auch zwischendurch kurz geöffnet, um Autos passieren zu lassen. „Immer je nachdem, wer gerade Dienst hat.“ Ein unsicheres Gefühl, meint Nicole Stührwold.
Auch Haklaj Nusret überquert den Bahnübergang nur ungern: „Am Dienstag morgen zum Beispiel habe ich kaum etwas gesehen. Es war extrem kalt und nebelig. Und am Bahnübergang leuchtete nur ein kleines rotes Licht.“ Ob die Schranke offen oder geschlossen gewesen sei, habe er im Nebel nicht erkennen können. „Und leider war auch kein Wärter zu sehen. Dem war es wohl zu kalt draußen.“