Die Grünen in Oststeinbek kritisieren, dass mehr als die Hälfte der Gewerbesteuer von 15 Projektgesellschaften kommt. Diese könnten bei einer Erhöhung des Steuersatzes jederzeit abwandern.
Oststeinbek. Ein Runder Tisch für Wirtschaft und Politik soll Oststeinbek vor einer schwierigen finanziellen Lage bewahren. Der Ortsverband der Grünen sieht das so und hat nun vorgeschlagen, gemeinsam mit Unternehmen Pläne für ein wirtschaftlich stabileres Oststeinbek zu entwickeln. Hintergrund ist die Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichsgesetzes (FAG) und die mögliche Folge für die Gemeinde. „Oststeinbek hat ein strukturelles Defizit von vier Millionen Euro im Haushalt. Und das wird voraussichtlich nicht weniger werden“, sagt Stephan Merckens, Ortsvorsitzender der Grünen.
Um die Mehrbelastung durch das FAG und die steigende Kreisumlage abzufedern, denkt die Gemeinde darüber nach, den Gewerbesteuerhebesatz, der derzeit bei 275 Prozentpunkten liegt, zu erhöhen. „Im vergangenen Finanzausschuss haben wir die Verwaltung beauftragt, verschiedene Varianten zu prüfen, um zu sehen, wie sich eine Anhebung um fünf und auch 100 Punkte auswirken würde“, sagt Christian Höft, SPD-Fraktionsvorsitzender in Oststeinbek. Denn durch das FAG und die Kreisumlage sei mit einer Mehrbelastung von rund 900.000 Euro im Jahr zu rechnen.
Oststeinbek ist mit seinen fast 8700 Einwohnern auch in Stormarn ein eher kleinerer Ort. Mit Gewerbesteuereinnahmen von rund 25 Millionen Euro in diesem Jahr ist Oststeinbek allerdings alles andere als Durchschnitt. „Bezogen auf die Einwohnerzahl haben wir die höchsten Gewerbesteuereinnahmen im ganzen Kreis“, sagt Merckens. Das klingt zunächst einmal nicht schlecht.
Doch der Grünen-Politiker übt auch Kritik. „Durch den geringen Gewerbesteuerhebesatz sind die Steuereinnahmen in diesem Bereich relativ niedrig. Und Oststeinbek ist gleichzeitig abhängig von wenigen Briefkastenfirmen, die die Gemeinde als Steuerparadies nutzen. Bei einer Erhöhung des Satzes wären die sofort weg.“
Eine Anfrage der Grünen bei der Verwaltung hat ergeben, dass mehr als die Hälfte (13,4 Millionen Euro) der diesjährigen Einnahmen derzeit durch 15 sogenannte Projektgesellschaften, die standortungebunden sind, generiert wird. „Die machen knapp über ein Prozent der 1300 in Oststeinbek ansässigen Gewerbesteuerzahler aus. Und sie können jederzeit abwandern“, sagt Merckens. Auf dieser Basis könne die Gemeinde keine Infrastruktur aufbauen.
Die Sorge, dass die Gesellschaften bei einer Steuererhöhung schnell wegziehen, scheint berechtigt. „Die Gemeinde lotet zurzeit mit den Unternehmen aus, wo deren Grenzen liegen“, sagt Höft. Er hält aber nichts von der Idee eines Runden Tisches, wie ihn die Grünen vorschlagen. „Zum einen befindet sich die Gemeinde schon in Gesprächen. Und zum anderen sind solche Beratungen nur in Einzelgesprächen möglich.“ Es gehe dabei ja auch um Unternehmensinterna.
Weil die Situation so prekär ist, hat die Gemeinde bereits einen Ausschuss zur Haushaltskonsolidierung gebildet, der Einsparungs- und Ertragspotenziale prüfen soll. Damit soll eine Finanzreserve gesichert werden. „Wir werden nämlich auch künftig hohe Investitionskosten haben“, sagt Merckens.
Er hält es für angebracht, den Gewerbesteuersatz um fünf bis zehn Prozentpunkte anzuheben – trotz des Risikos, die Projektgesellschaften zu verprellen. Es sei wichtiger standorttreue Firmen anzusiedeln, die auch Arbeitsplätze schaffen. Merckens: „Das Land bestraft uns dafür, das wir die Cayman Islands von Stormarn sind. Daher müssen wir jetzt andere Lösungen finden.“
Die Grünen plädieren dafür, das Neubaugebiet nördlich des Breedenwegs, bekannt als Allianz-Gelände, nicht wie geplant für Wohnbebauung zu nutzen, sondern als Gewerbegebiet. „Das ist die einzige Fläche, auf der das noch möglich ist“, sagt Merckens.
Tatsächlich ist Oststeinbek nicht nur Stormarns Steueroase. Die Gemeinde lag im Jahr 2012 in ganz Schleswig-Holstein an zweiter Stelle unter den Kommunen mit dem geringsten Gewerbesteuersatz. Vor Oststeinbek mit 275 Prozent lag nur noch Bosau (Kreis Ostholstein) mit 235 Prozent.
Die Untergrenze liegt bei 200 Prozent. Weil der Gesetzgeber Gewerbesteueroasen wie ehemals die Gemeinde Norderfriedrichskoog (Kreis Nordfriesland) verhindern wollte, hat er den Mindesthebesatz 2004 eingeführt. Zuvor hatte die 46-Seelen-Gemeinde gar keine Gewerbesteuern erhoben, sodass dort bis zu 500 Firmen registriert waren, darunter auch Konzerne.
„Wir sind keine Steueroase geworden, weil wir das so geplant haben“, betont SPD-Sprecher Christian Höft. „Oststeinbek hat einfach lange keine Notwendigkeit darin gesehen, den Satz zu erhöhen.“