70 Vertreter aus Stormarner Städten und Gemeinden diskutieren in Tangstedt über umstrittenes Finanzausgleichsgesetz und fordern Unterstützung bei der Unterbringung von Flüchtlingen.
Tangstedt. Finanzausgleichsgesetz, Kreisumlage, Kinderbetreuung, Flüchtlingsunterbringung und Transparenzgesetz: Die Tagesordnung bei der Mitgliederversammlung des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages, Kreisverband Stormarn, war breit gestreut. Doch die Gesetzesreform zum kommunalen Finanzausgleich (FAG) war abermals das alles bestimmende Hauptthema. Mehr als 70 Vertreter der Stormarner Kommunen, Landtagsabgeordnete und weitere Gäste haben sich am Donnerstagnachmittag in Tangstedt über das Gesetz ausgetauscht.
Dabei wurde wieder deutliche Kritik geäußert. Jörg Bülow, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages, betonte, dass das neue Gesetz gerade finanzschwache Kommunen hart treffen werde. „Früher hieß es: Reich hilft arm. Jetzt heißt es: Klein hilft groß.“ Das sei ungerecht und stelle Kreis und Gemeinden vor finanzielle Herausforderungen.
Bülow verwies zudem auf die Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzungen, die für Donnerstag erwartet wurde, und auf ihre Auswirkungen auf den Kreis Stormarn. Noch während der Veranstaltung wurden die Zahlen bekannt gegeben. Die Steuerschätzer rechnen demnach mit 6,4 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen für 2015 als noch im Mai erwartet. „Was das für Stormarn bedeutet, werden wir am Dienstag sehen, wenn die Zahlen für den Kreis vorliegen“, sagte Bülow.
Finanzausschuss berät am Montag über Erhöhung der Kreisumlage
Bereits am Montag wird im Kreisfinanzausschuss über die Erhöhung der Kreisumlage beraten. „Dann werden wir sehen, wie hoch die Umlage ausfällt und ob dabei ein Finanzloch einkalkuliert wird, das offen bleibt“, sagte Landrat Klaus Plöger. Von den anfänglich veranschlagten drei Prozentpunkten Erhöhung, um das durch das FAG zu erwartende Minus von etwa zehn Millionen Euro aufzufangen, ist der Kreis schon abgerückt. Politiker rechnen damit, dass es auf 1,5 bis 2,5 Prozentpunkten hinauslaufen wird.
Es gebe aber auch gute Nachrichten, so Bülow. „Vom Bund gibt es für kommendes Jahr eine Sofortentlastung von einer Milliarde Euro, davon 31 Millionen für Schleswig-Holstein.“ Zudem bezuschusst der Bund Schleswig-Holstein mit zusätzlichen 18 Millionen Euro für den Ausbau von Krippenplätzen. Vom Land werde es außerdem Zuschüsse für die Betreuung von Kindern, die älter als drei sind, geben. Stormarn solle zudem noch Infrastrukturmittel in Höhe von knapp 800.000 Euro erhalten.
Verbesserungen forderte Bülow vom Land in Sachen Flüchtlingsunterbringung. „Die Aufenthaltszeit in der zentralen Landesunterkunft für die Erstaufnahme von Flüchtlingen ist oft zu kurz. Die Gemeinden haben nicht genug Zeit, sich vorzubereiten.“ Die Forderung des Gemeindetags: Die Aufenthaltszeit in der Landesunterkunft soll auf sechs Wochen verlängert werden. In dieser Zeit sollen die Asylsuchenden Sprachförderung und Unterstützung in Alltagsfragen bekommen. Auch eine Betreuungspauschale soll es für die Gemeinden geben.
SPD-Landtagsabgeordneter Tobias von Pein verwies bei der Flüchtlingsthematik auf das noch nicht ausgeschöpfte Potenzial der Stadt Ahrensburg. „Bisher gibt es nur 15 Wohnungen für Flüchtlinge dort. Solch eine große Stadt könnte mehr beitragen“, sagte von Pein in Richtung des CDU-Landtagsabgeordneten Tobias Koch, der auch Fraktionsvorsitzender der Ahrensburger CDU ist.
SPD-Landtagsabgeordneter verteidigt Finanzausgleichsgesetz
Von Pein nahm überdies die Kritik am Finanzausgleichsgesetz auf und gab zu verstehen: „Ich habe die Stormarner Position so vehement vertreten, wie es ging. Aber wenn man das Bayern unter den Kreisen ist, fällt es schwer zu erklären, warum man nichts abgeben möchte.“ Als dreistesten Eingriff, den sich eine Landesregierung in den vergangenen Jahren geleistet habe, bezeichnete Joachim Wagner, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion, das Gesetz anschließend. „Es wurde dogmatisch entschieden in der Sache“, sagte Oststeinbeks Bürgermeister Jürgen Hettwer. Kreispräsident Hans-Werner Harmuth ergänzte: „Man darf einen Starken nicht so weit schwächen, dass sich Leistung nicht mehr lohnt. Und wenn den Schwachen geholfen wird, muss es für sie Auflagen geben.“
Gegen das geplante Transparenzgesetz, das die Landesregierung plant, sprachen sich Jörg Bülow und Tobias Koch aus. Kommunale Betriebe müssten nach dem neuen Gesetz unter anderem Managergehälter offenlegen. „Die kommunalen Unternehmen stehen in Konkurrenz zur Privatwirtschaft und hätten somit einen Wettbewerbsnachteil“, sagte Bülow.
Beim Gemeindetag stand allerdings nicht nur der gemeinsame Austausch über landes- und kreispolitische Themen im Vordergrund. Trittaus ehemaliger Bürgermeister Walter Nussel, der sich seit 1990 im Kreisverband Stormarn engagiert hatte, wurde nun aus dem Kreisvorstand verabschiedet und geehrt. An seine Stelle wurde Oststeinbeks Bürgermeister Jürgen Hettwer gewählt.