Gewaltbereite Extremisten aus dem Hamburger Randgebiet beteiligen sich an Straßenkämpfen in der Hansestadt. Der Verfassungsschutz in Schleswig-Holstein beobachtete derzeit 210 Salafisten.

Ahrensburg/Kiel. Der Verfassungsschutz in Schleswig-Holstein beobachtet derzeit 210 Salafisten im Hamburger Randgebiet sowie in den Ballungszentren Kiel, Lübeck und Neumünster. „Allerdings rechnen wir in Schleswig-Holstein nicht mit Ausschreitung zwischen Kurden und Salafisten wie in Hamburg“, sagt Dieter Büddefeld, Leiter des Verfassungsschutzes. „Dafür ist das Mengengerüst nicht entsprechend.“

Kundgebungen von Kurden in Kiel am vergangenen Dienstag oder am 1. Oktober in Lübeck verliefen friedlich. Dennoch beobachten die Verfassungsschützer, dass auch in Schleswig-Holstein, insbesondere in den Kreisen Stormarn, Pinneberg und Segeberg, Salafisten aufgerufen werden, sich an den Protestaktionen in Hamburg zu beteiligen. „Die werden hier bei uns mobilisiert“, so Büddefeld.

Grundsätzlich hat der Verfassungsschutz festgestellt, dass der Schwerpunkt des extremistischen Handelns von schleswig-holsteinischen Salafisten Hamburg sei. Ein Beispiel ist ein 17-Jähriger aus Pinneberg, der laut Staatsschutz bei den Ausschreitungen in Hamburg beteiligt war. Der junge Salafist sei Aufrufen gefolgt, in der Hansestadt Kundgebungen der Kurden zu stören. Diese protestieren gegen den IS-Terror in Syrien. Die Salafisten sympathisieren indes mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Die Zahl der Salafisten steigt bundesweit stark an

Der Pinneberger war dabei, als in der Nacht zu Mittwoch 400 Kurden und 400 Salafisten sich eine blutige Straßenschlacht lieferten. Beide Gruppen gingen mit Macheten, Dönerspießen oder Holzlatten aufeinander los. 14 Menschen wurden verletzt. Laut dem Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders, sei es dem rechtzeitigen Einsatz der Polizei zu verdanken, dass es keine Toten gab. Die Polizei in Hamburg rechnet auch in den kommenden Tagen mit gewalttätigen Auseinandersetzungen auf den Straßen.

Dann dürften auch wieder Salafisten aus Schleswig-Holstein nach Hamburg reisen. „Davon abgesehen, beobachten wir allgemein eine hohe Mobilitätsbereitschaft bei den Salafisten in Schleswig-Holstein“, sagt Stefan Jung, Sprecher des Landeskriminalamtes und damit auch des Staatsschutzes.

Sorge bereitet den Verfassungsschützern dabei die stark ansteigende Zahl der Salafisten. Während im Jahr 2011 in Schleswig-Holstein 190 Salafisten beobachtet wurden, sind es jetzt 210. „Das ist noch ein geringer Anstieg. Bundesweit hat die Zahl um 45 Prozent zugenommen“, so Büddefeld. Grund dafür sei die intensive Missionierungsarbeit in der Szene.

Ferner beobachten die Verfassungsschützer auch, dass Salafisten aus Schleswig-Holstein in das Kriegsgebiet nach Syrien reisen, um dort zu kämpfen. In den vergangenen eineinhalb Jahren seien 23 Salafisten Richtung Syrien aufgebrochen. Vier von ihnen seien dort gestorben, neun sind wieder zurückgekehrt.

Von diesen Rückkehrern gehe laut Büddefeld das größte Gefährdungspotenzial aus. Hinweise, dass sie terroristische Aufträge hätten, lägen derzeit aber nicht vor.