Bürgermeister sind zufrieden: Hamburger Lärmschutzkommission stellt endlich einen Sitz in Aussicht – und widerspricht der Fluglärm-Bürgerinitiative. Über Ahrensburg soll es ruhiger statt lauter werden.

Großhansdorf. Nicht ein einziger Düsenjet am blauen Himmel über Großhansdorf: Die Hamburger Fluglärmschutzbeauftragte Gudrun Pieroh-Joußen hatte für ihr allererstes Treffen mit Bürgermeistern und Verwaltungsbeamten aus dem Stormarner Umland einen für sie optimalen Tag erwischt.

Die Ruhe über der Waldgemeinde – wegen der Windrichtung landeten die Flugzeuge am Montag aus Richtung Blankenese in Hamburg – passte zum Gespräch: Im Gegensatz zur Bürgerinitiative Alstertal/Walddörfer/Ahrensburg (BAW) erwarten die Bürgermeister Janhinnerk Voß (Großhansdorf), Michael Sarach (Ahrensburg), Horst Ansén (Ammersbek), Henning Görtz (Bargteheide), Dieter Schippmann (Hoisdorf) sowie Bernd Gundlach (Leiter des Amtes Bargteheide-Land) und Beate Badur (stellvertretende Leiterin Amt Siek) nicht mehr Fluglärm für die 100.000 Menschen im Westen Stormarns, sondern sogar weniger.

In den kommenden Monaten werden auch Lärmmesscontainer aufgestellt

„Die jüngsten Entscheidungen sind ein guter Kompromiss“, sagt Henning Görtz. Damit meint er auch den Standardanflug, der laut Fluglärmschutzkommission (FSLK) bei sieben Nautischen Meilen (NM, rund 13 Kilometer) über Ammersbek festgelegt wurde. Dieser Punkt gilt seit Sommer 2013 für die meisten Landungen. Von Hoisbüttel schweben die Flieger gerade bis nach Hamburg-Fuhlsbüttel ein. Die Bürgerinitiative hatte vergeblich zehn NM (18,5 Kilometer) gefordert. „Das würde den Raum Bargteheide/Elmenhorst/Jersbek überproportional belasten“, sagt Bürgermeister Görtz.

Rückenwind bekommen die Stormarner für ihre Forderung nach einem Sitz in der Kommission. „Informationen aus erster Hand vermeiden Missverständnisse“, sagt Ahrensburgs Bürgermeister Sarach. Vor vier Jahren hatte die FLSK einen entsprechenden Antrag aus Stormarn noch abgelehnt. „Jetzt unterstützen wir den Vorstoß“, sagt Gudrun Pieroh-Joußen. Um detaillierte Daten zur tatsächlichen Belastung zu bekommen, sollen außerdem in den kommenden Monaten mobile Lärmmesscontainer in Stormarn aufgestellt werden.

Uwe Schacht, Mitarbeiter der bei der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) angesiedelten Fluglärmschutzbeauftragten, präsentierte zwei weitere Verbesserungen: Erstens soll die Mindest-Flughöhe über dem bebauten Teil von Ahrensburg auf 914 Meter angehoben werden. Noch sind es 762 Meter. Zweitens ist vorgesehen, ab November an Wochenenden und Feiertagen vor 10 und nach 22 Uhr den längeren Landeanflug über zehn Meilen vorzuschreiben. Dann würden die Flugzeuge in größerer Höhe auf den Sinkflug eindrehen: ein Manöver mit Schub, dass sehr laut ist.

Schließlich sollen die sogenannten Kurzanflüge – die Jets fliegen tief über Stormarn und kommen bei vier Meilen über Hamburg in den Sinkflug – nach Möglichkeit ganz gestrichen werden.

„Auch wenn es vielfach anders wahrgenommen wird, ist die Zahl der Überflüge in Stormarn deutlich gesunken“, sagt Pieroh-Joußen. Wurde der Kreis 2007 bei 50.500 Starts und Landungen überflogen, so war es im Vorjahr mit 40.500 ein Fünftel weniger. Das sind durchschnittlich 110 Flugzeuge täglich, wobei die Bandbreite je nach Wetterlage von einigen wenigen bis zu mehr als 250 reicht.

Verbesserungen sollen auch neue Preise für die Fluggesellschaften bringen: So werde der besonders leise Airbus A320neo sehr günstig sein, während der Zuschlag für Flüge nach 22 Uhr deutlich steigen werde.

Für Ammersbeks Bürgermeister Horst Ansén sind das durchaus gute Nachrichten. „Wir gehören zur Metropolregion Hamburg, wollen einen gut erreichbaren Flughafen und fliegen alle in den Urlaub“, sagt er, „da müssen wir auch mit den Folgen leben.“ Das sieht der Leiter des Amtes Bargteheide-Land, Bernd Gundlach, ähnlich: „Wichtig ist, dass sich die Situation nicht verschlechtert.“ Das sei nicht zu erwarten.

Großhansdorfs Bürgermeister sieht im Autobahnlärm das größere Problem

Auch Hoisdorfs Bürgermeister Dieter Schippmann mahnt zu einer realistischen Beurteilung: „Das Aufstellen der Messcontainer ist ein wichtiger Schritt, um belastbare Argumente zu bekommen.“ Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß erinnert an eine Fünf-Monats-Messung im Jahr 2005. Demach gab es quasi kaum Fluglärm im Ort. Damals wurden fast 3700 sogenannte Lärmereignisse mit mehr als 63 Dezibel (so laut wie ein Gruppengespräch oder eine Nähmaschine) festgestellt. Davon war weniger als jeder sechste Ausschlag auf ein Flugzeug zurückzuführen. „Jeder vorbeifahrende Lastwagen ist lauter, deshalb ist der Dauerlärm von der Autobahn für Großhansdorf ein größeres Problem“, sagt Voß. Auch die Einwohner setzten andere Prioritäten: „Im Rathaus kommen mehr Beschwerden über Hundekot auf Gehwegen als über Fluglärm an.“

Unterdessen fährt die Bürgerinitiative, die ihren Ursprung in den Hamburger Walddörfern hat, schwere Geschütze auf. Sie ruft die Fluglärmschutz-Allianz Nord (FLSA Nord) „als Zusammenschluss der Fluglärmbetroffenen in Hamburg und Schleswig-Holstein aus“. Der Fluglärmschutzkommission wirft sie vor, nicht unabhängig, sondern „ausschließlich von finanziellen und wirtschaftlichen Interessen geleitet zu sein“.