Der 45 Jahre alte Angeklagte hat nach Überzeugung des Gerichts seinen Widersacher im Streit um Drogen erstochen. Die Kammer des Landgerichts sah keine Notwehr, wie es die Verteidigung gefordert hatte.

Lübeck. Es war das schreckliche Ende einer ungleichen Freundschaft. Im Streit um Drogen hatte ein 45-Jähriger im Mai 2013 in einem Flüchtlingswohnheim in Reinbek einen 53 Jahre alten Freund erstochen. Wegen Totschlags hat das Landgericht Lübeck den drogenabhängigen Mann am Montag nun zu acht Jahren Haft verurteilt. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt und kündigte unmittelbar nach der Urteilsverkündung Revision an. Die Staatsanwaltschaft hatte neun Jahre beantragt.

Das ebenfalls drogenabhängige Opfer, das in Köln lebte, hatte seinen Freund für einige Tage in Reinbek besucht. Als der 53-Jährige für ein paar Tage ins Krankenhaus musste, bat er seinen Kumpel, seinen Rauschgiftvorrat für ihn aufzubewahren. Nachdem der Mann aus der Klinik zurückgekehrt war, fehlte ein Teil der Drogen. Darüber kam es zum Streit, der schließlich am 26. Mai eskalierte, als der 45-Jährige zum Messer griff und nach Aussagen der Gerichtsmedizinerin 15 Mal auf den anderen einstach. Nach seiner Festnahme erklärte der Angeklagte bei der Polizei, der Freund habe ihn bedroht und ihn mit einem Elektroschocker angegriffen. Um sich zu wehren, habe er zugestochen.

Dieser Darstellung schenkten die Richter keinen Glauben. Zu widersprüchlich und unlogisch seien die Aussagen des Angeklagten, sagte Richter Christian Singelmann. „Nach seinen eigenen Angaben hat der Angeklagte vier bis fünf Mal auf sein Opfer eingestochen, die Gerichtsmedizinerin hat dagegen mindestens 15 Stiche festgestellt“, sagte er. Auch das Verhalten des Angeklagten nach der Tat sprach nach Auffassung des Gerichts gegen die Notwehr-Version. „Als das schwer verletzte Opfer den Angeklagten bat, einen Notarzt zu rufen, lehnte er das ab. Und auch der Plan, die Leiche unter dem Fußboden seines Zimmers zu vergraben, spricht eher für eine vorsätzliche Tötung“, sagte Singelmann. Im Prozess hatte der Angeklagte geschwiegen.

Verteidiger Andreas Mross begründete seine Revisionsabsicht damit, dass das Gericht die Notwehrsituation seines Mandanten nicht ausreichend berücksichtigt habe. „Zwischen meinem Mandanten und dem Opfer bestand eine Beziehung, die die psychiatrische Sachverständige als Herr-Knecht-Verhältnis bezeichnet hat. Außerdem war das Opfer ihm körperlich überlegen“, sagte Mross.