Junge Flüchtlinge lernen „Deutsch als Zweitsprache“ und erste Handgriffe im Metallbau – und erwerben einen Abschluss. Vier Schüler des ersten Jahrgangs arbeiten nun sogar an ihrem Realschulabschluss.
Bad Oldesloe. Sie sind aus ihrem Heimatland geflüchtet – allein oder mit der Familie. Ohne ein Wort Deutsch zu verstehen, sind die vier jungen Männer aus Afghanistan vor einem beziehungsweise vor zwei Jahren in der Stormarner Kreisstadt angekommen. An der Beruflichen Schule in Bad Oldesloe haben die Asylbewerber nun innerhalb eines Jahres nicht nur Deutsch gelernt, sondern auch ihren Hauptschulabschluss gemacht: dank eines Lernkonzepts, das einzigartig in Schleswig-Holstein ist. Darüber informierten sich am Montag die Landtagsvizepräsidentin Marlies Fritzen und Parteikollegin Ines Strehlau, berufspolitische Sprecherin der Grünen, in der Berufsschule an der Straße Schanzenberg.
Das Gelernte wird sofort in der Praxis angewendet
Insgesamt gibt es an 32 Schulen in Deutschland das Projekt „Deutsch als Zweitsprache“, kurz Daz. Ziel ist es, Asylbewerbern im schulpflichtigen Alter Deutsch beizubringen und sie in den relevanten Fächern zu unterrichten. Sieben Schulen in Schleswig-Holstein bieten es an. Die Oldesloer Berufsschule ist die Einzige, an der die Schüler die Sprache direkt in der beruflichen Praxis anwenden.
Im Sommer starteten zwölf Jugendliche aus Afghanistan mit dem Projekt, seit Sommer 2013 gibt es eine gemischte Klasse mit Mädchen und Jungen. Schulleiter Rüdiger Hildebrandt: „Die Schüler lernen Deutsch, Mathematik und Englisch, in einer Metallwerkstatt müssen sie praktisch die Vokabeln anwenden, indem sie wiederholt beschreiben müssen, was sie gerade machen.“ Das Konzept namens „Spracherwerb durchs Arbeitslernen“ hat die Lehrerin Christina Gütte selbst konzipiert. Sie beschreibt den Kern der schulischen Förderung des Konzeptes so: „Es geht um die Entwicklung der notwendigen Kommunikationsfähigkeit in der deutschen Sprache sowie ein zusätzlich berufsqualifizierendes Angebot.“
Vier Schüler des ersten Schuljahres, das im Sommer 2012 begonnen hatte, haben den Hauptschulabschluss gemacht. Die Jungen Männer im Alter zwischen 17 und 19 Jahren lernen nun für die Mittlere Reife. Zwei Schüler arbeiten im Arbeitsvorbereitenden Jahr an ihrem Hauptschulabschluss, zwei weitere, die erst verspätet eingestiegen waren, wiederholen die Klasse noch einmal. Hildebrandt: „Die übrigen vier Jungen sind nicht mehr in Bad Oldesloe.“ Im Sommer hat das zweite Schuljahr in dem Projekt begonnen. Diesmal sind auch Mädchen unter den Schülern.
Schleswig-Holstein will das Projekt dieses Jahr mit 370.000 Euro fördern
Außer in Bad Oldesloe werden Asylbewerber auch in Berufsschulen in Flensburg, Kiel, Lübeck, Mölln, Neumünster und Schleswig speziell gefördert. Die Projekte an den Standorten sollen in diesem Jahr vom Land Schleswig-Holstein mit 370.000Euro unterstützt werden. 100.000 Euro zusätzlich sind für Sprachkurse in der Erwachsenenbildung vorgesehen, und weitere 80.000 Euro sind für die Unterstützung von Integrationsbemühungen vor Ort bestimmt.