Bund trägt nach Hartz-IV-Reform Kosten für Grundsicherung im Alter. Die Neuregelung im Bereich der Sozialausgaben ist eine große finanzielle Entlastung.
Bad Oldesloe. Ein "Glücksfall", eine "Riesenentlastung" für die Kommunen - so euphorisch hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen die Neuregelung im Bereich der Sozialausgaben begrüßt. Die Hartz-IV-Reform wurde Freitag im Bundestag verabschiedet. Wer aber wovon entlastet wird, ist bei den Kommunen noch unklar. Stormarns Städte und Gemeinden befürchten, das Bildungs- und Teilhabepaket teilweise auf eigene Kosten organisieren zu müssen. Dabei geht es um Zuschüsse für Kinder Geringverdienender (siehe Kasten). Für die Bearbeitung der Anträge müssten neue Mitarbeiter eingestellt werden. "Wir wissen nicht, wie viele Leute wir brauchen", sagt Stormarns Gemeindetags-Vorsitzender Thomas Schreitmüller. Der Barsbütteler Bürgermeister weiter: "Wir wissen noch nicht einmal, ob die Zuständigkeit bei uns liegen wird." Klarer ist die Sache beim Kreis. Bestandteil der Änderungen ist, dass der Bund die Kosten für die Grundsicherung im Alter übernimmt, die bislang der Kreis getragen hat. Diese Grundsicherung steht denen zu, deren Rente zum Leben nicht reicht. Dabei geht es um Millionenbeträge. Der Bund steigt stufenweise in die Kostenübernahme ein. 45 Prozent sind es 2012. 2014, wenn Berlin bei 100 Prozent angelangt ist, spart der Kreis nach derzeitigem Stand jährlich fünf Millionen Euro ein. Jubilieren mag die Kreiskämmerin Christiane Maas trotzdem nicht. "Bei unseren schlechten Planungsaussichten kommt mir diese Regelung zwar sehr entgegen, aber das Ergebnis wird nur sein, dass es bei uns finanziell nicht ganz so den Bach heruntergeht wie befürchtet." Für Thomas Schreitmüller ist indes klar, dass auch die Kommunen von diesem Geldsegen profitieren müssen. "Die Kreisumlage muss gesenkt werden", sagt er. Mit anderen Worten: Der Beitrag, den die Stormarner Kommunen zur Finanzierung der Kreisverwaltung und ihrer Aufgaben leisten, muss reduziert werden.
In welcher Form das geschehe, müsse verhandelt werden, so Schreitmüller. "Möglicherweise kann man das schrittweise machen, also in der Weise, wie der Bund auch die Kosten für die Grundsicherung übernimmt." Das würde bedeuten, dass die Kreisumlage schon 2012 sinken müsste. 2011 zahlen die Stormarner Kommunen rund 83,5 Millionen Euro an den Kreis.
Komplizierter sind die Finanzbeziehungen beim Bildungs- und Teilhabepaket. Das Geld dafür kommt vom Bund, gelangt aber über einen Umweg nach Stormarn. Eine direkte Zahlung für diesen Zweck ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Der Bund erhöht deshalb seinen Anteil an den Kosten der Unterkunft von Arbeitslosen, die Kommunen reduzieren ihren Anteil entsprechend und stecken das Geld ins Bildungs- und Teilhabepaket. In Stormarn haben vermutlich rund 4000 Kinder Anspruch auf Geld aus diesem Paket. Ob die Mittel ausreichen, um alle Ansprüche zu befriedigen, ist fraglich.
Geklärt werden muss auch noch, wer die Auszahlung übernimmt. Bislang steht nur fest, dass die Kinder von Langzeitarbeitslosen das Geld über die Jobcenter bekommen. "Vermutlich wird man im Jobcenter dafür zwei Arbeitskräfte einstellen müssen", sagt Margot Sinning, Vorsitzende des Kreissozialausschusses. Ob die so schnell zu bekommen sind, ist fraglich. "Das Geld soll ja auch rückwirkend zum 1. Januar bewilligt werden", sagt Sinning.
Neben den Jobcenter-Kunden gibt es noch weitere Anspruchsberechtigte. Das sind die Kinder von Geringverdienern und von Wohngeldbeziehern. Um diesen Personenkreis könnten sich die Kommunen kümmern. "Wir würden es machen", sagt Schreitmüller, "aber wir müssten wissen, zu welchen Bedingungen wir das tun sollen." Tatsache ist, dass der Bund die Kosten der Antragsbearbeitung tragen will. Bundesweit stehen dafür 160 Millionen Euro zur Verfügung. Ob das reicht, weiß niemand. Teil des Bildungspakets sind auch Kosten für zusätzliche Schulsozialarbeiter. 120 Millionen Euro stehen bereit. Eigentlich ist es die Aufgabe der Schulträger, also der Kommunen, solche Leute einzustellen. Unter welchen Bedingungen sie an einen Zuschuss aus Berlin kommen, ist unklar.
Margot Sinning freut sich über das Bildungspaket, findet die Umsetzung aber kompliziert: "Das ist ein unglaublicher Aufwand, das organisatorisch hinzubekommen."