Monika Heinold wird als Finanzministerin gehandelt. Ihre Ziele: größere Gemeinden und mehr Kooperation mit der Hansestadt Hamburg.
Ahrensburg. Ein Job, in dem man sich viele Freunde macht, ist er wahrlich nicht - der des Finanzministers. Das gilt auch und gerade für Schleswig-Holstein, wo zum einen die hohe Zinslast, zum anderen die neue Schuldenbremse zu einem Sparkurs zwingen. Bewerber, die nach der Wahl am 6. Mai das Amt übernehmen wollen, gibt es dennoch. FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki hat Interesse bekundet, Nachfolger von Rainer Wiegard (CDU) zu werden. Die derzeitige finanzpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Monika Heinold, wird ebenfalls für den Posten gehandelt. Im Abendblatt-Interview erklärt sie, wo die Grünen künftig sparen wollen und mit welchem Partner das am besten geht.
Hamburger Abendblatt: Frau Heinold, wollen Sie Schleswig-Holsteins nächste Finanzministerin werden?
Monika Heinold:Ich bin seit Jahren begeisterte Parlamentarierin und würde das auch gerne bleiben. Aber ich kann mir auch andere Aufgaben vorstellen.
Einen leichten Job würden Sie nicht übernehmen. Die Schuldenbremse, die ab 2020 die Neuverschuldung verbietet, würde Ihnen schon jetzt, über den sogenannten Bremsweg, das Sparen vorschreiben. Wo wollen die Grünen im Landeshaushalt kürzen?
Heinold: Wir haben uns sehr für die Schuldenbremse eingesetzt. Insofern nehmen wir das Sparen ernst. Nur einen einzigen Bereich würden wir davon ausnehmen: den der Bildung. Einsparungen könnten wir uns etwa bei der Verwaltung vorstellen.
Wie?
Heinold: Wir wollen, dass die Ämter auf freiwilliger Basis zu Großgemeinden werden können und das gesparte Geld den Kommunen zugute kommt. Außerdem sollte im Bereich der Verwaltung sehr viel stärker mit Hamburg zusammengearbeitet werden. Das könnte etwa im Hochschulbereich passieren, oder bei der Schulplanung.
Das klingt, als könnten Sie einem Nordstaat etwas abgewinnen...
Heinold: Ich bin persönlich eine Befürworterin des Nordstaates. Ich glaube nicht, dass durch den Zusammenschluss von Bundesländern Identität verloren geht. Das Grundgesetz schreibt aber vor, dass die Bürger darüber abstimmen müssen, wenn ein Bundesland aufgelöst wird. Meine Partei ist mitten im Meinungsbildungsprozess. Wir haben eine Mitgliederbefragung beschlossen.
+++ Die Grünen wollen größere Dörfer in Schleswig-Holstein +++
Ein Thema, bei dem Hamburg und Schleswig-Holstein schon jetzt sehr eng kooperieren müssen, ist das der Infrastruktur. Gleichzeitig ist das ein Bereich, bei dem Sie mit beiden potenziellen Koalitionspartnern, der CDU und der SPD, über Kreuz liegen. Den Weiterbau der Autobahn 20 und die Fehmarnbeltquerung lehnen die Grünen ab ...
Heinold: Wir glauben, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen und angesichts der Verschuldung des Landes in Höhe von 27 Milliarden Euro, dass wir auf unsinnige Großprojekte verzichten müssen. Leider gibt es keinen politischen Partner für diese Position. Unsere oberste Priorität heißt öffentlicher Nahverkehr. Die wichtigsten Projekte sind für uns die S 4 zwischen Hamburg und Bad Oldesloe und die Kieler Stadtregionalbahn. Auch die Erneuerung kommunaler Straßen ist wichtiger als die beiden Großprojekte.
Wären die Fehmarnbeltquerung und eine fertige Autobahn 20, die dann Rostock mit Bremerhaven verbinden würde, nicht für die wirtschaftliche Entwicklung wichtig? Die würde dann ja auch für Gewerbesteuern sorgen.
Heinold: Das Beste für unseren Wirtschaftsstandort sind Investitionen in Bildung.
Investitionen in Bildung sind es allerdings auch, die den Kommunen derzeit schwer zu schaffen machen. Die Belastung, die der Ausbau der Kinderbetreuung mit sich bringt, etwa für unter Dreijährige, wird als ungerecht empfunden. Wer soll künftig die Lasten tragen?
Heinold: Beim Krippenausbau teilen sich Bund und Land die Kosten, Grundlage für die Berechnung ist eine Betreuungsquote von 35 Prozent. Und in Schleswig-Holstein kommt das Geld auch bei den Kommunen an. Die Frage ist, was passiert, wenn die vereinbarte Quote überschritten wird, weil der Bedarf der Eltern höher ist. Dann dürfen die Kommunen nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Land und Bund stehen in der Pflicht, mitzuhelfen.
Kommen wir, nach den Unterschieden, zu den Übereinstimmungen mit anderen Parteien. Was würde mit der CDU als Regierungspartner leichter gehen als mit der SPD?
Heinold : Die CDU hat in den letzten Jahren einen sehr festen Willen gezeigt, die Schuldenbremse einzuhalten. Das ist uns wichtig, weil wir Generationengerechtigkeit wollen. Da ist die Gemeinsamkeit ein Stück größer als mit der SPD. Die neigt dazu, Versprechungen zu machen, von denen wir Grüne nicht glauben, dass man sie finanzieren kann. Ein Beispiel dafür ist die Ankündigung, den Kommunen 120 Millionen Euro jährlich über den Finanzausgleich zurück zu geben.
+++ Koalitionsfrage der Grünen in Schleswig-Holstein weiter offen +++
Das heißt, der bisherige Finanzminister Rainer Wiegard hat einen guten Job gemacht?
Heinold: Herr Wiegard hat mit einer großen Ernsthaftigkeit Haushaltspolitik gemacht und sich sehr für die Schuldenbremse eingesetzt. Das sind seine Pluspunkte. Ich kreide ihm aber an, dass er den Dialog mit der Bevölkerung darüber nicht gesucht hat. Gerade ein schwieriger Bereich wie die Haushaltspolitik muss mit den Menschen diskutiert werde. Stattdessen haben CDU und FDP im stillen Kämmerlein Beschlüsse gefasst, die teilweise verantwortungslos waren. Ein Beispiel dafür war der Plan, die medizinische Fakultät der Universität Lübeck zu schließen. Ich glaube, Herr Wiegard hat sich ein bisschen darin verrannt, der Ober-Sparer sein zu wollen. In der Haushaltspolitik muss man aber Augenmaß behalten.
In welchen Bereichen hätten es die Grünen denn leichter mit der SPD?
Heinold: Die SPD hat - wie wir Grüne auch - ein großes Gespür für gesellschaftliche Gerechtigkeit in der Finanzpolitik. Ein Ziel, das wir gemeinsam anstreben, ist die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent. Eine rot-grüne Landesregierung würde sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass es mehr Geld für Länder und Kommunen gibt, damit diese ihre Aufgaben erfüllen können.
Könnten Sie sich auch mit anderen Partnern eine Zusammenarbeit vorstellen? Wie sieht es etwa mit den Piraten aus?
Heinold: Ich war bei ihrem Parteitag. Die Leute, die ich kennengelernt habe, sind durchaus ernst zu nehmen. Aber in vielen Bereichen fehlen die politischen Antworten. Ich glaube aber nicht, dass wir nach der Wahl eine Situation haben, in der eine Regierungsbildung von den Piraten abhängt.
Und die FDP?
Heinold :Die FDP steht bei zwei bis vier Prozent. Deswegen machen wir uns wenig bis gar keine Gedanken über eine gemeinsame Regierungsbildung.
Glauben Sie denn, dass eine Zweierkonstellation allein die Mehrheit bekommen wird?
Heinold: Es mag sein, dass es ein Dreierbündnis geben muss. Da schauen wir besonders auf den SSW, mit dem wir seit Jahren gut zusammenarbeiten und der auch schon Interesse bekundet hat, stärker in die Verantwortung zu gehen.
Macht eine Dreierkonstellation das Sparen nicht noch schwieriger? Immerhin muss jeder Partner seine Interessengruppen zufrieden stellen.
Heinold: Anke Spoorendonk vom SSW ist eine sehr kompetente und zuverlässige Frau, auch mit dem SPD-Spitzenkandidaten Torsten Albig komme ich gut zurecht. Bei Haushaltsberatungen kommt es auf die Akteure an. Wir Grünen stehen für solide Finanzen und Investitionen in Bildung. Darüber werden wir mit zukünftigen Koalitions-Partnern verhandeln.
Blicken wir von Südschleswig noch einmal Richtung Hamburg. Wie wichtig sind eigentlich die Steuereinnahmen der Randgemeinden für Schleswig-Holstein?
Heinold: Zentral. Der Hamburger Rand finanziert viele andere Bereiche mit.