Ahrensburg. Der Name der neuen Werkschau „Salle Polyvalente“ ist Programm. Warum ausgerechnet türkisfarbene Waffeln den Weg weisen.

Vorsicht, tieffliegende Waffeln, könnte ein erster Eindruck sein beim Besuch der neuen Werkschau von Künstlerin Svenja Maaß im Marstall Ahrensburg. Waffelstücke finden sich im gesamten Raum und bilden so etwas wie einen roten, Pardon, türkisen Faden durch die Ausstellung. „Ich habe mir mal die Narrenfreiheit gegönnt, diese wunderbare Galerie zu meiner großen Spielwiese zu machen“, sagt die 46-Jährige. Knapp 100 ihrer Werke hat sie ausgewählt, mit denen sie gleich mehrere Sinne der Besucher ansprechen will, die die Werkschau vom kommenden Sonntag, 14. Mai, bis 25. Juni sehen können.

Konzept geht auf abstrakten Gedanken zurück

Entstanden ist das Konzept aus einem abstrakten Gedanken. „Ich habe mir eine Waffelbude mitten im Wald vorgestellt. Die wollte ich unbedingt entstehen lassen, zumindest als Installation“, berichtet die in Bielefeld geborene Künstlerin. Bisher hat sie als Malerin, Zeichnerin und durch das Erstellen von Collagen vorrangig zweidimensional gearbeitet.

Eine Minisäule, gekrönt von einem Stapel Waffeln.
Eine Minisäule, gekrönt von einem Stapel Waffeln. © HA | Lutz Kastendieck

Mit dem „Salle Polyvalente“, zu deutsch Mehrzweckhalle, die ihrer Ausstellung zugleich den Titel gibt, wagt sich Maaß erstmals ins Dreidimensionale. Ausgangspunkt ist ihr großformatiges Gemälde „Willkommen im Nu“, das 2010 bereits Plakatmotiv für ihre erste Werkschau im Marstall war. Nun kehrt es 13 Jahre später modifiziert, neu komponiert und zerschnitten zurück und gewährt als stilisierte Luke der Waffelbude gleichsam neue Einblicke in das überaus facettenreiche Schaffen der Künstlerin in der zurückliegenden Dekade.

Fundstücke erhalten neue Bedeutung

Polyvalente, das steht auch für mehrdeutig, vielseitig und wandlungsfähig. Attribute, die die Arbeiten der Wahlhamburgerin bestens beschreiben. Das trifft auf ihre fantasiereiche Malerei ebenso zu wie auf das einfallsreiche Zusammenfügen von Fotos und eigenen Pinselstrichen, oder deren Übermalung. Dadurch gibt sie ihren Fundstücken eine neue Bedeutung, eine neue Bestimmung, stellt sie in andere Zusammenhänge und schafft so Raum für neue Assoziationen und Interpretationen.

„Der Marstall ist doch wie geschaffen für meine Idee des Mehrzweckraums. Dereinst als Pferdestall gebaut, hat er sich im Laufe der Zeit zur Galerie gewandelt“, sagt Svenja Maaß. Wo einst Rösser standen, stehen und hängen heute Kunstwerke. Damit sei der Marstall ja geradezu ein prototypisches Beispiel für eine polyvalente, sprich vielseitige und wandlungsfähige Nutzung.

Installation schafft multifunktionales Raumerlebnis

Das gleiche gilt im Grunde auch für ihre Waffelbude. Denn die ist nicht nur Imbisskiosk, in dem die Künstlerin zur Ausstellungseröffnung am Sonntag zum Riechen und Schmecken tatsächlich frisch duftende Waffeln („dann allerdings nicht in türkis“) anbieten wird. Als künstlerische Installation schafft sie zugleich ein multifunktionales Raumerlebnis.

An den zwischen Keilrahmen fein säuberlich aufgereihten, blaugrünen, kesseldruckimprägnierten Latten als transparente Wände sind fürs Auge Tuschearbeiten aus ihrem Bilderzyklus „Partikel“ aufgereiht. Aus Lautsprechern werden für die Ohren zudem lyrische Texte über Arbeiten der Künstlerin zu hören sein.

Ungehemmte Lust am Kombinieren

„In der Ausstellung treffen verschiedene Nutzungen aufeinander wie unterschiedliche Versatzstücke in einer Collage“, sagt die Kunsthistorikerin Franziska Storch, die bei der Eröffnung am Sonntag in die Werkschau einführen wird. Dass sich durch die Kombination von Objekten deren Zweck und Wert veränderten könnten, sei der Kern einer jeden Collage und beim Bespielen des Marstalls durch Svenja Maaß räumlich erfahrbar.

Ein bunter, kopfloser Hahn wacht über eine Kollektion an Collagen.
Ein bunter, kopfloser Hahn wacht über eine Kollektion an Collagen. © HA | Lutz Kastendieck

Die ungehemmte Lust am Kombinieren von fremdem Bildmaterial mit eigenen Illustrationen zeigt sich insbesondere in verschiedenen Werken aus dem Zyklus „Polymonos“. Hier verbinden sich verschiedene Versatzstücke (poly) zu einer neuen Einheit (mono).

Faunistische Pracht in vielen Collagen

Ausgangspunkt sind oft Tiere, die durch Übermalungen oder das Hinzufügen grafischer Elemente und geometrischer Figuren verfremdet werden. „Dadurch entfalten die Bilder eine humorvolle bis ironische Spannung. Durch Fragmentierungen und Restrukturierungen entstehen zuweilen irreale Wesen und fantastische Gebilde“, sagt Dennis Paulsen, Referent der Sparkassen-Kulturstiftung.

So werden etwa zwei Baumpilze für einen eingefügten Priester zur Kanzel, ein Hundebesitzer bekommt als zweiten Arm ein gedrehtes Schafshorn. In „hitchhiker – endenlose Enden“ hocken zwei Erdmännchen in einem zum Korb geformten Paarhufer. Affen, Hasen, Esel, Frösche, Kamele, Pferde, Papageien – die ganze faunistische Pracht lässt sich in den oft farbenfrohen Collagen entdecken.

„Tiere sind hervorragende Protagonisten, weil sie einfach einen leichten Zugang zu meinen Werken ermöglichen“, erklärt Svenja Maaß. Der Spannungsbogen entstehe durch das Weglassen und Hinzufügen von Elementen. Dabei versucht sie oft, ihren Werken etwas Rundes mitzugeben. Ganz wie den Waffeln, die die gesamte Werkschau praktisch klammern.

„Erdling
„Erdling", Collage auf einer Fotografie. © HA | Svenja Maaß

Jedenfalls passe die Ausstellung „Salle Polyvalente“ wunderbar ins Jahresthema der Sparkassen-Kulturstiftung „Figuren und Formen“, findet Daniela Brunke, Bereichsleiterin Private Banking der Sparkasse Holstein, die am Sonntag die Ausstellung eröffnen wird. Die Besucher könnten sich in den kommenden Wochen „auf die Transformierung des Marstalls zum Salle Polyvalente freuen“ und damit auf ein äußerst vielschichtiges Erlebnis.

„Salle Polyvalente“, Werke von Svenja Maaß. So., 14. Mai, bis So., 25. Juni, Mi., Sa., So. von 11 bis 17 Uhr im Marstall Ahrensburg, Lübecker Straße 8. Eröffnung 14. Mai, 16 Uhr.