Ahrensburg. Die Bargteheiderin Christina Schlie übernimmt die Leitung. Mit dem Veranstaltungsangebot sind auch die Aufgaben gewachsen.

Viel harmonischer kann ein personeller Führungswechsel kaum ablaufen: Gut gelaunt sitzen Christina Schlie, erste hauptamtliche Geschäftsführerin im Ahrensburger Marstall, der bisherige Programmchef Armin Diedrichsen und Hella Eickenscheidt, scheidende Vorsitzende des Marstall-Trägervereins, in dem Kulturzentrum nebeneinander. Locker und humorvoll spannen sie thematisch den Bogen von Vergangenheit zu Zukunft.

Aus dem Marstall-Kind sei ein junger Erwachsener geworden, sagt Diedrichsen über zwei ereignisreiche Jahrzehnte. Heute sei das Haus mit einem Privattheater zu vergleichen. 2002 war er zum Verein gekommen, bekam in der kleinen Beiratsgruppe gleich die Verantwortung für die Kleinkunst-Sparte. 2006, nach der Sanierung und dem Ausbau des städtischen Gebäudes, übernahm er die gesamte Programmplanung. In vielen Gesprächen sei es seitdem auch darum gegangen, Grabenkämpfe zu beenden. „Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem alle Kulturakteure in der Stadt gut zusammenarbeiten können“, meint der 67-Jährige.

Im Ahrensburger Marstall ist an sieben Tagen die Woche Betrieb

Als er anfing, habe es zwei, drei Veranstaltungen monatlich gegeben. „Wir haben die Eintrittskarten noch selbst ausgedruckt, es gab weder Service- noch Kassenbereich“, sagt Diedrichsen. „Heute ist an sieben Tagen in der Woche tagsüber bis abends etwas los“, ergänzt die Vereinsvorsitzende Hella Eickenscheidt. „Für den hohen Planungs- und Organisationsaufwand brauchen wir nun auch professionelle Strukturen.“ Deshalb sei sich der Vorstand einig gewesen, die neu geschaffene Stelle der Geschäftsführung auszuschreiben.

2012: Marstall-Programmmanager Armin Diedrichsen (r.) mit Kabarettist Horst Schroth.
2012: Marstall-Programmmanager Armin Diedrichsen (r.) mit Kabarettist Horst Schroth. © Birgit Jaklitsch

Unter den Bewerbern, von denen einer sogar aus Österreich kam, setzte sich mit Christina Schlie eine Frau durch, die den Marstall gut kennt. Dort hat die 53 Jahre alte Bargteheiderin 2019 und 2020 die Jugendtheaterprojekte der Bundesinitiative „Kultur macht stark“ im Regieteam begleitet. In den vergangenen viereinhalb Jahren war sie Kulturbeauftragte im Bargteheider Rathaus. Davor arbeitete sie zehn Jahre lang als freie Journalistin, unter anderem für die Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn.

Das Programm für dieses Jahr ist größtenteils fertig

„Es ist wichtig, in der Region verankert und vernetzt zu sein“, sagt Armin Diedrichsen. Seit Monatsanfang ist Schlie in dem denkmalgeschützten Gebäude gegenüber dem Schloss im Einsatz. „Es war ein sanfter Start, denn das Programm für dieses Jahr ist gut vorbereitet“, sagt sie. Die ersten Tage seien von „vielen kommunikativen Zusammentreffen“ geprägt gewesen. Sie sei froh, die Aufgaben mit einem eingespielten Team fortführen zu können.

Sie selbst wolle sich auch um das Einwerben von Drittmitteln kümmern. „Da sind die Erfahrungen aus der Zeit in der Stadtverwaltung sicher hilfreich“, sagt Schlie. Ein Beispiel sei das Programm „Neustart Kultur“, über das ein Teamcoaching für die Marstall-Mitarbeiter organisiert werden konnte.

„Open Stage“ bietet Möglichkeiten für junge Talente

Ein wichtiges Ziel sei es zudem, die nächste Besuchergeneration heranzuführen. Dafür sei die im Vorjahr entwickelte Reihe „Open Stage“ gut geeignet. „Dort können beispielsweise Schülerbands oder junge Theatertalente auftreten“, sagt Christina Schlie. Beim nächsten Termin am Mittwoch, 15. Februar (19.30 Uhr), zeigt das Junge Theater Marstall zunächst Improtheater. Danach tritt die Sängerin Johanna Zimmermann auf.

„Wir möchten für alle vom Kindergarten bis zu Oldies etwas bieten“, sagt die Vereinsvorsitzende Hella Eickenscheidt (76). Auch sie zieht sich zurück, kandidiert nach sechs Jahren im Amt nicht erneut. 1989 hatten engagierte Bürger den Förderverein Marstall gegründet, um das alte Gebäude vor dem Abriss zu retten. Mit dem Namen („Kulturzentrum Marstall Am Schloss“) haben sich auch die Schwerpunkte geändert.

„Es gibt vier Bereiche“, sagt Eickenscheidt. Die Veranstaltungen reichten von Ausstellungen und Musik über Kabarett und Theater bis zu Literatur und Politik. Einzig die Klassik werde dem Verein „Theater und Musik in Ahrensburg“ überlassen.

Mitmachangebote haben sich zum Schwerpunkt entwickelt

Zweiter Schwerpunkt sind die Mitmachangebote: Oldie Kabarett, Theater Marstall, Fotogruppe fokus, Marstall Bigband, Ahrensburger Kammerchor und der Popchor Schlossakkord. Die dritte Gruppe bildet das Junge Theater Marstall: Mehr als 40 Kinder und Jugendliche treffen sich regelmäßig montags und mittwochs zum Proben. Hinzu kommen die Aufführungen.

An freien Terminen kann der Marstall auch von externen Nutzern gemietet werden. Die Stadt hält dort politische Sitzungen und Workshops ab, Firmen laden zu Versammlungen. Private Feiern wie Hochzeiten und runde Geburtstage sind mit 150 bis 200 Gästen ebenfalls in der Reithalle möglich.

Die nächste Großveranstaltung ist bereits am Freitag, 20. Januar: Für 19.30 Uhr bittet die Stadt Ahrensburg zum Neujahrsempfang. Dort ist die Marstall-Führungsriege selbstverständlich auch dabei – ganz harmonisch.

1845 ordnet Ernst Heinrich Graf von Schimmelmann den Bau neuer Stallungen am Schloss an: den Marstall. Bereits sein Vorfahre, der Schatzmeister des Dänischen Königs, hatte im 18. Jahrhundert die Haltung von Zugpferden für die eigene Kutsche angeordnet. Der alte Pferdestall stand noch auf der Schlossinsel. Im Zuge des Neubaus entstand 1847 zusätzlich die Reithalle.

Pferdezucht wurde in den Räumen betrieben, die heute dem Kulturzentrum Marstall Platz für Veranstaltungen bieten. Araber aus Ahrensburg gelangten sogar bis an den österreichischen, schwedischen und russischen Königshof. Das Gestüt gelangt unter der Leitung von Albert Bernhardt Heinze zu einiger Berühmtheit.

Pferderennen ziehen Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Schaulustige nach Ahrensburg, 1857 werden 3800 Zuschauer im dem 1500-Einwohner-Ort registriert. Auktionen auf dem Gestütshof Hagen mit Ahrensburger Pferden werden immer attraktiver für Bieter aus nah und fern.

Nach dem Tod Ernst Schimmelmanns 1885 kommen englische Pferderassen in den Trend, die Sohn Carl Schimmelmann fortan züchtet. 1896 werden 30 Pferde nur knapp vor einem Feuer in der Scheune gerettet. Marstall und Reithalle müssen teilweise wieder instand gesetzt werden.

Da sich die finanzielle Lage der Schimmelmanns verschlechtert, fallen Schloss und Gestüt im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts an den Staat Preußen und ehemalige Bedienstete. Die Pferdezucht endet. In den alten Stallungen werden noch etwa 20 Haflinger gehalten, die Reithalle wird für Unterricht genutzt.

Unter Denkmalschutz wird der Marstall 1968 gestellt, die Reithalle folgt 1987. Beide Gebäude gehören heute der Stadt Ahrensburg. Der Name Marstall leitet sich vom Wort Mar (Mähr) aus dem Mittelhochdeutschen ab. Es war der Begriff für ein Kampfross.