Reinfeld. Brücke wird abgerissen und bis November erneuert. Umleitung führt durch die Dörfer. Behelfsauffahrt ist vom Tisch.

Alle Versuche, eine schnell realisierbare provisorische Lösung zu finden, sind gescheitert: Die A-1-Anschlussstelle Reinfeld ist nun doch für neun Monate in Richtung Norden dicht. Hinzu kommen Vollsperrungen der Autobahn zwischen Reinfeld und Bad Oldesloe an drei Wochenenden sowie in mehreren Nächten. Dann schlängeln sich bis zu 100.000 Autos, die täglich auf der A 1 unterwegs sind, durch die umliegenden Dörfer.

Auslöser ist die marode Brücke, die an der Anschlussstelle über die Autobahn führt. „Der Zustand ist so schlecht, dass sie schnellstens erneuert werden muss“, sagt Christian Merl, Kommunikationsleiter der Niederlassung Nord der Autobahn GmbH. Es bestehe die akute Gefahr, dass die Tragkraft reduziert werden müsse. Dann dürften Lastwagen nicht mehr hinüberfahren. Ein Statiker überwache die Brücke derzeit engmaschig, achte genau auf sämtliche Schäden im Beton und an den Spanngliedern.

A-1-Vollsperrung für Brückenabriss bei Reinfeld vom 10. bis 13. März

Der Zeitdruck sei auch der entscheidende Grund dafür, dass die unter anderem von Firmen im nahen Gewerbegebiet Reinfeld-Stubbendorf, Feuerwehr, Rettungsdienst, Bürgermeistern und Kommunalpolitikern geforderte Behelfsauf- und abfahrt nicht kommt. Ein Baurechtsverfahren dauere mindestens zwei Jahre, zudem müssten Grundstücke gekauft werden. „Das Risiko einer solchen Verzögerung können wir nicht eingehen“, sagt Merl.

Christian Merl, Kommunikationsleiter der Niederlassung Nord der Autobahn GmbH: „Der Zustand der Brücke ist so schlecht, dass sie schnellstens erneuert werden muss.“
Christian Merl, Kommunikationsleiter der Niederlassung Nord der Autobahn GmbH: „Der Zustand der Brücke ist so schlecht, dass sie schnellstens erneuert werden muss.“ © Alexandra Schrader

Deshalb wird der Reinfelder A-1-Anschluss in Richtung Norden (Lübeck) schon am Montag, 6. März, komplett geschlossen. Eine 56-stündige Vollsperrung in beiden Richtungen zwischen Bad Oldesloe und Reinfeld folgt von Freitag, 10. März, um 21 Uhr bis Montag, 13. März, um 5 Uhr. Dann wird die aus dem Jahr 1978 stammende alte Brücke abgerissen.

Umleitung führt durch Rethwisch, Westerau, Barnitz, Wesenberg und Hamberge

Für die Dörfer in der Umgebung bedeutet dies ein unruhiges Wochenende. Die Umleitung von Bad Oldesloe führt durch Rethwisch, Westerau und den Barnitzer Ortsteil Lokfeld nach Reinfeld und dann weiter auf der B 75 durch Wesenberg und Hamberge bis zum A-1-Anschluss Lübeck-Moisling. In der Gegenrichtung (Hamburg) fahren die Autos in Reinfeld ab, um über Lokfeld, Westerau und Rethwisch zum Anschluss Bad Oldesloe zu gelangen.

Eine weitere Wochenendvollsperrung ist für das Einsetzen der neuen Brücke voraussichtlich zum Sommeranfang erforderlich. Halbseitige nächtliche Vollsperrungen zur Einschalung der Überführung folgen im Herbst (Oktober/November). Die genauen Termine hängen vom Baufortschritt ab und werden von der Autobahn GmbH rechtzeitig bekannt gegeben.

Reinfelder Auffahrt in Richtung Hamburg bleibt doch weitgehend geöffnet

Die Proteste aus Stormarn haben immerhin bewirkt, dass die zusätzliche Sperrung der Auffahrt in Richtung Hamburg für zweimal etwa zwei Monate zurückgenommen wurde. „Sie soll nun weitgehend geöffnet bleiben“, so Christian Merl. Voraussichtlich werde es bei einigen kurzzeitigen Sperrungen bleiben. Ein Nadelöhr ist dagegen unvermeidlich: Im Baustellenbereich wird die Zahl der Fahrspuren je Richtung von drei auf zwei reduziert. Hinzu kommt ein Tempolimit.

Verkehrsteilnehmer sollten den Bereich Reinfeld während der Sperrungen möglichst weiträumig meiden. Wer in Richtung Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern möchte, sollte am Autobahnkreuz Hamburg-Ost auf die A 24, A 14 (Kreuz Schwerin) und die A 20 (Kreuz Wismar) ausweichen.

SPD-Abgeordnete stellen Kleine Anfrage an Landesregierung

Ursprünglich sollten die Arbeiten, für die bisher rund 5,5 Millionen Euro veranschlagt sind, schon am 23. Januar beginnen. Doch wegen der weltweiten Lieferengpässe hatte das beauftragte Unternehmen seinen Plan überarbeiten müssen. Autobahn-GmbH-Sprecher Merl ist jetzt zuversichtlich, dass die neue Brücke Ende November steht. „Wobei Materialmangel und witterungsbedingte Verzögerungen nie auszuschließen sind“, sagt er. Die Zeit wird auch genutzt, um die Rampe in Fahrtrichtung Norden zu sanieren. Die Fahrbahn wird frisch asphaltiert, zudem werden Entwässerungen ausgetauscht und Leitplanken erneuert.

In die Debatte um eine möglicherweise zu späte Beteiligung aller Betroffenen an der Verkehrsplanung haben sich zuletzt auch die beiden SPD-Landtagsabgeordneten Martin Habersaat aus Reinbek und Niclas Dürbrook aus Süsel (Ostholstein) eingeschaltet. Sie richteten zum Projekt eine Kleine Anfrage an die Landesregierung.

Land Schleswig-Holstein und Kreis Stormarn im Juli 2022 informiert

Laut Verkehrsministerium habe die Autobahn GmbH des Bundes, die sämtliche Aufgaben für alle Autobahnen im Januar 2021 übernommen hatte, den ersten Kontakt mit der Baustellenkoordination des Landes Schleswig-Holstein am 1. Juli 2022 aufgenommen. Die Stadt Reinfeld sei bereits seit Februar 2022 eingebunden gewesen, unter anderem über eine Kostenvereinbarung. Die Beteiligung beträgt 410.000 Euro. Der Kreis Stormarn als untere Straßenverkehrsbehörde sei am 15. Juli 2022 „vollumfänglich über die Maßnahme und die Verkehrslenkung“ informiert worden.

Auf die Frage, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um die Einschränkungen für die Bürger und die Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, lautet die Antwort, dass bei der Baukonstruktion die Verbund-Fertigteil-Bauweise gewählt wurde. Das minimiere den Eingriff in den Verkehr durch das Aufstellen von Traggerüsten und reduziere die Sperrzeit, weil Schal- und Abbindezeiten entfielen.

Lastwagen können das E-Highway-Pilotprojekt nur noch zur Hälfte nutzen

Für die Landesregierung ist „das Anliegen der Region für eine Ersatzlösung in Form einer Behelfsabfahrt und -auffahrt nachvollziehbar“. Damit seien aber weitreichende Maßnahmen verbunden wie eine Verknüpfung mit dem Straßennetz auf der Ostseite. Dies greife auch in den Bauablauf ein und dürfte zu „nicht unwesentlichen Kostensteigerungen“ führen. Die Umsetzbarkeit sei letztlich Sache der Autobahn GmbH in Zusammenarbeit mit der Baufirma.

Die Autofahrer im Norden Stormarns müssen nun für neun Monate mit Umwegen und Zeitverlusten leben. Tankstellen und Schnellrestaurants, das Daimler-Nutzfahrzeugzentrum sowie das erst im Dezember eröffnete größte Caravan- und Reisemobil-Zentrum in Nordeuropa von „Auto & Freizeit Nord“ sind schwierig zu erreichen. Die Transporter vom UPS-Paketzentrum und die Lastwagen der Spedition Bode müssen zusätzliche Kilometer zurücklegen.

Und auch das E-Highway-Pilotprojekt des Bundes läuft nur mit halber Kraft. Die fünf Hybridlaster von Bode, die zum Lübecker Hafen pendeln, können ihre Batterien zwischen Reinfeld und dem Autobahnkreuz Hamberge nicht mehr an den Oberleitungen aufladen, weil sie gar nicht auf die A 1 kommen.