Bad Oldesloe. Wegen des Fachkräftemangels fallen durchschnittlich 3,4 Betreuungsstunden aus. Für die Eltern ist das doppelt ärgerlich.

Es wurde viel und heiß diskutiert am Montagabend im Jugendhilfeausschuss des Kreises Stormarn. Doch am Ende wurde die Entscheidung über den Dringlichkeitsantrag der CDU zur Mitfinanzierung der praxisintegrierten Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher vertagt.

Wie berichtet, hatte die CDU-Kreistagsfraktion angesichts des Kitanotstandes in vielen Kommunen beantragt, die sogenannte PiA-Ausbildung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels mitzufinanzieren.

Laut Antrag sollen die bestehenden 34 PiA-Stellen auf 60 aufgestockt werden

Laut Antrag sollten die 34 bestehenden PiA-Stellen im Kreis noch 2023 auf 60 Stellen aufgestockt werden. 180.000 Euro soll der Kreis Stormarn beisteuern. Im Gegensatz zur schulischen Ausbildung ist die PiA-Ausbildung vergütet und soll mehr Menschen motivieren, den Beruf zu ergreifen. Die Auszubildenden sollen laut Antrag die Beruflichen Schulen in Stormarn besuchen und in einer Kita im Kreis arbeiten. „Wir haben die Bedingungen an Stormarn geknüpft, damit die Fachkräfte möglichst auch nach der Ausbildung bei uns bleiben“, so Kreispräsident und Ausschussmitglied Hans-Werner Harmuth (CDU).

Waren sich die Ausschussmitglieder doch in der Sache einig, dass dringender Handlungsbedarf besteht, gab es zur Vorgehensweise teils hitzige Diskussionen. „Es ist schön, dass die CDU jetzt, wo alles zerschlagen ist, mit einem Dringlichkeitsantrag erwacht ist“, sagte Hendrik Holtz (Linke). „Aber wir sollten nicht vergessen, dass die CDU diese Situation maßgeblich zu verschulden hat.“ Das Interesse für das Thema falle auffällig mit dem Wahlkampf zusammen, bemerkte er zynisch.

Am 13. März soll über den Antrag der CDU abgestimmt werden

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, befand Thomas Bellizzi (FDP): „Ich kann mich in den vergangenen Jahren an keinen Antrag der Linken zu dem Thema erinnern.“ Zustimmung kam von Mathias Nordmann (CDU), der außerdem der Meinung war, der Antrag sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, reiche aber nicht aus. „Es muss eine grundsätzliche Umstrukturierung der Erzieherausbildung her“, so das Ausschussmitglied. Das sei jedoch nicht die Baustelle des Kreises.

Sowohl SPD als auch Grüne befürworteten die Unterstützung der PiA-Ausbildung. Unter anderem Petra Grüner (Grüne) forderte jedoch, die Entscheidung des Antrages zu vertagen. Der Dringlichkeitsantrag sei zu kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt worden. „Wir hatten noch keine Gelegenheit, in der Fraktion über diesen Antrag von großer Tragweite zu beraten“, so Grüner. Entsprechend einigte sich der Ausschuss auf eine Sondersitzung am Montag, 13. März. Sollte der Antrag dann positiv entschieden werden, kann in der nächsten Kreistagssitzung am 22. März darüber abgestimmt werden.

Eine aktuelle Erhebung ergab: Jede Woche fallen 3,4 Kitastunden aus

Die PiA-Ausbildung war aber nicht der einzige Tagesordnungspunkt, der sich mit dem Kitanotstand im Kreis befasste. Kerstin Hinsch, Ausschussmitglied und Mitglied der Kreiselternvertretung der Kitas, trug einen Bericht über die massiven Betreuungseinschränkungen vor und forderte die Beitragsrückerstattung für die Ausfallzeiten. Die Forderung ist nicht neu. Bislang hatte der Kreis das mit der Begründung abgelehnt, nicht zuständig zu sein.

„Eine aktuelle Datenerhebung der Kreiselternvertretung unter 942 Befragten aus 139 Kitas in Stormarn hat ergeben, dass der durchschnittliche Betreuungsausfall pro Kind bei 3,4 Wochenstunden liegt“, so Hinsch. Das entspreche einer durchschnittlichen Überbezahlung für ausgefallene Kita-Betreuung im Krippenbereich von jährlich 295,80 Euro und für den Elementarbereich von 232,20 Euro. Seit fast einem Jahr stehe die Elternvertretung mit Politik und Verwaltung im Austausch über das Problem. Passiert sei bislang nichts.

Hinsch: Beitragsrückerstattung würde nötigen Druck aufbauen

Eine Beitragsrückerstattung von Seiten des Kreises wäre gerecht und rechtens, sagt Hinsch. „Es ist ein Prinzip der Gerechtigkeit, dass, wenn nicht geliefert wird, auch nicht gezahlt werden muss“, so die Elternvertreterin. Es gebe einen klaren Rechtsanspruch gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe, also den Kreis. Der Rechtsanspruch sehe im Zweifel eine Kompensation bei Nichterfüllung vor.

Das war aber nicht das einzige Argument, das Hinsch für die Beitragsrückerstattung des Kreises vorbrachte. Sie sei auch ein Faktor, um den Kitanotstand zu bekämpfen. „Eine Beitragsrückerstattung stellt eine Anreizwirkung dar, denn das kostet jetzt erstmal eine Menge Geld, aber es sorgt auch für einen nötigen Handlungsdruck“, so die Elternvertreterin.

Aktuelle Situation schaffe massive Unzufriedenheit bei Eltern

Ziel sei nämlich nicht die Rückerstattung an sich, sondern die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Bildung und Betreuung unserer Kita-Kinder. Hinsch: „Und genau dafür braucht es diesen finanziellen Schmerzpunkt.“ Die finanzielle Lage des Kreises stelle sich gut dar, immerhin habe die Politik eine Absenkung der Kreisumlage beschließen können.

Deshalb lautete die klare Forderung: eine Beitragsrückerstattung für ausgefallene Kita-Betreuung rückwirkend zum 1. Januar 2021 im Umfang eines durchschnittlichen Betreuungsausfalls von 3,4 Wochenstunden. Zudem solle der Kreis die personellen Ressourcen schaffen, um den Kitanotstand zu beheben. Denn so wie jetzt gehe es nicht weiter. Hinsch: „Das schafft massive Unzufriedenheit bei den betroffenen Familien.“ Er könne das Drängen der Elternvertretung verstehen, sagte Ausschussvorsitzender Frank Lauterbach (SPD). Der Kreis müsse prüfen, ob und wie er kurzfristig helfen kann.