Ahrensburg. Vor dem Theologiestudium war Robin Hergel fünf Jahre bei der Bundeswehr. Warum sich der 34-Jährige umentschieden hat.
Als ehemaliger Soldat den Frieden predigen – ein Widerspruch? „Überhaupt nicht“, sagt Robin Hergel. Der 34-Jährige ist der neue Pastor in der Kirchengemeinde Ahrensburg. Hergel hat die Nachfolge von Helgo Matthias Haak angetreten, der sich nach 30 Jahren in der Schlossstadt zum 31. Oktober in den Ruhestand verabschiedet hatte. Nicht nur wegen seines jungen Alters – für den 34-Jährigen ist es die erste richtige Pfarrstelle – sondern auch wegen seiner für einen Pastor ungewöhnlichen bisherigen Berufslaufbahn bringt Hergel eine neue Perspektive mit in die Ahrensburger Gemeinde.
Vor dem Theologiestudium in Hamburg war Robin Hergel fünf Jahre bei der Bundeswehr, begann die Offizierslaufbahn beim Objektschutz der Luftwaffe. Als Sohn eines Berufssoldaten habe er sich eine Karriere beim Militär nach der Schule durchaus vorstellen können, sagt der 34-Jährige. „Und so habe ich mich nach dem Grundwehrdienst verpflichtet“, erzählt er.
Ahrensburgs neuer Pastor Robin Hergel kommt von der Luftwaffe
Die Kameradschaft, das Miteinander in der Truppe, habe er durchaus zu schätzen gelernt, sagt Hergel rückblickend. „Ich habe in den fünf Jahren viel über den Umgang mit Menschen gelernt und meinen Weg gefunden, mit Herausforderungen umzugehen“, so der 34-Jährige. In dieser Zeit habe er auch die Arbeit der Militärseelsorge kennengelernt, eine Erfahrung, die seine Berufswahl beeinflusst habe. Doch nach fünf Jahren war für Hergel Schluss bei der Bundeswehr.
Vor der Entscheidung stehend, wie es nach dem Ausscheiden aus der Truppe weitergehen sollte, entschied sich Robin Hergel für ein Theologiestudium. „Ausschlaggebend war letztlich die Mutter einer Freundin meiner Frau“, erinnert sich der Neu-Ahrensburger. Diese sei Pastorin in einer Hamburger Gemeinde und habe ihn gefragt, warum er nicht Theologie studiere. „Sie war der Meinung, das würde zu mir passen“, sagt Hergel. An der Universität sei für ihn schnell klar gewesen, nach dem Abschluss Pastor werden zu wollen.
Die Großeltern waren gläubige Katholiken
„Ich hatte schon immer eine Affinität für theologische und philosophische Fragen“, erzählt Hergel. Gefördert worden sei das Interesse durch seine Großeltern, die – auch das ist ungewöhnlich für einen evangelischen Pastor – gläubige Katholiken gewesen seien. „Wenn meine beiden Brüder und ich bei ihnen in Nürnberg zu Besuch waren, hat mein Opa uns immer mit zur Messe genommen“, sagt der 34-Jährige.
Im Anschluss habe er schon als Jugendlicher gern mit seinen Großeltern über Gott und die Welt, aber auch aktuelle politische Themen diskutiert. „Mein Opa hat viel Wert darauf gelegt, dass wir Enkel kulturelle Bildung erhalten“, sagt Hergel. „Im Laufe meiner Kindheit habe ich so ziemlich jede Kirche, jedes Kloster und jedes Museum in Bayern von innen gesehen“, scherzt er.
Sein Vikariat absolvierte Hergel in Hamburg-Langenhorn
Geboren wurde Hergel in Eindhoven, wo sein Vater als Soldat stationiert war, und verbrachte die ersten acht Monate seines Lebens in den Niederlanden. Aufgewachsen ist der 34-Jährige mit zwei Brüdern in der Kleinstadt Troisdorf zwischen Köln und Bonn. Nach der Hochzeit folgte der Umzug in die Hamburger Heimat seiner Frau. In der Kirchengemeinde Broder-Hinrick-Eirene in Langenhorn absolvierte er vor dem Antritt seiner ersten Stelle in Ahrensburg sein Vikariat, die Ausbildung zum Pastor.
„Die Verbundenheit zur rheinländischen Heimat ist geblieben, auch wenn ich mich inzwischen im Norden zu Hause fühle“, sagt Hergel, der sich selbst scherzhaft als „Exil-Rheinländer“ bezeichnet. Besonders vermisse er den Karneval. „Das muss man einmal erlebt haben“, sagt Ahrensburgs neuer Pastor, der, wenn es die Zeit zulässt, gern zu seinen Eltern und Brüdern reist, um das Volksfest zu feiern.
Im Fernsehen war der 34-Jährigen schon in zwei Kochshows zu sehen
Wenn Hergel gerade nicht auf der Kanzel steht, spielt er Basketball beim 1. SC Norderstedt. Dort ist der 34-Jährige Spielertrainer der 1. Herren, die in der Oberliga Schleswig-Holstein, der höchsten Spielklasse den Landes, spielt. Ansonsten ist der 34-Jährige in seiner Freizeit oft in der Küche zu finden. „Ich bin leidenschaftlicher Koch und Bäcker“, sagt er.
Am Herd komme man mit Menschen wunderbar ins Gespräch. „Die besten Partys sind Küchenpartys, die Erfahrung habe ich während des Studiums gemacht“, erzählt Hergel. Sein Hobby hat ihn sogar schon mehrfach ins Fernsehen geführt. Der 34-Jährige war im März 2020 Kandidat in der ZDF-Kochshow Küchenschlacht. Auch bei der RTL-Sendung Chefkoch TV war Hergel bereits dabei.
Mit seinen vier Pastoren-Kolleginnen versteht sich Hergel bestens
Mit seiner Frau, seinem sechs Jahre alten Sohn und der einjährigen Tochter ist Hergel in das Pastorat am Langeneßweg in Gartenholz eingezogen. „Wir sind noch dabei, uns einzurichten“, sagt der Neue. Mit einem Kita-Platz für den Sohn habe es glücklicherweise schnell geklappt. Und auch sonst habe die Familie sich in Ahrensburg bereits eingelebt.
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Und auch beruflich gefällt es Hergel in der Schlossstadt. „Der erste Eindruck ist sehr, sehr gut“, sagt er. Mit seinen vier Pastoren-Kolleginnen verstehe er sich bestens. „Ich erlebe die Menschen in Ahrensburg als sehr aufgeschlossen und offen für neue Ideen und Konzepte“, sagt der Pastor, der vor allem für die Kinder- und Jugendarbeit verantwortlich sein wird. Das Reizvolle an seinem Beruf ist für Hergel die Möglichkeit, „niedrigschwellig, vorbehaltlos und auf Augenhöhe mit Menschen ins Gespräch zu kommen und sie auf ihrem Lebensweg zu begleiten.“
Im Gottesdienst sollte für den 34-Jährigen auch mal gelacht werden
Ihm ist wichtig, dass er nicht zu sehr an seinem Vorgänger Haak, der ein Urgestein der Kirche in Ahrensburg war, gemessen wird. „Ich übernehme seine Aufgaben nicht eins zu eins“, sagt Hergel. Er wolle auch neue Ideen und Formate etablieren. „Aus Gesprächen mit Ehrenamtlichen und dem Kirchengemeinderat habe ich mitgenommen, dass viele Mitglieder der Gemeinde sich wünschen, dass die Kirche wieder aktiver wird“, sagt er.
Sein Eindruck sei, dass einiges durch die Corona-Pandemie eingeschlafen sei und nun darauf warte, wieder neu belebt zu werden. Als Beispiel nennt Hergel den Weihnachtsmarkt rund um die Schlosskirche. Generell müsse die Kirche sich für Familien und junge Menschen öffnen, um in der Zukunft zu bestehen. „Wir müssen weg von dem angestaubten Bild, dass man im Gottesdienst nicht lachen oder klatschen darf, das ist totaler Quatsch“, sagt der 34-Jährige.
Hergel möchte in der Gemeinde neue Formate ausprobieren
Pastoren seien längst nicht mehr diejenigen, die mit dem Zeigefinger dastünden, sondern vielmehr dafür da, um den Menschen Angebote zu machen, ihnen beizustehen und sie im Leben zu unterstützen. „Wir müssen uns selbst kritisch hinterfragen“, sagt Hergel. „Muss der Gottesdienst am Sonntag wirklich um 10 Uhr sein oder laden wir damit nicht implizit Menschen aus, gerade Familien mit Kindern, die gern auch mal länger gemütlich frühstücken möchten?“
Kinderkirche oder ein Gottesdienst über den Beruf lockten längst keine Menschen mehr hinter dem Ofen hervor. „Kirche lässt sich auch mit geselligem Beisammensein kombinieren, zum Beispiel mit Bastel- oder Spielrunden für Kinder nach dem Gottesdienst oder dem Grillfest mit Bier für Berufstätige am Freitagabend“, sagt Hergel. Zunächst einmal wolle er aber die Gemeinde besser kennenlernen. „Das nimmt momentan den Hauptteil meiner Arbeit ein“, sagt der neue Pastor.