Siek. In Siek haben Unbekannte mehrere Bäume gefällt, darunter eine große Eiche. Naturschützer sicher: Es geht um Brennholz.

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine ist Holz ein wertvolles Gut geworden. Angesichts steigender Gaspreise ist der Kamin für viele zu einer echten Alternative geworden. Feuerholz wird schon jetzt für den Winter gehortet und ist kaum noch zu bekommen. Das machen sich offenbar auch Kriminelle zunutze: Unbekannte haben in den vergangenen Tagen im Biotop Bültbek in Siek zugeschlagen und mehrere Bäume abgeholzt.

„Unter anderem wurde eine abgestorbene Eiche mit mehr als 2,80 Meter Stammumfang gefällt“, sagt Ekkehard Heinbockel. Der FDP-Gemeindevertreter und Naturschützer, der das Biotop rund um den Quellbereich der Wandse zwischen Autobahn 1 und Gewerbegebiet seit mehr als 40 Jahren betreut, hatte den Holzdiebstahl in der vergangenen Woche bemerkt.

Naturschützer ertappt bei Kontrollgang drei Männer mit Kettensäge

„Ich sehe regelmäßig nach dem Rechten“, sagt er. Dabei habe er Reifenspuren in der Zufahrt zu dem Feuchtgebiet, das Kranichen, Greifvögeln und zahlreichen Pflanzen- und Amphibienarten eine Heimat bietet, entdeckt. „Die müssen hier mit schwerem Gerät angerückt sein“, sagt er. Im Biotop angekommen, habe er mit Schrecken festgestellt, dass die alte Eiche abgesägt worden war.

„Das Gebüsch davor war entfernt worden, das Holz bis auf einige kleinere Äste und Rinde schon abtransportiert“, sagt Heinbockel. Am vergangenen Sonnabend war der Sieker eigenen Angaben zufolge am Nachmittag noch einmal in das Biotop gekommen, weil er davon ausging, dass die Holzdiebe wiederkommen könnten. „Da habe ich drei Männer angetroffen, die gerade dabei waren, mehrere kleinere Erlen mit einer Motorsäge zu fällen“, sagt er.

Die Polizei hat inzwischen Ermittlungen eingeleitet

Mutmaßlich hätten sie den Weg zu zwei weiteren großen Eichen freischlagen wollen. „Ich habe die Herren dann angesprochen“, sagt Heinbockel. Die Männer hätten behauptet, über eine Genehmigung zu verfügen. „Der eine hat dann telefoniert, dann sind sie plötzlich in Richtung Gebüsch davongelaufen“, erzählt er. Für Heinbockel ist klar: Die Gruppe hat illegal Holz für den Weiterverkauf geschlagen.

„Bäume um diese Jahreszeit zu schlagen und dann auch noch in einem Biotop, ist nur in ganz strengen Ausnahmefällen erlaubt“, sagt er. Zudem sei das trockene Holz der toten Eichen optimal als Brennholz für den Kamin geeignet. „Ich habe die Polizei verständigt und eine Anzeige aufgegeben“, sagt Heinbockel. Sandra Kilian, Sprecherin der Polizeidirektion Ratzeburg, bestätigt, dass in dem Fall ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.

Naturschutzbehörde ist keine Genehmigung bekannt

„Derzeit wird gegen Unbekannt ermittelt“, sagt sie. Noch sei aber nicht endgültig geklärt, ob die Fällaktion nicht doch angeordnet worden sein könnte. Genehmigt werden müsste eine solche von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Stormarn in Bad Oldesloe. Von dort heißt es auf Anfrage, es sei nicht bekannt, dass in jüngster Zeit eine Fällung im Biotop Bültbek angeordnet worden sei, der Vorgang werde aber noch geprüft.

Sieks Bürgermeister Andreas Bitzer (CDU) und die Sieker Amtsverwaltung waren ebenfalls nicht in Kenntnis einer Genehmigung. „Auch der Bauhof war nicht informiert“, sagt Bitzer. Der Bürgermeister verspricht, den Fall schnellstmöglich aufzuklären. Aus Heinbockels Sicht spricht indes nicht nur das Verhalten der angeblichen Baumarbeiter für ein illegales Handeln.

Die alte Eiche bot Vögeln und anderen Tieren einen Lebensraum

„Auffällig ist auch, wie unprofessionell hier vorgegangen worden ist“, sagt er. So hätten die Unbekannten die Eiche zwar kurz über dem Boden angesägt, letztlich aber einen 2,50 Meter hohen Stumpf stehen gelassen. „Auf mich wirkt das so, als wären sie gestört worden oder aus technischen Gründen daran gescheitert, den restlichen Stamm auch noch zu fällen“, mutmaßt er.

Für das Biotop jedenfalls sei der Verlust der Eiche ein großer Schaden. „Auch wenn der Baum schon lange abgestorben war, war er voller Leben und hatte eine wichtige Funktion“, sagt Heinbockel. Vögel hätten dort gebrütet, Mäusebussarde ihn genutzt, um von dort nach möglicher Beute Ausschau zu halten. Weil er befürchtet, dass die Unbekannten noch einmal wiederkommen könnten, hat Heinbockel dafür gesorgt, dass die Gemeinde die Zufahrt zu dem Biotop mit einem Schlagbaum blockiert.

Kaminholz ist aktuell vielerorts restlos ausverkauft

„Das Problem ist, dass dieses Gebiet durch die Bäume sehr schwer einsehbar ist, und am Wochenende, wenn im Gewerbegebiet nicht gearbeitet wird, sind Holzdiebe hier relativ ungestört“, sagt er. Dass die Täter gefasst werden, ist unwahrscheinlich. Heinbockel vermutet, dass das Holz inzwischen längst zerlegt und weiterverkauft wurde. Mehr als zehn Festmeter dürften dabei laut dem Sieker herausgesprungen sein.

Dass sich mit Brennholz zurzeit gute Geschäfte machen lassen, beobachten auch legale Anbieter. Beim Holzhof Stormarn in Bad Oldesloe ist Kaminholz schon seit Mitte Juli ausverkauft (wir berichteten). Kunden muss Geschäftsführer Steffen Burkhardt eigenen Angaben nach bereits auf das kommende Jahr vertrösten. Dennoch meldeten sich weiterhin 60 bis 70 Kunden am Tag per Telefon, um Kaminholz zu bestellen.

Lütjensees Bezirksförster rechnet mit mehr ähnlichen Fällen in der Zukunft

Lütjensees Bezirksförster Fritz Ole Wolter berichtet auch von einem Fall, in dem bereits geschlagenes Holz aus dem Wald gestohlen wurde. Bislang beschränkten sich solche Vorkommnisse zwar auf ein bis zwei Fälle pro Jahr. Angesichts der Wertsteigerung bei weiter hohen Gaspreisen geht Wolter aber davon aus, dass es künftig mehr werden.