Bargteheide. Der erfolgreiche Autor von Erziehungsratgebern, Jan-Uwe Rogge, spricht über den Umgang von Eltern mit Kriegsnachrichten.

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine macht vor Kindergärten, Schulen und Spielzimmern in Deutschland nicht Halt. Schreckliche Bilder und Berichte aus dem Krieg erreichen auch Mädchen und Jungen im rund 1400 Kilometer Luftlinie von Kiew entfernten Stormarn. „Eltern sollten auf Fragen ihrer Kinder eingehen und mögliche Ängste nicht bagatellisieren“, sagt der Bargteheider Erziehungsberater und Erfolgsautor Jan-Uwe Rogge. „Für das Kindergartenalter fallen die Antworten natürlich ganz anders aus als im Schulalter oder in der Pubertät.“

Wichtig sei es, die Sorgen ernst zu nehmen. Deshalb sind Sätze wie „Du brauchst doch keine Angst zu haben!“ oder „Das ist doch nicht so schlimm!“ fehl am Platz.

Kindererziehung: Man muss nicht auf alle Fragen Antworten haben

Die Erwachsenen müssten den Krieg nicht von sich aus ansprechen, sondern sollten die Gefühlswelten der Kinder beobachten. Die stellten je nach Alter sehr unterschiedliche Fragen, bei denen auch die eigene Fantasie eine Rolle spiele. „Eltern können dann mit Gegenfragen herausfinden, worauf das Kind hinauswill und was es bereits weiß“, sagt Rogge.

Und sie sollten immer ehrlich und authentisch sein. „Man kann durchaus auch sagen, dass man etwas nicht wisse“, so Rogge. Ein Beispiel sei die Antwort auf die Frage, wie lange der Krieg noch dauert. Kinder wollten außerdem nicht mit Vorträgen zugeschüttet werden.

Bilder von zerstörten Häusern können starke Fantasien auslösen

„Bei aller Betroffenheit ist es wichtig, den Alltag so normal wie möglich weiterzuleben“, sagt Rogge. Das schaffe Sicherheit. Für viele Kinder seien Nähe und Geborgenheit besonders wichtig. Sie wollen wissen, dass sie nicht allein sind, wenn Gefahr droht. „Ich hatte schon Anrufe von Eltern, dass die Kinder jetzt mit in deren Bett schlafen möchten“, so der Familientherapeut. Das könne man in dieser außergewöhnlichen Situation durchaus zulassen.

Auf der anderen Seite sollten Eltern vor allem bei kleineren Kindern aufpassen, dass sie nicht durchgehend mit Kriegsberichten aus Fernsehen, Radio, Zeitschriften und Zeitungen bombardiert werden. Erwachsenennachrichten seien für Kinder im Vor- und Grundschulalter nicht geeignet. „Bilder von zerstörten Häusern oder Autos können starke Fantasien auslösen“, sagt Jan-Uwe Rogge. Diese Eindrücke halten dann Einzug in die eigene Realität.

Kleinkinder sollten zu Demos und Mahnwachen nicht mitgenommen werden

Es sei nicht ungewöhnlich, dass die Erlebnisse spielerisch verarbeitet werden. So sollten Erwachsene sich nicht wundern, wenn wieder vermehrt Kriegsspiele mit fiktiven Waffen auftauchten.

Eltern sollten ihrem Nachwuchs nicht zu viel zumuten. „Kinder nehmen die Sorgen und Ängste genau wahr, registrieren Mimik, Gestik und Gespräche“, sagt Jan-Uwe Rogge. Er hält es für wichtig, Solidarität zu zeigen. „Ich würde es mir aber sehr gut überlegen, ob ich mein zwei- oder dreijähriges Kind zu einer Mahnwache oder Demonstration mitnehmen muss.“ Wenn ältere Kinder von sich aus eine Teilnahme vorschlagen, sei das wiederum eine ganz andere Situation.

„Ich werde das Kriegsthema sicher in einem meiner nächsten Podcasts aufgreifen“, sagt Jan-Uwe Rogge. Aktuelle Erziehungstipps gibt er auch auf seiner Homepage www.jan-uwe-rogge.de und im dortigen Blog.

Das Elterntelefon des Deutschen Kinderschutzbunds in Stormarn hat die kostenfreie Nummer 0800/111 05 50. Es ist montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr sowie dienstags und donnerstags bis 19 Uhr besetzt.