Ahrensburg. Alexander Schander fährt mit Hilfsgütern an die Grenze. Unterstützung von Arbeitgeber Druckluft Evers und Ahrensburger TSV.

Wenn Alexander Schander gefragt wird, was er an der ukrainischen Grenze erlebt hat, dann schüttelt er den Kopf. „Ich kann das nicht erzählen“, sagt er. Zu nahe geht ihm das, was er gesehen hat: Frauen, Kinder, Menschen, die alles verloren haben und vor dem Krieg in ihrer Heimat flüchten. Deshalb ist es Schander eine Herzensgelegenheit, zu helfen, wo er kann.

Bei Kriegsbeginn macht er sich auf den Weg zur Grenze

Schander ist gebürtiger Ukrainer, lebt seit Ende der 90er-Jahre in Deutschland. Seit 2008 spielt er im Ahrensburger TSV Volleyball. „Ich habe als Jugendlicher mit dem Sport angefangen, es macht viel Spaß“, so Schander. Im ATSV hat er durch den Sport viele Freunde gefunden. Mittlerweile ist er nicht mehr nur Spieler, sondern trainiert auch eine Damenmannschaft. Wenn er gerade nicht sein Hobby ausübt, arbeitet Schander beim Ahrensburger Betrieb Druckluft Evers. Sowohl der ATSV als auch Schanders Arbeitgeber haben in den vergangenen Wochen viel in Gang gesetzt, um den Menschen aus der Ukraine zu helfen.

An die Nacht, in der Russland sein Heimatland angriff, kann Schander sich gut erinnern. „Als ich am 24. Februar morgens auf mein Handy geschaut habe, habe ich eine Nachricht gesehen, in der stand: Wir sitzen im Keller, es ist Krieg“, sagt Schander. An Arbeit war an diesem Tag nicht zu denken. Er gab seinem Chef und seinen Kollegen Bescheid, die um kurz nach 5 Uhr morgens wegen der Geschehnisse ebenfalls wach waren. Schander: „Ich habe gesagt: Ich fahre nicht zur Arbeit. Ich fahre an die Grenze.“ Er setzte sich ins Auto, fuhr tausende Kilometer. „Als ich ankam, waren überall Menschenmassen. Es waren minus 9 Grad und überall Kinder, die viel zu dünn angezogen waren. Wenn man das sieht, möchte man weinen.“

30 Tonnen Hilfsgüter zur ukrainischen Grenze geliefert

Schander holte eine Familie ab, brachte sie nach Deutschland. Wieder dort angekommen, kam tatenlos Zusehen für ihn nicht infrage. In seiner Firma mobilisierte er Chef und Kollegen, Spenden zu sammeln. „Die ganze Firma hat geholfen“, sagt Schander. Von der Idee bis zur konkreten Planung und Umsetzung sei kein halber Tag vergangen. „Wir haben nicht gezögert“, sagt Geschäftsführer Lars Evers. Kleidung, Spielzeug, Hygieneartikel – innerhalb kürzester Zeit kamen viele Spenden zusammen, es entstand ein großes Netzwerk, das sich für die Menschen in der Ukraine einsetzt. Unter anderem die Glinder Firma Golfino 1700 Kleidungsstücke. Deren Geschäftsführer ist Henning Wollesen, Sohn von Gerd Wollesen, dem ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden des ATSV.

„Die Hilfsbereitschaft war überwältigend“, sagt Schander. Bislang sind drei Konvois an die ukrainische Grenze gefahren, 30 Tonnen Hilfsgüter haben Schander und seine Unterstützer geliefert. Jedes Mal waren zwischen drei und sechs Fahrzeuge unterwegs. Hin- und Rückfahrt an das rund 1300 Kilometer entfernte Ziel dauern jeweils etwa 15 Stunden.

Arbeitgeber setzt wegen des Krieges andere Prioritäten

Alexander Schander (vorn l.), seine Arbeitskollegen von Druckluft Evers und Mitglieder des ATSV sammeln Hilfsgüter für die Ukraine.
Alexander Schander (vorn l.), seine Arbeitskollegen von Druckluft Evers und Mitglieder des ATSV sammeln Hilfsgüter für die Ukraine. © Juliane Minow

Auch ein Unfall bei der ersten Fahrt konnte sie nicht von ihrem Vorhaben abbringen. „Wir haben auf dem Weg Menschen kennengelernt, die uns geholfen und unsere Güter auf ihre Fahrzeuge umgeladen haben“, sagt Schander. Insgesamt sei er beeindruckt davon, wie sehr die Menschen in der Not zusammenhalten. Für die Geschäftsführer seiner Firma, Lars Evers und Norbert Pipgras, war es selbstverständlich, dass der normale Betrieb für eine Zeit nicht so wichtig war. Das Spendensammeln und Koordinieren stand im Vordergrund.

„Wir haben unser Hauptbusiness eigentlich nur noch nebenbei gemacht“, sagt Evers. Innerhalb kürzester Zeit war die Halle voll mit Säcken und Kartons voller Hilfsgüter. Er war ebenfalls an der ukrainischen Grenze. „Das war eine Mischung aus Schrecken und Bewunderung. Der Enthusiasmus der Menschen, die halfen, war beeindruckend. Auf der anderen Seite waren die Hintergründe natürlich schlimm. Es war ein Wechselbad der Gefühle“, sagt Evers.

Für nächste Tour werden noch Sachpenden gebraucht

Nicht nur Alexander Schander, sondern auch sein Sportverein, der ATSV, packte kräftig mit an. Die ersten Touren sind von den Volleyballern des Vereins organisiert worden. Der Verein ruft auf seiner Internetseite weiterhin zum Spenden auf. Denn: Solange der Krieg nicht vorbei ist und genug Spenden zusammenkommen, finden Touren an die Grenze statt. „Es ist zwar etwas ruhiger und organisierter geworden, aber nach wie vor sammeln wir Spenden und fahren einmal im Monat an die Grenze“, sagt Lars Evers. Die nächste Tour ist für Mitte Juni geplant. Dafür werden noch Spenden gebraucht.

Benötigt werden langlebige Lebensmittel wie Nudeln, Getreide, Konserven, Eintöpfe, Tee, Kaffee, Zucker, Salz, Müsli, Milchpulver, Babynahrung und Tierfutter, medizinische Produkte wie Verbandsmaterial, blutstillende Mittel, Einwegspritzen und Nadeln, entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente, Jod, Aktivkohle und medizinische Pflaster, Hygieneartikel für Kinder als auch für Erwachsene, Windeln für Kinder und Erwachsene, große Handtücher, Waschmittel, Geschirrspülmittel, Müllsäcke, Thermo-Unterwäsche für Männer, warme Socken, schwarze oder dunkle T-Shirts für Männer, Schuhe für Männer für unwegsames Gelände, Schlafsäcke, Teppiche, Wolldecken, Rucksäcke, Streichhölzer und Feuerzeuge, Kerzen, Taschenlampen und Batterien, Powerbanks, Benzin- oder Dieselgeneratoren und Waschmaschinen.

Alexander Schander ist den Unterstützern sehr dankbar

Spenden können bis zum 16. Juni bei Druckluft Evers in Ahrensburg (Kurt-Fischer-Straße 36) montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr, freitags von 8 bis 13 Uhr und sonnabends von 12 bis 16 Uhr abgegeben werden. Auch Geldspenden nimmt der Sportverein an. Sowohl für Geld- als auch für Sachspenden können Spendenbescheinigungen ausgefüllt werden.

Obwohl in den vergangenen Wochen viel zu tun war, ist Alexander Schander mit Herzblut für die gute Sache dabei. „Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung von meinem Arbeitgeber und meinem Verein“, sagt er. „Alleine würde ich das nicht schaffen.“