Ahrensburg. Rathaus insistiert bei Ministerium gegen die Abstimmung. Wahltermin am 8. Mai nicht zu halten. FDP erhebt schwere Vorwürfe.
Versucht die Ahrensburger Verwaltung, mit unlauteren Mitteln für ein Scheitern des Bürgerentscheids über die Parkplätze im Stadtzentrum zu sorgen? Diese Anschuldigung erhebt jetzt die FDP. „Das Vorgehen im Rathaus ist ganz klar ein taktisches Foul“, sagt Thomas Bellizzi, der Fraktionsvorsitzende der Liberalen.
FDP: Verwaltung will Bürgerentscheid über Parkplätze behindern
Konkret geht es um den Vorwurf, die Verwaltung habe bewusst Verzögerungen im Zulassungsverfahren herbeigeführt, um eine Abstimmung parallel zur Landtagswahl am 8. Mai zu verhindern. Dieser Termin ist nach Angaben aus dem Rathaus nicht zu halten, auch wenn das Kieler Innenministerium, das die Zulässigkeit der Abstimmung prüfen muss, jetzt grünes Licht gegeben hat.
„Das Bürgerbegehren wird aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen und des einzuhaltenden formellen Vorlaufs nicht zeitgleich mit der Landtagswahl stattfinden können“, sagt Rathaussprecher Fabian Dorow und verweist unter anderem darauf, dass die Briefwahl für den Landtag bereits begonnen habe.
Kaufleute befürchten, dass Kunden wegen Stellplatzabbau abwandern
Wie berichtet, möchte eine Gruppe aus Einzelhändlern und Gastronomen, an deren Spitze Andreas Werning, Juwelier und stellvertretender Vorsitzender der Kaufleutevereinigung Stadtforum, Stefan Skowronnek, Geschäftsführer des Kaufhauses Nessler, und Hauke Wendt, der die Musicalschule betreibt, stehen, die Ahrensburger darüber abstimmen lassen, ob in Zukunft Parkplätze im Stadtzentrum abgebaut werden dürfen.
Die Kaufleute befürchten, dass Kunden abwandern, sollten weitere Stellplätze wegfallen, wie es einige Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung fordern. Die Gruppe möchte erreichen, dass künftig für jeden wegfallenden Parkplatz Ersatz geschaffen werden muss. Anfang Februar übergaben sie schließlich 2022 Signaturen und damit genug, um das durch die Gemeindeordnung festgesetzte Quorum von 1094 zu erreichen, an die Verwaltung.
Mindestens 14 Prozent der Wahlberechtigten müssen für die Forderung stimmen
Das Ziel: Ein Urnengang am 8. Mai, parallel zur Landtagswahl, um eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu erreichen. Denn laut Gesetz ist das Ergebnis eines Bürgerentscheids in Schleswig-Holstein nur gültig, wenn die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zugleich einem Mindestprozentsatz aller Wahlberechtigten entspricht. Das Quorum hängt von der Größe der Kommune ab.
Bei Ahrensburg mit mehr als 35.000 Einwohnern müssen folglich mindestens 14 Prozent aller Wahlberechtigten für die Forderung der Kaufleute stimmen, damit sie als angenommen gilt. Während der Prüfung hatte das Innenministerium der Stadtverwaltung die Möglichkeit eingeräumt, Stellung zu nehmen. Wie unsere Redaktion jetzt aus Rathauskreisen erfuhr, hat die Stadt diese genutzt, um gegen die Abstimmung zu insistieren.
Verwaltung: Abstimmung berührt Kern der Innenstadtentwicklung
„Aus Sicht der Verwaltung sprechen mehrere ernstzunehmende Gründe dafür, dass ein Entscheid in dieser Frage unzulässig ist“, sagt Rathaussprecher Fabian Dorow dazu auf Anfrage unsrer Redaktion. Ins Detail gehen möchte er nicht, es gebe noch Beratungen innerhalb der Verwaltung.
Er sagt nur so viel: „Das Anliegen des Bürgerentscheids berührt eine Kernfrage der Innenstadtentwicklung und kann Auswirkungen auf die Fördermittel haben, die Ahrensburg über das Programm der Städtebauförderung erhält.“ Im Juni 2018 war das gesamte Innenstadtgebiet in das Programm aufgenommen worden.
Bürgermeister sieht Fördermittel durch den Bürgerentscheid gefährdet
Dem Abendblatt liegt das Schreiben vor, welches die Verwaltung nach Kiel gesandt hat. Auf fünf Seiten führt Bürgermeister Michael Sarach darin mehrere Gründe auf, die aus seiner Sicht gegen den Entscheid sprechen. Der Rückbau von Parkraum im Innenstadtbereich sei eine maßgebliche Grundlage für die Aufnahme Ahrensburgs in das Städtebauförderungsprogramm von Seiten des Landes gewesen, heißt es. Und weiter: „Fast sämtliche Einzelmaßnahmen, gegen die sich der Bürgerentscheid wendet, sind Einzelmaßnahmen, die Bestandteil des Innenstadtentwicklungskonzeptes sind.“
Der Bürgerentscheid gefährde deshalb die bereits gewährten Förderungen erheblich. Einige Maßnahmen, wie die Umgestaltung der Hamburger Straße, seien zudem bereits begonnen worden. Die Stadt sei in diesem Fall rechtliche Verpflichtungen eingegangen, die sie bei Nichtumsetzung zurückzahlen müsse.
Innenministerium weist Einwände der Verwaltung zurück
Außerdem verweist Sarach auf die Ergebnisse der Parkraumerhebung, die im vergangenen Jahr vorgestellt wurden. Ein Hamburger Büro war zu dem Ergebnis gekommen, dass im Zentrum ausreichend Stellplätze vorhanden seien. Zuletzt äußert der Bürgermeister Bedenken an der Formulierung der Abstimmungsfrage, die teilweise nicht eindeutig sei.
Das Innenministerium hat die Einwände der Verwaltung inzwischen zurückgewiesen. „Aus unserer Sicht gibt es keinerlei Zweifel an der Zulässigkeit“, sagt Sprecher Dirk Hundertmark. Die Abstimmung kann folglich stattfinden – allerdings eben nicht am 8. Mai. Wie die Verwaltung mit der Antwort des Ministeriums umgeht, dazu wollte Rathaussprecher Dorow sich noch nicht äußern, sagt: „Wir bleiben grundsätzlich bei unserer Rechtsauffassung.“ Es gebe aber noch intern Beratungen.
Rathaus übermittelte Stellungnahme erst einen Tag vor Fristablauf
Bei der FDP, die sich von Beginn an hinter die Forderung der Kaufleute gestellt hatte, sorgt das Vorgehen des Rathauses für Unmut. „Warum hat die Verwaltung, wenn es derartige Bedenken gibt, diese nicht viel eher kundgetan?“, kritisiert Fraktionschef Bellizzi. Es habe schon vor Beginn der Unterschriftenkampagne Vorgespräche zwischen den Initiatoren und dem Rathaus gegeben.
Tatsächlich übermittelte die Verwaltung ihre Stellungnahme erst am 23. Februar nach Kiel, einen Tag vor Ablauf der Frist. „Das Vorgehen erweckt für uns den Eindruck, dass die Stellungnahme bewusst im letztmöglichen Moment eingereicht wurde“, sagt Bellizzi. Der Zeitpunkt solle wohl eine Abstimmung parallel zur Landtagswahl verhindern.
Verwaltung schlägt Termin nach den Sommerferien vor
Die Planer im Rathaus hatten sich in der Vergangenheit für eine Parkplatzreduktion ausgesprochen, um so die Aufenthaltsqualität im Zentrum zu erhöhen. „Aus unserer Sicht verfolgen das Bauamt und die Verwaltungsspitze klar eine politische Agenda“, sagt der FDP-Politiker.
Ganz so scharf formuliert Stefan Skowronnek seine Kritik nicht. Er sagt: „Wir sind enttäuscht, dass der 8. Mai nicht zu halten ist.“ Das Datum sei von Beginn an „ambitioniert“ gewesen. „Aber die späte Stellungnahme der Verwaltung hat sicherlich nicht geholfen“, so der Nessler-Chef. Aus dem Rathaus kommt derweil ein neuer Terminvorschlag: Die Abstimmung könne nach den Sommerferien stattfinden, sagt Sprecher Dorow.