Ahrensburg. Land und Bund gleichen Corona-Minus aus. Ahrensburg zählt zu größten Empfängern. Auch Barsbüttel und Bargteheide erhalten viel Geld.
Die Stormarner Städte und Gemeinden bekommen ihre teils dramatischen Gewerbesteuerausfälle in diesem Jahr nahezu vollständig ersetzt. Bund und Land haben zum Ausgleich jeweils 165 Millionen Euro bereitgestellt. Von diesen 330 Millionen Euro fließen 27 Millionen in den Kreis. Grundlage ist das Gesetz zur Gewerbesteuerkompensation, das der schleswig-holsteinische Landtag Anfang des Monats beschlossen hat. Zu den landesweit größten Empfängern zählt laut einer detaillierten Tabelle aus dem Innenministerium die 34.000-Einwohner-Stadt Ahrensburg mit rund acht Millionen Euro.
In sämtlichen Kreisen von Schleswig-Holstein erhält einzig Rellingen (14.400 Einwohner) im Kreis Pinneberg mit fast 11,2 Millionen Euro mehr Geld. Sogar die deutlich größeren kreisfreien Städte Flensburg (90.000 Einwohner) und Neumünster (80.000) rangieren mit Erstattungen von 7,9 beziehungsweise 7,0 Millionen Euro hinter Ahrensburg.
In Oldesloe und Oststeinbek brachen Einnahmen nicht weg
Grundlage der Berechnungen war das durchschnittliche Gewerbesteueraufkommen, das aus den beiden Jahren mit den höchsten Zahlen im Zeitraum 2017 bis 2019 ermittelt wurde. Für den Vergleich mit dem laufenden Jahr wurden die zwei schwächsten der ersten drei Quartale 2020 genommen. Die Differenz der beiden Werte stellt das „Minderaufkommen“ dar.
Um das zur Verfügung stehende Geld möglichst gerecht verteilen zu können, wurde eine Erstattungs-Höchstgrenze von 1000 Euro pro Einwohner eingeführt. Diese Bedingungen waren zuvor mit den kommunalen Landesverbänden abgestimmt worden.
Am Beispiel Ahrensburg ergab sich so ein Minus von 11,4 Millionen Euro. „Wir hatten über die vergangenen Jahre ein sehr hohes Steueraufkommen“, sagt Bürgermeister Michael Sarach. Während von der Einnahme die Kreisumlage (aktuell 30,60 Prozent) an den Kreis Stormarn abgeführt werden muss, darf die Stadt die Kompensation komplett behalten. Damit wird das befürchtete Haushaltsdefizit in diesem Bereich vollständig aufgefangen.
Auch die Stadt Glinde profitiert
Für den Etat 2021 bleiben dagegen viele Fragezeichen. „Die Auswirkungen von Corona auf die nächsten Jahre lassen sich ganz schwer abschätzen“, so der Bürgermeister. Nach seinen Beobachtungen habe sich die Lage vor allem in den größeren Unternehmen stabilisiert. Dagegen sei es für kleinere Firmen beispielsweise in der Veranstaltungsbranche oder Gastronomie sowie Freiberufler unverändert schwierig.
In Stormarn erwarten noch acht weitere Orte Millionenüberweisungen aus Kiel für gravierende Steuerausfälle. Es sind Barsbüttel (13.000 Einwohner) mit 2,95 Millionen, Glinde (18.000) mit 2,02 Millionen, Bargteheide (16.000) mit 1,91 Millionen, Stapelfeld (1900) mit 1,8 Millionen, Trittau (9000) mit 1,4 Millionen, Siek (2400) mit 1,33 Millionen und Reinbek (28.000) mit 1,32 Millionen sowie Hoisdorf (3600) mit 1,2 Millionen.
Man wolle die Corona-Pandemie gemeinsam schultern
In anderen Kommunen erweist sich die Wirtschaft dagegen äußerst resistent gegen die Corona-Krise. So verzeichnen weder Bad Oldesloe und Oststeinbek noch Tangstedt sinkende Gewerbesteuern – und benötigen auch keinen Ausgleich. Als kleinste Empfänger stehen das Minidorf Hohenfelde (50 Einwohner) mit 4500, Grönwohld mit 1600 und Hamfelde mit 162 Euro auf der Liste.
„Wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass wir die Kommunen im Land mit erheblichen finanziellen Mitteln unterstützen werden“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Man wolle die Corona-Pandemie und ihre Folgen gemeinsam schultern und bewältigen. Ein entscheidender Baustein seien die Kompensationsmittel für Gewerbesteuermindereinnahmen. „Ich freue mich, dass wir – in enger Abstimmung mit den kommunalen Landesverbänden – bereits Anfang Dezember mit der Auszahlung dieser Mittel beginnen können“, so die Ministerin.
Kommunen mahnen Hilfe auch für die nächsten zwei Jahre an
Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Tobias Koch aus Ahrensburg, weist darauf hin, dass die Steuereinbrüche laut der jüngsten Schätzung vom September nicht so dramatisch sind wie im Mai prognostiziert. Die Summe wurde von 330 Millionen auf 277 Millionen Euro korrigiert. Trotzdem hätten Bund und Land auf eine Reduzierung der Kompensation verzichtet, sodass Kommunen möglicherweise sogar mehr Geld auf dem Konto hätten.
„Gerade die großzügige Handhabung der Ausgleichszahlungen sollte die Gemeindevertreter und Stadtverordneten dazu ermutigen, sinnvolle Investitionen in Kindertagesstätten, Schulen, Gemeindestraßen und Sportanlagen nicht zu kürzen, sondern im Gegenteil vielleicht sogar noch aufzustocken“, sagt Koch. Für die Kommunalpolitiker sei es nicht die Zeit für Haushaltssperren und Rotstiftaktionen. Kochs Appell: „Auch in wirtschaftlicher Hinsicht bedarf es eines entschlossenen Handelns zur Bewältigung der Krise.“
2022 soll die Summe ähnlich hoch ausfallen
Diese wird die Finanzen noch länger diktieren: Darin sind sich die kommunalen Landesverbände einig. Auch 2021 und 2022 sei mit deutlich weniger Steuereinnahmen zu rechnen als vor der Corona-Pandemie erwartet. „Wir brauchen deshalb auch für das nächste und übernächste Jahr Hilfen von Bund und Ländern, damit die Städte, Gemeinden und Kreise zu einer schnellen wirtschaftlichen Erholung beitragen können“, sagt der Vorsitzende des Städtetags Schleswig-Holstein, Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer.
Nächstes Jahr kämen auf die Kommunen Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer von 140 Millionen und bei der Gewerbesteuer von 113 Millionen Euro zu. 2022 soll die Summe mit zusammen 252 Millionen ähnlich hoch ausfallen. „Vor allem muss den vielen ehrenamtlich Tätigen bei ihren schwierigen Entscheidungen über künftige Haushalte eine Perspektive für die Gestaltung der Zukunft gegeben werden“, sagt Rainer Jürgensen, stellvertretender Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages.