Ahrensburg. Polizei sucht Geschäftsfrau aus der Schlossstadt seit drei Monaten per Haftbefehl. Der 53-Jährigen werden 30 Taten vorgeworfen.
Die ehemalige Inhaberin zweier Reisebüros in Ahrensburg und Schwarzenbek bleibt weiterhin spurlos verschwunden. Seit dem geplatzten Prozess vor knapp drei Monaten wird die Geschäftsfrau per Haftbefehl gesucht, ergriffen wurde sie nach Angaben von Michael Burmeister, dem Direktor des zuständigen Amtsgerichts Ahrensburg, noch nicht. „Wir haben keine neuen Erkenntnisse“, sagt er. Die Frau habe bislang auch nicht versucht, von sich aus Kontakt mit dem Gericht aufzunehmen.
Die Staatsanwaltschaft wirft der 53-Jährigen 30 Taten vor (Aktenzeichen: 779 Js 24792/18): zehn Fälle der gewerbsmäßigen Untreue, 19-fachen gewerbsmäßigen Computerbetrug und einen Betrug. Dadurch soll sie von Juni 2015 bis Februar 2018 mehr als 74.000 Euro unrechtmäßig erlangt haben. Zweimal scheiterte bereits der Versuch, die Vorgänge in den mittlerweile geschlossenen Reisebüros juristisch aufzuarbeiten.
Opfer wundert sich, dass es so lange dauert
Beim Prozessauftakt im September 2019 erschien die Geschäftsfrau nicht vor Gericht, auch beim Neustart der Hauptverhandlung im Juli 2020 blieb der Platz auf der Anklagebank leer. In beiden Fällen gelang es nicht, die Angeklagte von der Polizei vorführen zu lassen, da die Beamten sie an ihrer Wohnanschrift nicht antrafen.
Das Abendblatt hatte erstmals im Sommer 2018 über Betrugsvorwürfe gegen das Reisebüro berichtet, nachdem sich der Ahrensburger Alfried Haase an die Redaktion gewandt hatte. Er erzählte von Flügen, Hotelübernachtungen und Mietwagen für eine Asien-Reise, die er zum Teil doppelt und dreifach bezahlen musste. Danach meldeten sich mehr als ein Dutzend weitere Kunden, die eigenen Angaben zufolge ähnliche Erfahrungen gemacht hatten. Haase fordert rund 12.000 Euro zurück.
Hoffnungen darauf, das Geld wiederzubekommen, macht er sich nicht mehr. Entsprechende Versuche mithilfe eines Anwalts scheiterten in der Vergangenheit mehrfach. Der 77-Jährige möchte aber „wenigstens erfahren, was damals in dem Geschäft schiefgelaufen ist“. Er sagt: „Ich wüsste gern, wie ich mich absichern kann, damit mir und anderen so etwas in Zukunft nicht noch einmal passiert. Antworten darauf erhoffe ich mir von einem Prozess.“
Polizei äußert sich nicht zum Vorgehen bei Haftbefehlen
Dass immer noch nicht absehbar ist, wann der Fall endlich vor Gericht verhandelt wird, löst bei dem Ahrensburger Unverständnis aus. „Gerade in Zeiten von Corona müssen wir doch überall unsere Daten hinterlegen, zum Beispiel bei jedem Restaurantbesuch“, sagt er. „So viele Beschränkungen wie jetzt hat es noch nie gegeben, und dennoch ist die Frau nicht auffindbar. Das wundert mich.“ Alfried Haase ärgert vor allem, dass nach dem ersten geplatzten Prozess im September 2019 nichts unternommen worden sei. Damals hatte der Richter einen Haftbefehl abgelehnt, weil die Angeklagte im Nachhinein ein Attest vorgelegt hatte, in dem ein Arzt sie für verhandlungsunfähig erklärte.
Erst nachdem die Ahrensburgerin im Juli erneut ohne Erklärung der Gerichtsverhandlung fernblieb, erließ ein Richter Haftbefehl. Haase sagt: „Durch das langsame Handeln wurde der Angeklagten die Chance gegeben, abzuhauen.“ Wahrscheinlich sei sie schon lange nicht mehr in Deutschland, sondern halte sich irgendwo weit entfernt im Ausland auf.
Die Polizei, die für die Vollstreckung von Haftbefehlen zuständig ist, will mit Verweis auf „einsatztaktische Informationen“ keine Auskünfte zum Vorgehen in solchen Fällen geben.