Ahrensburg. Landeskriminalamt registriert von Januar bis August 314 Straftaten gegen ältere Menschen im Kreis Stormarn und im Herzogtum Lauenburg.

Sie geben sich am Telefon als Angehörige aus, behaupten, mit dem Coronavirus infiziert zu sein und für die überlebenswichtige Behandlung viel Geld zu benötigen. Oder sie klingeln als angebliche Mitarbeiter des Gesundheitsamtes an der Haustür und fordern dazu auf, einen Corona-Test für mehrere Tausend Euro vornehmen zu lassen. Trickbetrüger nutzen auch die Pandemie aus, um Geld und Wertsachen von ihren Opfern zu ergaunern. Die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes warnt vor verschiedenen Maschen, mit denen sich Kriminelle die aktuelle Verunsicherung der Menschen zunutze machen.

Oldesloerin (68) wird um fünfstelligen Betrag geprellt

In Bargteheide gab sich ein Krimineller kürzlich auf dem Aldi-Parkplatz an der Lohe als Mitarbeiter des Ordnungsamtes aus, forderte für angebliche Verstöße gegen die Maskenpflicht ein Bußgeld von 150 Euro. Besonders tückisch: Der Mann trug eine Jacke mit der Aufschrift „Ordnungsamt“. Die Stadtverwaltung machte den Fall umgehend öffentlich und betonte, dass echte Mitarbeiter vor Ort kein Geld entgegennähmen. Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht appellierte: „Seien Sie vorsichtig und lassen Sie sich nicht von solchen Betrügern einschüchtern. Lassen Sie sich die Dienstausweise vorzeigen, sollten Sie vermeintlich von Kolleginnen und Kollegen des Ordnungsamtes angesprochen werden.“

Die Polizei rät, grundsätzlich wachsam zu sein. „Sprechen Sie am Telefon nie über Ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse“, sagt Lutz Theurer, Sprecher der Polizeidirektion Ratzeburg. „Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Druck setzen.“ In den vergangenen Monaten gab es in Stormarn und im Herzogtum Lauenburg viele Fälle, in denen Bürger auf Trickbetrüger hereinfielen und große Geldsummen verloren. Zuletzt erwischte es am Dienstagabend eine 68-Jährige aus Bad Oldesloe. Sie erhielt einen Anruf von einer unbekannten Frau, die sich als ihre Freundin ausgab und um einen größeren Geldbetrag bat. Diesen benötige sie, um ein kurzfristiges Geschäft abwickeln zu können.

Kriminelle nutzen Hilfsbereitschaft der Opfer aus

Die Kriminelle versprach am Telefon, die Summe umgehend zurückzuzahlen. „Die Geschädigte erklärte sich hilfsbereit und hob einen niedrigen fünfstelligen Geldbetrag von ihrem Konto ab“, sagt Theurer. Diesen übergab die Oldesloerin nach einem weiteren Telefonat mit der angeblichen Freundin gegen 18.30 Uhr im Bereich Sülzberg/Kurparkallee an einen Boten.

Die Polizei bittet Zeugen, sich unter Telefon 04531/501-0 zu melden. Der Bote soll etwa 25 Jahre alt und 1,55 bis 1,60 Meter groß sein. Dem Opfer zufolge hat der Mann eine schmächtige Figur, ein asiatisches Erscheinungsbild und längere schwarze Haare. Zur Tatzeit trug er eine graue Steppjacke und eine schwarze Hose. Nach der Geldübergabe ging der Mann in Richtung des Parkplatzes Sülzberg, Ecke am Kurpark. „Möglicherweise ist er dann mit einer älteren silbernen Limousine davongefahren“, sagt Theurer.

Zahl der „Enkeltrick“-Fälle hat ist angestiegen

Ähnliche Fälle meldete die Polizei zuvor aus Jersbek sowie im benachbarten Herzogtum Lauenburg aus Geesthacht, Börnsen, Büchen und Kollow. Von Januar bis August registrierte das Landeskriminalamt (LKA) in den beiden Kreisen 314 Straftaten zum Nachteil älterer Menschen. Darunter waren 125 Anrufe von falschen Polizisten, ein direkter Kontakt mit falschen Beamten und 188 „Enkeltrick“-Fälle. Teils blieb es laut Polizei beim Versuch. Im Vergleich zu 2019 hat sich vor allem die Zahl der „Enkeltrick“-Delikte erhöht. Davon gab es in den ersten acht Monaten des Vorjahres 121 Fälle, im gesamten Jahr 181.

Stormarner sollten unbedingt den Hörer auflegen, wenn ein Anrufer wissen wolle, ob Bargeld, Schmuck oder Ähnliches im Haus seien oder er die Herausgabe solcher Wertgegenstände fordere, rät Lutz Theurer. Auch wenn ein Anrufer dazu auffordere, Kontakt zu Fremden aufzunehmen und etwas an einen Boten zu übergeben, sollte das Gespräch umgehend beendet werden. Der Polizeihauptkommissar sagt: „Bitte wenden Sie sich in solchen Fällen sofort über den Notruf 110 an die Polizei.“

Sogar Distanzregeln machen sich Täter zunutze

Delikte gegen ältere Menschen mit Corona-Bezug seien in Schleswig-Holstein bislang noch selten. „Es mag Fälle geben, bei denen Täter versuchen, die aktuelle Situation zu nutzen, doch von einer verbreiteten neuen Betrugsmasche können wir in diesem Zusammenhang nicht sprechen“, sagt LKA-Sprecherin Carola Jeschke. Die Landespolizei in Schleswig-Holstein warnt auf ihrer Internetseite aber schon vor der „neuen Corona-Form des Enkeltricks“. Dabei nutzten die Täter teils auch das Abstandsgebot aus. „Geld oder Wertgegenstände sollen dann mit Verweis auf die Distanzregeln vor der Haustür deponiert werden“, heißt es von den Ermittlern.

Auch falsche Polizisten gebe es in der „Corona-Variante“. Die Täter riefen mit unterdrückter Nummer an und gäben an, von der Kripo zu sein. Die Masche: Laut Landespolizei behaupten die Kriminellen, in der Wohnung des Opfers sei ein bestätigter Corona-Fall gemeldet. Für das gesamte Objekt gelte nun eine Quarantäne. Der Anrufer werde daher zwei Kollegen vorbeischicken. So gelingt es den Tätern, sich Zutritt zu Wohnungen zu verschaffen.

In Hamburg haben Kriminelle mit der Corona-Masche bereits hohe Geldsummen erbeutet. In Schnelsen beispielsweise gaukelte ein angeblicher Enkel einer 85-Jährigen vor, seine Eltern seien an Corona erkrankt und benötigten für die Behandlung dringend Spritzen aus Amerika für 30.000 Euro. Die alte Frau übergab daraufhin einer Botin Schmuck und Bargeld in diesem Wert.