Kreisverwaltung hält nichts von routinemäßigen Durchsuchungen. Dafür fehle auch das Personal.
Stade/Buxtehude. Mit einem lauten "klack, klack, wumms" öffnet sich die dicke Stahltür des grünen Waffenschranks von Ernst Heinrich Abel. Vier dunkle Waffenhälse kommen zum Vorschein, in einem gesondert abschließbaren Fach liegen mehrere Munitionspakete. Vor acht Jahren hat sich der 70-jährige Jäger aus Stade den Sicherheitskoloss in seinen Aktenschrank einbauen lassen. Etwa 2000 Mark hat er damals auf den Tisch gelegt. Eine Kontrolle, ob es diesen Schrank wirklich gibt, gab es aber nie. "Ich habe damals nur auf einem Formular bestätigt, dass ich einen solchen Waffenschrank besitze und meine Gewehre darin aufbewahre. Das war alles", sagt Abel.
Die abnickenden Augen des Staates hat der Tresor nie gesehen. Routinemäßige Kontrollen durch die Ordnungsämter des Kreises und der Städte Stade und Buxtehude gibt es nicht. "Dazu haben wir nur das Recht, wenn ein begründeter Verdacht des Waffenmissbrauchs vorliegt", sagt Kreisdezernent Helmut Hölscher. Und die seien selten. Im vergangenen Jahr wurden lediglich zwei der insgesamt 1054 Waffenbesitzer in der Stadt Stade kontrolliert. "Aber selbst bei denen war alles in Ordnung", sagt Stades Ordnungsamtsleiter Matthias Hartlef. Das Gros der Waffenbesitzer gehe mit der Verantwortung sehr seriös um. Hartlef warnt davor, Waffenbesitzer unter Generalverdacht zu stellen.
Dennoch mussten im Kreis Stade etwa fünf Waffenbesitzern der Schein entzogen werden. Nicht immer sei dabei eine gesetzeswidrige Aufbewahrung der Grund gewesen, sagt Dezernent Hölscher. Auch kleinere Strafdelikte wie Steuerhinterziehung können dazu führen. Hölscher spricht sich generell gegen Routine-Überprüfungen in den Privathaushalten aus. "Für Stichproben ohne wirkliche Anhaltspunkte hätten wir aber auch gar nicht die nötige personelle Ausstattung", so Hölscher. Hinzu komme, dass Waffenbesitzer ohne Anlass den Beamten keinen Zutritt gewähren müssen. Fakt ist, dass unberechtigte Kontrollen nicht möglich sind, solange es keine Gesetzesänderung gibt. Der Grundgesetzartikel 13 wahrt die Unverletzlichkeit der Wohnung - auch von Waffenbesitzern. Durchsuchungen privater Räume sind somit an eine richterliche Erlaubnis gebunden.
Angesichts des Amoklaufs von Winnenden hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel erst vor wenigen Tagen angemahnt, den Zugang zu Waffen für Jugendliche zu verhindern. Zudem hat sie sich für bessere Kontrollen bei Waffenbesitzern und für unangekündigte Hausbesuche ausgesprochen.
Grünen-Ratsherr Michael Lemke aus Buxtehude geht das nicht weit genug. Es müsste generell diskutiert werden, ob Waffen in Privathaushalten überhaupt zugelassen werden sollten. "Gerade bei Sportschützen ist mir die gesetzliche Regelung viel zu lax. Wieso wird überhaupt erlaubt, dass jemand für ein Hobby etliche Knarren zu Hause lagern darf? Das ist doch abartig", sagt Ortspolitiker Lemke. Wenn überhaupt, sollten die Schussgeräte zentral in Schützenhäusern und Schießständen gelagert werden, so der Grünen-Mann.
Forderungen wie diese sind nach Meinung von Hans-Jürgen Lindner, dem Vorsitzenden der Schützengilde Buxtehude, sinnlos. "Wer das fordert, hat von der Thematik überhaupt keine Ahnung", so Lindner. Schützenhäuser lägen in der Regel an der Peripherie von Ortschaften. Würden dort mehrere hundert Waffen von Mitgliedern gelagert, sei die Gefahr des Diebstahls viel zu hoch. "Hinzu kommt: Die wenigsten Schießstände haben Waffenkammern, die dafür ausgelegt sind. Die sind oft viel zu klein", fügt der Sportschütze hinzu. Gegen die Verwahrung in Haushalten spreche nichts, solange das Waffenrecht auch eingehalten werde.
Er und auch Jäger Ernst Heinrich Abel hätten jedoch nichts gegen staatliche Stichproben einzuwenden. "Es gibt ja immer schwarze Schafe. Aber wer gesetzmäßig aufbewahrt, hat ja keine Strafen zu erwarten", so Abel. Gerade Jäger wüssten ganz genau, mit welchen Konsequenzen sie zurechnen hätten. "Die Waffenbesitzkarte wäre sofort weg. Und mit der Jagd ist es dann vorbei."