Sylt/Hamburg. Nach dem Abriss des 372 Jahre alten „Alten Gasthofs“ in List kocht die Inselseele weiter hoch. Am Sonntag gibt es eine Mahnwache.

Der plötzliche Abriss des historischen Reetdachhauses „Alter Gasthof“ in List auf Sylt bringt das Blut der Inselbewohner weiter in Wallung. Für diesen Sonntag ruft nun ein breites Bündnis aus der Bürgerinitiative „Merret reicht's“, dem Kulturverein „Sölring Foriining“ sowie mehrerer Parteien zu einer Mahnwache an der Alten Dorfstraße 5 auf.

Dort war am 30. Dezember das 1650 errichtete Gebäude dem Erdboden gleichgemacht worden – womöglich illegal. „Es gab keine Abrissgenehmigung“, hatte Lists ehrenamtlicher Bürgermeister Ronald Benck dem Abendblatt gesagt, nachdem er wegen des Vorgangs bereits Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt hatte.

Am 30. Dezember rollten an der Alten Dorfstraße in List die Bagger an und machten das 1650 erbaute Reetdachhaus platt.
Am 30. Dezember rollten an der Alten Dorfstraße in List die Bagger an und machten das 1650 erbaute Reetdachhaus platt. © Wieda-Immobilien GbR

Nach Abriss: Demo für „Alter Gasthof“ in List

Die Wut der Insulaner richtete sich bislang vor allem gegen einen Investor, der das Reetdachhaus im April 2021 erworben hatte und das Ende des 200 Jahre währenden Gasthofbetriebs besiegelte, aber auch gegen einen Architekten sowie den Bürgermeister selbst. Letztere wiesen eine Verantwortung an dem Abriss bereits jeweils entschieden zurück.

Unter dem Motto „Ausverkauf und Abriss stoppen – Inselleben erhalten“ wollen die Initiatoren der Kundgebung nun gemeinsam mit Bewohnerinnen und Bewohnern im Schatten der Gasthof-Ruine gegen Investorenwillkür auf der Nordseeinsel demonstrieren. „Weil dies kein Einzelfall ist“, sagt Sylts Grünen-Chef Geoffrey Förste.

Mit diesem Plakat rufen die Sylter Parteien und Initiativen zur Mahnwache an der Ruine des „Alten Gasthofs“ in List auf.
Mit diesem Plakat rufen die Sylter Parteien und Initiativen zur Mahnwache an der Ruine des „Alten Gasthofs“ in List auf. © Grüne Sylt

Reetdachhaus abgerissen: Drastische Todesanzeige

„Wieder wurde ein Stück Sylter Geschichte und Dorfleben abgerissen“, so Förste über das Verschwinden des 372 Jahre alten Reetdachhauses in der nördlichsten Gemeinde Deutschlands. Und auch er betont noch einmal: „Das Ganze geschah ohne Wissen oder Zustimmung der Gemeinde.“

Neben den Grünen beteiligen sich auch die Parteien SSW, SPD, CDU und Die Insulaner an der Kundgebung. Förste: „Wir werden uns versammeln, um über die Bedeutung des Gasthofes für den Ort, aber auch die Stellvertreterrolle zu sprechen, die dieses Gebäude darstellt und welche politischen Konsequenzen nun endlich daraus folgen sollten.“

Besonders drastisch bringt unterdessen „Merret reicht's“ die Trauer um das Lister Wahrzeichen zum Ausdruck: Für Sonnabend hat die Initiative in der Sylter Rundschau eine Todesanzeige geschaltet, die sie am Freitag bereits auf Facebook veröffentlichte. „Brutal aus dem Leben gerissen“, heißt es darin. Und: „Wir trauern um den '200 Jahre alter Gasthof'“.