Keitum. Der Sommelier Nils Lackner bietet besondere Wein-Erlebnistouren für Touristen auf der Insel an. Was Gäste erwartet.
Schaut man sich Nils Lackners Instagram-Profil an, sieht man dort einen viel beschäftigten Mann. Mal sieht man den 47-Jährigenl mit Sonnenbrille, mal ohne, aber meistens in Aktion. Und so gut wie immer mit Wein. Dort macht Lackner in einem Video ein Tasting mit alkoholfreiem Wein oder steht mit Mütze und Wintermantel auf einem verschneiten Weinberg und erklärt, was mit einem Weingut im Winter passiert.
„Wein ist einfach so ein tolles Produkt", sagt Lackner, wenn man ihn danach fragt, weshalb der geborene Hamburger Sommelier geworden ist. „Es geht mir nicht bloß ums Konsumieren. Mir geht es auch um die ganze Kultur, die Kulinarik und die Wissenschaft, die dahintersteht."
Auf dem Weg zu den beiden Sylter Weingütern, die Lackner mit seinen Wein-Erlebnistouren betreut, deutet er aus seinem Auto aufs Meer. "Schön, oder?“ Auf der noch leicht von Eis bedeckten Wasseroberfläche spiegelt sich an diesem Freitagvormittag die Sonne.
Weinanbau auf Sylt: Auch für Touristen ein Erlebnis
Dass auf Sylt Wein angebaut werden kann, ist nicht selbstverständlich. Erst eine Änderung des Weingesetzes machte möglich, dass auch auf Sylt kommerzieller Weinanbau stattfinden darf. Mit seiner Bewerbung auf die Weinanbauflächen war Schleswig-Holstein damit das erste norddeutsche Bundesland, das die Rechte 2009 erhielt.
Drei Jahre später kam Lackner nach Sylt. In Hamburg geboren, zog er mit seinen Eltern oft um, unter anderem nach Amerika. Auch nach seinem Betriebswirtschaftsstudium reiste Lackner viel herum. Auf Sylt aber, so sagt er, hat er sein Zuhause gefunden. „Ich brauche das Meer.“ Seine Begeisterung für Wein habe er neben dem Studium beim Jobben in einer Bar entwickelt.
Angekommen auf Sylt arbeitet der 47-Jährige zunächst als Sommelier in dem Kult-Restaurant Sansibar und überblickt damit eine der größten Weinkarten Deutschlands. Kurze Zeit später entwickelt er die Idee der „Sylter Wein-Erlebnistour“ und macht sich selbstständig.
International bekannt: Der Sylter Weißwein
„Immer häufiger hat man mich auf den Sylter Wein angesprochen, wenn ich unterwegs war und erzählt habe, dass ich von der Insel komme". Deshalb entwickelt der Sommelier die Idee, die beiden Weingüter der Insel öffentlich zugänglich zu machen. Die beiden Gutsbetreiber, ein Weinbauer namens Balthasar Ress aus Hessen und der Sylter Hotelier Jörg Müller, waren gleich begeistert, sagt Lackner.
Lackner ist es wichtig, den Ursprung des Weines zu zeigen und auch, was es bedeutet, ihn anzubauen. „Das ist wirklich harte Arbeit, die die Weinbauern hier machen. Außerdem ist es nun mal etwas anderes, einen Wein im schicken Restaurant oder gleich hier, wo er herkommt, zu probieren.“ Abseits der Weinlese bedarf es nämlich viel Zeit für das Beschneiden der Rebstöcke und die Bodenpflege.
Im Gegensatz zu konventionellem Anbau betreiben die beiden Sylter Weinbauern einen ökologischen und nachhaltigen Anbau – ohne Chemikalien und ausschließlich mit organischem Dünger. Hotelier Jörg Müller setzt hierfür beispielsweise alten Kaffesatz ein. „Die Bedingungen für den Weinanbau sind hier auf Sylt echt gut.“ Das Einzige, was den Trauben zu schaffen mache, sei der Wind. Mithilfe sogenannter Windschutznetze könne man aber auch dieses Problem umgehen. Außerdem verhindere dieser wiederum den Befall durch Schimmelpilz.
Und weil Lackner seinen Job liebt, führt der Sommelier nun bereits seit sieben Jahren Gäste zwischen Oktober und März durch den sogenannten oberen und unteren Weinberg in Keitum. Bei gutem Wetter finden die Verkostungen mit Schinken und Käse auch gleich auf dem Weinberg statt. „Es ist spannend, zu sehen, wer hier aufeinandertrifft. Uns besuchen Abiturienten, Rentner oder auch Studenten.“ Deshalb, so Lackner, träfen bei seinen Touren auch so viele verschiedene soziale Schichten aufeinander, darunter durchaus auch Millionäre.
Auch bei Wein gibt es nicht die eine Wahrheit
Und weil man mittlerweile weltweit um Lackners Begeisterung für Wein weiß, wird der Sommelier auch regelmäßig als Speaker für Events gebucht. Dort geht es oftmals, aber gar nicht explizit um Wein, so Lackner. Vielmehr gehe es um die Metaebene und Denkanstöße fürs Leben. „Manchmal braucht es einen Perspektivwechsel im Alltag.“ Und diesen, so der Sommelier, könne man auch mit Wein erhalten. Auch bei Wein gibt es nicht immer "die eine Wahrheit", so der 47-Jährige. Was für den einen sauer schmeckt, sei für den anderen vielleicht gerade richtig. "Jeder vertritt vielleicht seine eigene Wahrheit, aber am Ende ist es doch wichtig, dass man wieder zusammenfindet."
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Wein ist jedenfalls Lackners Leben. Und das merkt man. „Mir geht es darum, meine Begeisterung weiterzugeben und den Sylter Wein für jeden zugänglich zu machen.“ Lackner lehnt es ab, Wein als bloßes Luxusgut zu sehen. Zwar sind die Touren mit 89 Euro pro Person nicht ganz preiswert. Doch dauern sie drei Stunden und enthalten sowohl eine Weinprobe als auch eine kleine Verköstigung.