Sylt. Ein Gespräch mit Björn Mylin über antike Kachelöfen aus Skandinavien, historische holländische Fliesen und ein Familienunternehmen.
Anfang der 90er-Jahre wurde in der Inseldisko an der Dünenstraße noch getanzt. Aber seit 1996 dreht sich in dem weiß getünchten Haus in List alles um das Thema Einrichtung. Hier hat der Flagship-Store der Firma Mylin auf Sylt seinen Standort. Es gibt eigentlich nichts, was es nicht gibt. In dem rund 400 Quadratmeter großen Geschäft wird die gesamte Produktpalette sozusagen zum Anfassen präsentiert.
Es liegen die Holz- und Steinfußböden aus, die aus Italien, Spanien oder Portugal stammen und hier „betreten“ und bestellt werden können. In den Verkaufsräumen stehen mit Leinen bezogene Sofas aus Frankreich, auf alt getrimmte massive Holztische, an den Decken hängen antike Kronleuchter.
Sylt: Kachelöfen sind die „Spezialität“ der Firma Mylin
Die Führung hat beim exklusiven Ortstermin mit dem Abendblatt Björn Mylin übernommen. Der 43-Jährige präsentiert ein historisches Sechser-Fliesenbild aus Holland, welches von um 1800 stammt. „Im Norden war es früher üblich, dass ganze Stuben ausgebaut wurden, und davon sind auch heute noch solche antiken Fliesen erhältlich.“ Vorbei geht es an Porzellan aus Südafrika und deutschen Bauernschränken.
Der Hausherr führt in die erste Etage. Dort steht ein imposanter Kachelofen. Der stammt aus einem Herrenhaus im schwedischen Göteborg und wurde um 1870 erbaut. Und an dieser Stelle kommen wir sozusagen zu einer „Spezialität“ der Firma Mylin. Mit antiken Kachelöfen hatte man schon vorher gehandelt. Aber dann entdeckte Jens-Christian Mylin seine Vorliebe für nordische Kachelöfen. „Mein Vater hat Ende der 80er-Jahre damit begonnen, aus Privathäusern in Skandinavien Kachelöfen auszubauen und diese zu restaurieren und weiterzuverkaufen“, erzählt Björn Mylin. Man habe auch ganze Sammlungen aufgekauft.
Kachelofen kostet um die 8000 Euro
Seit 2001 gibt es eine 3000 Quadratmeter große Lagerhalle mit Werkstatt auf dem Festland in Risum-Lindholm im Kreis Nordfriesland. „Dort werden die Kachelöfen für den Verkauf gewaschen, bekommen ein neues Innenleben und werden für den Verkauf wieder hergerichtet.“ Dafür sind die Ofenbauer zuständig, ebenso für den Einbau bei den Kunden, „dass kann schon mal vier bis fünf Tage dauern.“ So viel Handwerkskunst hat ihren Preis. Für um die 8000 Euro bekommt man einen antiken Kachelofen. Wer etwas Besonderes haben möchte, der kann dafür auch „um die 15- bis 20.000 Euro bezahlen“, berichtet der Experte. Das sind dann aber auch echte Sammlerstücke, die bis zu drei Meter hoch und zum Beispiel künstlerisch bemalt sind.
Und die Modelle stehen nicht etwa nur in Sylter Domizilen unter Reet. Mylin hat im gesamten Bundesgebiet Kunden, auch in der Schweiz, Österreich, auf Mallorca und in Frankreich. „Manche werden sogar von Schweden gekauft und dann dort wieder aufgebaut.“ Es gibt auch Kunden in den USA. „Da sind wir dann allerdings nur die Lieferanten, und Partner vor Ort bauen für uns die Kachelöfen auf“, sagt Mylin.
Das erste Geschäft wurde 1971 in Keitum auf Sylt eröffnet
Die Geschichte des Unternehmens reicht bis in das Jahr 1955 zurück. Der heute 86 Jahre alte Gründer Jens-Christian Mylin, ein gelernter Weinküfer, lebte damals in Heide und beginnt mit Möbeln zu handeln. Sein erstes Geschäft eröffnet der gebürtige Flensburger 1971 in Keitum auf Sylt. In Ristum-Lindholm folgt ein weiterer Laden. 1980 wird in Westerland das dritte Geschäft eröffnet, und seit fast 30 Jahren gibt es auch eine Dependance in Wyk auf Föhr, die 1999 vom Glockenturm an den Südstrand der Insel umgezogen ist.
Seit 1995 ist Björn Mylin, der auf Sylt aufgewachsen ist, an Bord. Er lächelt. „Ich wollte eigentlich Koch werden, hatte schon mein Schulpraktikum im Hotel Stadt Hamburg absolviert. Aber mein Vater sagte dann, ich sollte es mir doch noch mal überlegen.“ Schwupps stand der Sohnemann im elterlichen Geschäft in Keitum, machte eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, später noch ein Studium in Hamburg, das er als Diplom-Kaufmann abgeschlossen hat.
„Jeder hat sein eigenes Aufgabengebiet"
Das Besondere an diesem Unternehmen ist. Es gibt zwölf Angestellte und jede Menge Familie. Seine drei Brüder und die Schwester sind mit im Geschäft. Einen Chef gibt es nicht. „Jeder hat sein eigenes Aufgabengebiet, bei mir ist es der Einkauf von Holz- und Steinfußböden, dafür bin ich in ganz Europa unterwegs.“ Natürlich kennt sich Björn Mylin, wie wir in diesem Artikel bereits erfahren konnten, auch bestens mit Kachelöfen aus, die er eigenhändig aus- und einbauen kann. Einmal im Monat treffen sich die Geschwister übrigens und sprechen übers Geschäftliche. Nichten und Neffen von Björn Mylin sind auch schon mit an Bord.
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Mit seiner Partnerin Daphne und den beiden Kindern – einem sechsjährigen Mädchen und einem zehnjährigen Jungen – lebt der Insulaner in Westerland. Gemeinsames Radfahren und im Sommer entspannen am Strand – an denen, wo nicht so viel los ist – stehen in der Freizeit auf dem Programm. Und Björn Mylin hat – diese Leidenschaft teilt er mit seinen Eltern – eine große Affinität zu Schweden, spricht auch die Sprache.
Sylt: Mylin hat ein Ferienhaus in Schweden
Dort hat er in der Nähe von Malmö ein Ferienhaus mitten in der Natur. „Wir fühlen uns da so wohl, auch wenn es wirklich einsam ist.“ Aber so viel sei an dieser Stelle verraten: Björn Mylin hat diese Herbstferien mit seiner Familie nicht in Schweden verbracht, sondern war ausnahmsweise mal auf der griechischen Insel Kreta. Manchmal tut eben auch ein wenig Abwechslung gut.