Rantum auf Sylt. Der Autor, Musiker und Tausendsassa erzählt von seiner Kunstfigur Pierre Panade und warum er um Niendorf erstmal einen Bogen macht.
Heinz Strunk ist auf Lesereise - passend zur Jahreszeit mit seinem neuesten Bestseller "Ein Sommer in Niendorf", in dem er den selbst vielfach besuchten Urlaubsort in der Lübecker Bucht zum Protagonisten macht. Sein Buch bewegt sich - typisch für den Autor - zwischen Hommage und Verriss des Seebades, ist wie so oft gleichwohl Zumutung und Genuss für den Leser.
Das Abendblatt hat den Autor kurz vor Beginn seiner Lesung im Meerkabarett in Rantum auf Sylt getroffen und mit ihm über "die Insel", Sommerfrische an den deutschen Küsten sowie seine Kunstfigur Pierre Panade geplaudert.
Was macht Heinz Strunk eigentlich auf Sylt - abseits der Lesung von "Ein Sommer in Niendorf" im Meerkabarett Rantum?
Strunk: In den letzten Tagen war ich zweimal in der Sansibar und ansonsten ist der Strandabschnitt vor dem Hotel Sylter Hahn, in dem ich untergebracht bin, ganz schön. Ich war ja schon ungefähr zehnmal hier.
Sie reisen also auch privat auf die Insel. Was macht dieses Fleckchen Erde aus?
Strunk: Ich muss die Vorzüge von Sylt nicht noch gesondert hervorheben, glaube ich. Weiß ja jeder, dass es hier schön ist. Sylt genießt seinen Ruf nicht umsonst. Jetzt nutze ich einfach die Gelegenheit der Lesung, hier noch ein paar Tage zu verbringen. Unter den herausragenden klimatischen Bedingungen, die wir hier gerade haben, ist das natürlich umso schöner.
Nicht nur nach Sylt sind sie bereits mehrfach gereist. Sie waren auch schon mehr als 20-mal in Niendorf am Timmendorfer Strand. Erst kürzlich haben Sie sich dem Örtchen mit "Ein Sommer im Niendorf" sogar literarisch gewidmet. Was hat sie immer wieder dorthin verschlagen?
Strunk: Zum einen die relative Nähe zu Hamburg und zum anderen fand ich es da immer schön. Im Unterschied zum Rest der Lübecker Bucht, den ich nicht so ansprechend finde, habe ich Niendorf als Plätzchen zwischen Travemünde und Timmendorfer Strand immer als ganz gemütlich empfunden. Deswegen war ich da privat ziemlich oft.
Trauen Sie sich nach der Erscheinung des Buches, das nicht nur freundliche Wort für den Ort übrig hat, noch nach Niendorf?
Strunk: Ne, erst mal nicht…
Wussten Sie bereits, als sie das Buch geschrieben haben, dass sich Niendorf als Urlaubsdestination damit erledigt haben wird?
Strunk: Einerseits war ich jetzt oft genug in Niendorf. Dadurch ist es nicht so das große Problem, dass ich da erst mal nicht hinreise. Andererseits habe ich das Buch überhaupt nicht in der Absicht geschrieben, das Örtchen irgendwie "zu beschmutzen". Aber viele Leute können einfach nicht zwischen Werk und Autor trennen. Sei's drum. Ich werde in Zukunft vermutlich eher Richtung Hohwacht ausweichen.
Strunk: Das ist richtig.
Ist "Ein Sommer in Niendorf" denn überhaupt zwingend an Niendorf gebunden? Hätte die Handlung nicht genau so gut in Binz oder auf Sylt spielen können?
Strunk: Nein, das hätte sie nicht. Und zwar aus dem Grund, weil ich relativ intensiv Bezug auf die Tagung der Gruppe 47 von 1952 in Niendorf nehme. Das ist integraler Bestandteil des Buches. Ansonsten hätte es natürlich auch in Sierksdorf spielen können oder in Großenbrode.
Sie machen den Eindruck, als hätten Seebäder es Ihnen angetan. Weshalb benötigen Sie diese Art der "Sommerfrische" in Ihrem Leben?
Strunk: Ich bin relativ bequem, deswegen kommen Fernreisen für mich einfach nicht infrage. Da Hamburg relativ dicht an verschiedenen Seebädern ist, liegt es für mich nahe, zumindest einmal im Jahr dorthin zu fahren. In der Regel sitze ich ja auch nicht den ganzen Tag im Strandkorb, sondern ich mache immer was. Ich kann meine Arbeit schließlich von jedem beliebigen Ort der Welt aus verrichten.
Hätten Sie Interesse daran, auch einmal über Sylt zu schreiben? Finden sich auf der Insel Geschichten, die Sie gern literarisch verarbeiten würden?
Strunk: Bei mir ist es so: Wenn ein Thema abgearbeitet ist, dann ist es für mich durch. Ich versuche, nicht seriell zu schreiben. Deshalb wird es kein zweites "Fleisch ist mein Gemüse" geben und keinen zweiten "goldenen Handschuh". Ich bemühe mich immer, ein neues Sujet, neuen Stoff zu entdecken. Sonst würde ich mich langweilen.
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Dementsprechend haben Sie sich kürzlich eines komplett neuen Projekts angenommen und singen jetzt als Pierre Panade den Ballermann-Song "Breit in 100 Sekunden". Kommen da noch mehr Titel?
Strunk: Das ist als sechsteilige Serie geplant. "Breit in 100 Sekunden" ist Teil dieses musikalischen Repertoires.
Sie haben das Projekt seit geraumer Zeit angekündigt. Warum interessiert Sie die Figur Pierre Panade so?
Strunk: Das ist ja keine reine Ballermann-Geschichte, sondern vielmehr eine tolle Möglichkeit für mich, meine alten Kenntnisse als Tanzmusiker und Komponist noch einmal auszuspielen. Normalerweise ist es so: Bei meinen Lesungen spiele ich am Ende noch ein bisschen Flöte und das war’s dann. Doch ich versuche diesen Spagat, mich so breit aufzustellen, wie es nur irgendwie geht. Ich will Literatur machen, aber auch das Humoristische, Theater, Musik, Film. Pierre Panade, das ist jetzt ein musikalischer Stoff, von dem ich glaube, dass er eine reelle Chance hat, etwas Größeres zu werden. Außerdem: Ich äußere mich immer so despektierlich über Comedy. Jetzt muss ich mal unter Beweis stellen, dass ich es besser kann.