Westerland. Pegida-Ableger aus NRW hatte die Demo angemeldet, nachdem Die Rechte ihre abgesagt hatte. Polizei sorgt sich um Sicherheit in Zügen.
An diesem Sonnabend sollte die Nordseeinsel Sylt Schauplatz für eine rechtsextreme Demonstration werden. Vermutlich hatte der Veranstalter, die 2012 vom mehrfach verurteilten Hamburger Neonazi Christian Worch gegründete Kleinstpartei Die Rechte, die Aktion als Gegenentwurf zu den kürzlichen Demonstrationszügen aus dem linken Spektrum auf der Insel geplant. Vor wenigen Tagen wurde die Veranstaltung jedoch abgesagt, wie Dagmar Schulze als Sprecherin des zuständigen Kreises Nordfriesland bestätigte.
Allerdings hatte kurz darauf der nordrhein-westfälische Ableger der rechtsextremen, islamfeindlichen Organisation Pegida (kurz für: Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) eine Kundgebung am Bahnhof Westerland auf Sylt angemeldet.
Sylt: Pegida-Demo sorgt für Sicherheitsbedenken
Heute Abend hat der Kreis Nordfriesland diese Versammlung der Bewegung Pegida Nordrhein-Westfalen nun wegen unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit untersagt. „Gleich mehrere Gründe flossen in die Entscheidung der Versammlungsbehörde ein, die hierzu im engen Austausch mit dem Ordnungsamt der Gemeinde Sylt sowie der Polizeidirektion Flensburg stand und steht“, heißt es vom Kreis.
„Am Donnerstagnachmittag wurde die Versammlung für Sonnabendnachmittag auf dem Bahnhofsvorplatz in Westerland bei uns angemeldet. Für den gleichen Zeitpunkt und denselben Veranstaltungsort haben wir am 28. Juli morgens jedoch bereits eine andere Versammlung mit bis zu 250 Teilnehmenden schriftlich und schon eine Woche zuvor mündlich genehmigt. Diese wurde am 15. Juli bei uns angemeldet“, erklärt Nina Rahder, Fachbereichsleiterin Sicherheit, Gesundheit und Veterinärwesen.
Bundespolizei kann "Sicherheit in Zügen nicht gewährleisten"
„Aufgrund der Kurzfristigkeit der Versammlungsanzeige der Pegida NRW und der Tatsache, dass es neben der bereits genehmigten Versammlung an diesem Tag noch mehrere Großveranstaltungen auf Sylt gibt, hat uns die Landespolizei darüber informiert, dass es keine Möglichkeit für sie gibt, beide Versammlungen gleichzeitig ausreichend zu schützen. Hinzu kommt, dass die Insel in der Saison voller Urlauber ist und mit Blick auf das angesagte gute Wetter mit einem erhöhten Aufkommen an Tagestouristen zu rechnen ist“, ergänzt Rahder.
Die Bundespolizei hatte der Versammlungsbehörde zudem mitgeteilt, die Sicherheit in den Zügen nicht gewährleisten zu können, da in der Kürze der Zeit keine ausreichende Zahl an Einsatzkräften aufgebracht werden könne. Sonderzüge können von der Deutschen Bahn ebenfalls aufgrund der Kurzfristigkeit nicht zur Verfügung gestellt werden. „Eine Verlegung an einen anderen Ort auf Sylt konnten wir dem Anmelder als Alternative nicht anbieten, da das Problem der nicht zu gewährleistenden Sicherheit bei An- und Abreise sowie auf der Insel selbst dadurch nicht gelöst würde“, so Rahder.
Sylt: Pegida-Ableger wollte in Westerland demonstrieren
Pegida sollte am Sonnabend von 14 bis 16 Uhr unter dem Motto "Deutsche Kultur – auch im hohen Norden" demonstrieren – im selben Zeitfenster wie die abgesagte Neonazi-Demo und mit klarer Bezugnahme auf sie. In einem Facebook-Post der Islamfeinde heißt es zu der Demo: "Deutsche für Deutsche. Die einen sagen ab, die anderen springen ein."
"Durch das 9-Euro-Ticket ist Sylt natürlich in den Fokus der Öffentlichkeit geraten", begründet der Sprecher der Pegida in Nordrhein-Westfalen, Kevin Strenzke, die Wahl des Ortes. Derzeit erwartet er etwa 20 bis 30 Menschen, die an der Aktion teilnehmen. "Um mehr Leute zu mobilisieren, hätten wir die Kundgebung wahrscheinlich eher anmelden müssen", mutmaßt Strenzke.
Als Gründe für den Aufruf zur Kundgebung nennt Strenzke Meinungspluralität und Gesinnungsfreiheit: "Auch im hohen Norden sollte jeder Mensch willkommen sein - egal welcher Gesinnung. Das heißt für mich, dass man als Deutscher seine Meinung kundtun darf. Auch, wenn man ein patriotisch gesinnter Mensch ist und kein Linker."
Sylt: Neonazi-Demo wegen Maskenpflicht und langer Anreise abgesagt
Zuvor hatte Die Rechte ihre Gründe für die geplatzte Demo verraten. Anfangs sei die Veranstaltung noch auf "großes Amüsement und Zustimmung" gestoßen, erklärt Neonazi Worch auf Abendblatt-Anfrage: "Je näher der Termin rückte, desto mehr stellte sich aber heraus, dass die Bereitschaft zur konkreten Teilnahme gering war."
Der Die-Rechte-Gründer nimmt an, dass die Anreise mit dem 9-Euro-Ticket vielen zu langwierig wäre. Das spricht natürlich nicht wirklich für das ursprünglich angedachte Motto der Demonstration, das "Dauerhafte Beibehaltung des 9-Euro-Tickets – Sylt für alle" lauten sollte. Abgesehen von der Reisezeit könnte die "Lästigkeit, dass in Zügen weiterhin Maskenpflicht besteht", Personen aus dem rechten Spektrum von der Fahrt auf die Insel abhalten, so Worch weiter.
SPD sagt Gegendemo ab – Antifa will trotzdem demonstrieren
Als Reaktion auf die Absage der Rechten hat der SPD-Ortsverband Sylt unter dem Vorsitzenden Peter Marnitz seine geplante Gegendemonstration samt Kundgebung wieder abgemeldet. "Das ist als logische Konsequenz zu verstehen", sagte Marnitz. "Uns fällt ja die ,Geschäftsgrundlage’ weg."
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Anders verhält sich das antifaschistische Bündnis "Schwarz-Roter 1. Mai" aus Hamburg, das ebenfalls zur Gegendemonstration aufgerufen hat. "Obwohl die Nazis kneifen, wir werden da sein!", schreiben die Initiatoren in einer Mitteilung. Es sei eine typische Masche Worchs, "mit An- und Abmeldungen von Versammlungen Verwirrung zu stiften", heißt es von dem Bündnis auf Twitter. Deshalb wollen die Linken trotz der Demo-Absage ihrer politischen Gegner auf die Insel.
Sylt: Neonazi-Demo fällt aus? Dann demonstriert man gegen die Reichen
Sollten ihre politischen Feinde tatsächlich fernbleiben, laden die Initiatoren zum Strand in Westerland ein, wo sie mit "Billigschampus, Limo oder Dosenbier", anstoßen wollen. Des Weiteren haben sie vor, "unbequem für alle Reichen" zu bleiben, wie es auf Twitter heißt.
Der Gruppierung zufolge könne es nicht schaden, trotz der abgesagten Neonazi-Demo in einer Kundgebung darauf hinzuweisen, "dass die Realität der Millionär*innen auf Sylt eben keine Normalität ist, sondern dass der Reichtum, der auf dieser Insel zur Schau gestellt wird, nur durch die Ausbeutung der Arbeit der lohnabhängigen Menschen ermöglicht wird."