Kiel. „Unerträglich und inakzeptabel“: Sozialministerin Touré stellt groß angelegte Untersuchung vor. Sprachdefizite bei der Einschulung.

Mehr als jedes fünfte Mädchen und jeder fünfte Junge in Schleswig-Holstein lebt unterhalb der Armutsgrenze. Deutlich überdurchschnittlich betroffen sind Kinder von gering qualifizierten Eltern (53 Prozent) und Arbeitslosen (72 Prozent). Das Armutsrisiko steigt zudem für Kinder von Alleinerziehenden (40 Prozent) oder in Familien mit drei oder mehr Kindern (37 Prozent). Auch sind vier von zehn jungen Migranten in Schleswig-Holstein von Armut betroffen.

Diese Zahlen nannte Sozialministerin Aminata Touré am Donnerstag. „Ich finde das unerträglich und inakzeptabel“, kommentierte die Politikerin der Grünen bei der Vorstellung des Berichts zur Kinderarmut. „Wir müssen alle politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Hebel in Bewegung setzen, damit alle Kinder faire Zukunftschancen haben“, sagte sie.

Kinderarmut: Verlässliche Betreuung als „Stellschraube“

Armut falle nicht vom Himmel, sagte Touré mit dem Blick auf die Ungleichheit im Land. So seien nur sechs Prozent der Kinder aus Familien armutsgefährdet, in denen beide Elternteile arbeiten, einer davon in Vollzeit. Arbeite hingegen nur der Vater oder nur die Mutter, steige das Armutsrisiko für die Kinder gleich auf 30 Prozent, so Touré.

Sie sprach von „Stellschrauben“, mit denen das Armutsrisiko gesenkt werden könne. Eine dieser „Stellschrauben“ sei eine verlässliche Kindertagesbetreuung, eine andere die funktionierende Ganztagsbetreuung in der Schule. Nur: An beiden Stellen ist Schleswig-Holstein wesentlich schlechter aufgestellt als beispielsweise Hamburg.

Kinderarmut kann einen Teufelskreis begründen

„Wer schon als Kind in Armut lebt, hat schlechtere Bildungs- und Teilhabechancen“, sagte Touré. Fehle es im Elternhaus an Einkommen und Bildung, wirke sich das negativ auf den Entwicklungsstand der Mädchen und Jungen bei der Einschulung aus. So sprechen Kinder aus bildungsärmeren Familien besonders häufig schlecht Deutsch.

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Ein Grund: Sie besuchen im Durchschnitt weniger lange die Kita, was die mangelhafte Sprachkompetenz verstärken könne. Auch von Übergewicht und Adipositas sind ärmere Kinder erheblich häufiger betroffen.