Hamburg/Kiel. Geiger Peter Sage wurde im März 2023 mit seiner Frau von der DGzRS gerettet. Wie ihn das schockierende Erlebnis geprägt hat.

Peter Sage, Geiger der Shanty-Band Santiano, hat der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) das Elementarste überhaupt zu verdanken: sein Leben und das seiner Ehefrau Inés. Nach diesem einschneidenden Erlebnis, das fast ein Jahr zurückliegt, revanchiert sich der Musiker nun, indem er mit seiner Band Santiano als Botschafter bei den Seenotrettern anheuert.

Santiano: Norddeutsche Shanty-Band wird Botschafter der Seenotretter

Santiano übernahm vor gut 14 Tagen das Amt vom bisherigen Botschafter Linus Erdmann, dem achtfachen und amtierenden deutschen Kitesurfmeister. Erdmann hatte die DGzRS tatkräftig bei Filmdrehs und Veranstaltungen unterstützt, und mit dem neuen prominenten Support an ihrer Seite dürfte es für die Seenotretter künftig in bewährten Bahnen weiterlaufen. „Als Menschen, die selbst sehr viel Zeit auf See verbringen, wissen wir die Seenotretter sehr zu schätzen. Vor ihrer selbstlosen, herausfordernden und zutiefst menschlichen Leistung ziehen wir unseren Hut“, sagt Santiano-Sänger Björn Both.

Das ist nicht nur so dahergesagt, hat doch Band-Geiger Peter „Pete“ Sage im März 2023 selbst erfahren, wie es sich anfühlt, in Seenot zu geraten, um sein Leben zu bangen und sein eigenes Boot sinken zu sehen. Und er hat erlebt, wie wichtig Menschen sind, die sich mit Leib und Seele der Rettung Schiffbrüchiger widmen.

Peter Sages Horror-Trip in der Kieler Bucht

Es ist der 24. März 2023, ein Freitagnachmittag. Peter Sage und seine Frau Inés sind mit ihrer Segelyacht in der Kieler Bucht unterwegs, von Heiligenhafen soll es nach Olpenitz gehen. Urplötzlich und aus unbekannter Ursache schießt Wasser ins Boot, die beiden müssen schnell runter, weil das Wasser rasant steigt. Und sich auch nicht mehr stoppen lässt.

Dann fallen die Bordelektronik und die Maschine aus. Sage schafft es noch, einen Notruf per Handy abzusetzen und das Beiboot, ein Dinghy, klarzumachen. Darin driftet das Ehepaar mit dem Wind und der Strömung weg. Sie sehen noch mit an, wie ihr Segelschiff sinkt. Aber das ist in diesem Moment nur zweitrangig. Das Wasser in der Ostsee ist 5 Grad kalt. Da bedeutet ein Schiffbruch sofort Lebensgefahr.

Mit dem Tochterboot „Steppke“ des Seenotrettungskreuzers „Berlin“ konnten die Seenotretter Pete Sage und seine Ehefrau von dem Dinghy ihrer gesunkenen Segelyacht retten.
Mit dem Tochterboot „Steppke“ des Seenotrettungskreuzers „Berlin“ konnten die Seenotretter Pete Sage und seine Ehefrau von dem Dinghy ihrer gesunkenen Segelyacht retten. © Die Seenotretter - DGzRS | DGzRS

Seenotretter der DGzRS-Station Laboe laufen unterdessen mit dem Rettungskreuzer „Berlin“ aus, erreichen mit Höchstgeschwindigkeit die Unglücksstelle. Sie sichten den nur noch knapp aus dem Wasser ragenden Mast des Schiffes und kurz darauf auch die beiden Schiffbrüchigen im Dinghy bei aufgewühlter See. „Endlich haben wir die ,Berlin‘ am Horizont gesehen. Die Seenotretter haben das Tochterboot zum Einsatz gebracht und uns gerettet“, sagt Pete Sage.

Santiano als Botschafter der Seenotretter: eine Retourkutsche im besten Sinne

Und er sagt auch: „Die DGzRS hat unser Leben gerettet.“ Die Seenotretter haben „uns bilderbuchmäßig und fürsorglich betreut. Ich bin glücklich und begeistert über so fähige Leute.“ Nun also die Retourkutsche der Shanty-Band im besten Sinne – wohl auch, um nach der geglückten Rettung aus höchster Not etwas zurückgeben zu können. Santiano ist der 25. ehrenamtliche Botschafter der Seenotretter. Die Reihe begann im Jahr 2000 mit Liedermacher Reinhard Mey.

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Seenotretter absolvieren fast 2000 Einsätze im Vorjahr

Ein ähnliches Schicksal wie das der beiden Sages ereilte 500 weitere Menschen, die 2023 von der DGzRS aus Seenot gerettet oder aus Gefahr befreit werden mussten – das waren rund 100 mehr als im Jahr davor. Wie wichtig die Arbeit der Seenotretter ist, dokumentieren die Einsatzzahlen: Die Besatzungen der DGzRS sind auf der Nord- und Ostsee im Vorjahr 1938-mal im Einsatz gewesen und haben mehr als 3500 Menschen geholfen sowie 40 Schiffe und Boote vor dem Totalverlust bewahrt.

Eine (simulierte) Rettung mit dem Tochterboot „Steppke“.
Eine (simulierte) Rettung mit dem Tochterboot „Steppke“. © Die Seenotretter - DGzRS / Joerg Sarbach | DGzRS/ Joerg Sarbach

Die meisten Einsätze gab es an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste (689), gefolgt von der niedersächsischen Nordseeküste (578), der Ostseeküste vor Mecklenburg-Vorpommern (472) und der schleswig-holsteinischen Nordseeküste (199). Unglaublich: Seit ihrer Gründung am 29. Mai 1865 hat die DGzRS bis Ende 2023 nach eigenen Angaben 86.826 Menschen aus Seenot gerettet oder Gefahrensituationen auf See befreit.