Flensburg/Hannover. Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen renommierten Geiger. Seine drei Opfer sollen nicht nur Kollegen gewesen sein.

Es klingt unglaublich: Jahrzehntelang spielte er an herausragender Stelle Geige im renommierten Schleswig-Holsteinischen Sinfonieorchester und begeisterte das Publikum mit seinen gefühlvollen Interpretationen. Doch nun ist ein 62 Jahre alter Violinist gleich mehrerer, grausamer Verbrechen angeklagt.

Im vergangenen Jahr soll der Geiger versucht haben, drei Menschen mit Rattengift zu töten. Seine mutmaßlichen Opfer: die eigene Mutter (93) und zwei Orchester-Mitglieder.

Mordversuch: Geiger soll versucht haben, drei Menschen mit Rattengift zu töten

Dies bestätigte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover, Kathrin Söfker, dem Abendblatt am Donnerstag. Die Anklage laute auf zweifachen versuchten Mord, da die versuchte Vergiftung der Musikerkollegen als eine Tat gewertet werde.

Der erstaunliche Fall beginnt in einem Seniorenheim in Hannover. Dort lebt die 93 Jahre alte Mutter des Beschuldigten. Anfang September wurde sie laut Staatsanwaltschaft mit Blutungen in eine Klinik eingeliefert.

Mordversuch im Sinfonieorchester Schleswig-Holstein: hochwirksames Toxin

Eine Analyse des Bluts der Seniorin ergab, dass sich darin ein hochwirksames Toxin befand: Brodifacoum, ein Stoff, der unter anderem zum Töten von Ratten verwendet wird. Glücklicherweise konnten die Ärzte noch rechtzeitig eingreifen, die 93-Jährige überlebte.

Um den oder die Täter zu finden, fragten die Ermittler unter anderem bei Dienststellen in ganz Deutschland an. Es ging um vergleichbare Fälle, bei denen ebenfalls Rattengift verwendet wurde, um Menschen zu verletzen.

Mordversuch im Sinfonieorchester: Steckte Rattengift im Knoblauch-Dip?

Und tatsächlich wurden die Hannoveraner Beamten ganz in der Nähe, in Schleswig-Holstein, fündig. Dort waren nach den Worten von Staatsanwältin Söfker zwei Musiker aus dem Schleswig-Holsteinischen Sinfonieorchester nach einer Konzertreise von Itzehoe nach Flensburg schwer erkrankt. Auch in ihrem Blut sei Brodifacoum nachgewiesen worden. Auch sie wurden gerettet.

Laut Staatsanwaltschaft soll der Violinist sowohl seine Mutter im Heim kurz vor ihrer Vergiftung besucht haben, als auch mit seinen Kollegen auf Konzertreise gewesen sein. Im Fall der beiden Musiker, ein Mann und eine Frau, soll er ihnen auf der Busfahrt einen Knoblauch-Dip angeboten haben, in dem sich mutmaßlich das Rattengift befand. Dieses soll sich der 62-Jährige zuvor im Internet bestellt haben.

Seit Anfang des Jahres sitzt der 62-Jährige nun in Untersuchungshaft. Sein Prozess soll vermutlich im Juli vor dem Landgericht Hannover beginnen. Bis zum Nachweis seiner Schuld gilt für ihn die Unschuldsvermutung.