Kiel. Der Zustand der Straßen in Schleswig-Holstein schlechter als erwartet. Die Sanierung soll bis 2035 dauern. Dabei spielen auch Farben eine Rolle.

Die Straßen in Schleswig-Holstein sind nach Angaben von Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) in einem schlechteren Zustand als bisher angenommen. Deshalb sind die Planungen für die Sanierung bis 2035 erweitert worden. In den kommenden Jahren sollen jeweils 90 Millionen Euro in die Reparaturen der Landstraßen gesteckt werden. Dazu kommen 20 Millionen Euro für marode Radwege. „Eine vernünftige Infrastruktur ist die Grundlage für Wirtschaft und Wachstum und essenziell, wenn wir ein grünes Industrieland werden wollen“, sagte der Minister auf der Landespressekonferenz.

Insgesamt sind es 550 Millionen Euro, die über die kommenden fünf Jahre in Straßen und Radwege gesteckt werden sollen. „Wichtig ist es hierbei auch, dass wir jedes Jahr die 90 Millionen ausnutzen“, so Madsen. Die Summe sei im Koalitionsvertrag vorgesehen. „Und sollte sich in den kommenden Jahren herausstellen, dass noch mehr Geld nötig ist, werde ich das zur Sprache bringen“, so der Minister.

Über 500 Kilometer Straßen in Schleswig-Holstein sollen bis 2027 saniert werden

Bis 2027 sollen so 564 Kilometer Landesstraßen in Ordnung gebracht werden, sagte Madsen. An den bis 2027 zu sanierenden Landesstraßen verlaufen 242 Kilometer Radwege, die zu 90 Prozent ebenfalls sanierungsbedürftig sind. Hier gehe es zum einen um die Sanierung, aber auch den Ausbau und der Neubau von Radschnellwegen in der gesamten Region.

Allerdings gebe es verschiedene limitierende Faktoren, die eine genaue Prognose für die Sanierung in den kommenden Jahren noch nicht möglich machen würden, so der Minister. „Das ist zum einen die Witterung. Und zum anderen der Fachkräftemangel.“ Der erstrecke sich vom Ingenieurbüro bis zum Lkw-Fahrer. Alle Maßnahmen könnten eben nur geplant und umgesetzt werden mit den nötigen Mitarbeitern. „Sowohl bei uns als auch bei den ausführenden Firmen.“

Straßen in Schleswig-Holstein sind nach Farben unterteilt

Und so warb der Minister auch gleich noch dafür, sich doch bei dem Landes­betrieb Straßenbau und Verkehr zu bewerben. „Wir haben viele tolle verantwortungsvolle Aufgaben bei der Erneuerung der Infrastruktur.“

Das Ministerium teilt seine Straßen und Radwege nach Farben ein. Blau und Grün stehen für einen allgemein guten Zustand, Gelb und Rot für einen schlechten. Derzeit, so berichtet der Minister, seien rund 60 Prozent der Straßen in einem schlechten Zustand, also gelb oder rot. „Das liegt zum einen daran, dass die Annahmen falsch waren. Aber auch daran, dass viele Straßen schneller kaputt gegangen sind, als wir erwartet haben.“ Die Schäden, so das Ministerium, seien oft heftiger als erwartet.

Außerdem seien die Straßen bis zu den 1980er-Jahren mit einem umweltschädlichen Material gebaut worden, was die Sanierung teurer und zeitaufwendiger mache. Und zu guter Letzt: Viele Jahre lang, so der Minister, sei zu wenig in den Erhalt der Infrastruktur investiert worden. „Und das rächt sich jetzt.“ Im Norden gebe es Straßen, die seien 50 Jahre lang nicht angefasst worden, so Madsen.

ÖPNV in Schleswig-Holstein befördert in der Regel nur eine Personengruppe

Nun sei es die Aufgabe, dagegenzusteuern. Und das werde länger dauern als bisher angenommen. Deshalb habe man den Zeitrahmen bis 2035 erweitert. Und hängt damit dem ursprünglichen Zeitplan etwa zehn Jahre hinterher. „Bis Mitte der 2030er-Jahre werden wir dann noch rund 30 Prozent Straßen in einem schlechten Zustand haben.“ Madsens Ziel: „Endlich einen Zustand zu erreichen, in dem wir vor die Entwicklung kommen und ihr nicht mehr hinterherlaufen müssen.“

Unterdessen zeigt eine Recherche des Politikmagazins „Panorama 3“, dass der öffentliche Personennahverkehr in Norddeutschland (ÖPNV) vorwiegend Schülerinnen und Schüler zur Schule und wieder nach Hause befördert. Mancherorts liegt ihr Anteil an der Zahl der Fahrgäste bei 90 Prozent. Erwachsene nutzen den ÖPNV vielerorts kaum. „Panorama 3“ hatte hierfür bei 71 Landkreisen und kreisfreien Städten im Norden entsprechende Daten abgefragt.

Um die im Klimaschutzgesetz vorgegebenen Ziele zu erreichen, müssen insbesondere im ländlichen Raum Alternativen zum Auto vorhanden sein. Der öffentliche Personennahverkehr könnte hier eine Schlüsselrolle spielen. Die Recherchen zeigen, dass der ÖPNV die Funktion eines Pkw-Ersatzes in weiten Teilen Norddeutschlands kaum erfüllt. „Wenn wir die Daten im ländlichen Raum betrachten, dann fällt erst mal auf, dass nur sehr wenige Menschen den ÖPNV nutzen. Also ungefähr vier bis fünf Prozent der Wege auf dem Land werden mit dem ÖPNV zurückgelegt“, sagte der Verkehrsexperte An­dreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gegenüber „Panorama 3“.