Kappeln. Machbarkeitsstudie soll Möglichkeiten für dauerhafte Verbindung zwischen Süderbrarup und Kappeln prüfen. Die Hürden sind hoch.

Schleswig hat sie, Eckernförde auch und sogar Süderbrarup – eine Bahnanbindung. Nur nach Kappeln fährt kein Zug. Zumindest keiner der regulär und regelmäßig verkehrt und eine größere Anzahl von Passagieren befördern kann. Doch das könnte sich künftig ändern.

Die Ostseefjord Schlei GmbH, die Tourismusorganisation für die Region, setzt sich dafür ein, dass im kommenden Jahr eine Studie durchgeführt wird, die eine Bahnanbindung nach Kappeln prüfen soll. „Wir haben Schienen bis in die Innenstadt von Kappeln liegen. Da ist es nur folgerichtig, dass wir auch endlich prüfen, ob ein regelmäßiger Bahnverkehr in die Stadt Sinn macht“, sagt Geschäftsführer Max Triphaus.

In der Machbarkeitsstudie soll erhoben werden, welche Kosten für eine Reaktivierung der Strecke entstünden und welche Möglichkeiten es für die alten Schienen gäbe. „In Zeiten, in denen wir uns als nachhaltiges touristisches Ziel empfehlen wollen, ist das eigentlich ein Muss.“

Kappelns Bürgermeister Joachim Stoll befürwortet eine Bahnanbindung für seine Stadt.
Kappelns Bürgermeister Joachim Stoll befürwortet eine Bahnanbindung für seine Stadt. © Katrin Mainka

Schlei: Bekommt Kappeln bald eine Bahnanbindung?

Aktuell erstellt die Ostseefjord Schlei einen Projekt- und Finanzierungsplan für eine solche Studie. Hiernach müsse geklärt werden, wer die Kosten übernehmen könne, so Triphaus. „Ansprechpartner hierfür sind die Kommunen entlang der Strecke, das Land und die zuständige Bahngesellschaft nah.sh.“ Sollte die Frage geklärt sein, könne eine derartige Studie vergeben werden. Klar ist, teuer würde eine solche Maßnahme werden. Zudem würde ein Umbau einige Jahre in Anspruch nehmen. „Ich kann schon jetzt sagen, in den kommenden Jahren fährt keine moderne Bahn nach Kappeln“, so Triphaus. Darum ginge es aber auch nicht. Vielmehr sei diese erste Maßnahme in die Zukunft gerichtet.

Bisher fährt hier auf den Gleisen nur Museumszug zwischen Süderbrarup und Kappeln, die Angelner Dampfeisenbahn. Zwischen Mai und Ende Oktober konnten Interessierte die alte Strecke immer am Wochenende, in den Sommerferien zusätzlich am Mittwoch, mit dem Zug befahren. „Es war allen immer wichtig, dass die Schienen in Nutzung bleiben“, sagt Triphaus.

Zwischen Süderbrarup und Kappeln fährt ein Museumszug

Über eine Bahnanbindung würde sich vor allem die Tourismusbranche der Region freuen: „Eine Eisenbahnverbindung nach Kappeln wäre für uns als Tourismusbetriebe ein absolutes Highlight“, sagt Bo Teichmann, der in Kappeln drei Hotels betreibt. „In Zeiten, in denen alle von Nachhaltigkeit reden, müssen wir es dringend hinbekommen, dass Gäste nach Kappeln ohne Auto reisen können – und das auch regelmäßig.“

Kappelns Bürgermeister Joachim Stoll befürwortet die Diskussion um eine Anbindung seiner Stadt an das Bahnnetz. „Das wäre natürlich eine große Attraktivitätssteigerung“, sagt er dem Abendblatt. Wenn man die Mobilitätswende wirklich leben wolle, müsse man all diese Maßnahmen zumindest ernsthaft diskutieren. Das Ziel sei es, den motorisierten Individualverkehr, sprich die Autos, zu reduzieren. „Und genau dafür brauchen wir eine derartige Studie, um zu sehen was machbar ist und was nicht“, so Stoll.

Allerdings, so schränkt der Bürgermeister ein. „Die Kosten für ein Bahnanbindung bis Kappeln werden hoch sein.“ Schließlich müsse die Strecke komplett erneuert werden. Dazu muss der von der Museumsbahn genutzte Bereich am Hafen für den Regelverkehr ertüchtigt werden. Hier müsste dann ein sogenannter Mobilitätshub entstehen, damit die Fahrgäste vor Ort auf andere Verkehrsmittel umsteigen können.

Hohen Kosten für Bahnanbindung in Kappeln

Auch die Politiker der Kleinstadt stehen dem Projekt offen gegenüber. „Die Idee, hier wieder eine regelmäßige Anbindung zu haben, ist bestechend“, sagt Horst Trauzettel, CDU-Fraktionsvorsitzender in der der Stadtvertretung und stellvertretender Bürgermeister von Kappeln. Allerdings würde die Idee im Moment noch „im Bereich ich wünsch mir was“ liegen. Das Land Schleswig-Holstein habe bereits die Absicht erklärt, einige alte Bahnstrecken wiederzubeleben. Dazu gehöre nun auch die Strecke Süderbrarup-Kappeln. Zuvor seien aber viele Fragen zu klären, allen voran die Finanzierung.

„So eine alte Strecke zu sanieren ist nicht einfach“, so Trauzettel. Zudem gebe es entlang der Strecke viele landwirtschaftliche Überwege. „Es müsste mit den Landwirten genau verhandelt werden, wie sie dann zu ihren Feldern kommen.“ Zusammen genommen gebe es also eine ganze Menge an Problemen. „Aber sie sind eigentlich alle lösbar.“

Verkehrsministerium setzt sich für Gelder vom Bund ein

Die nah.sh begrüßt eine solche Studie, sieht die Umsetzung der Pläne aber durchaus kritisch. „Die Reaktivierung der Bahnstrecke Kappeln-Süderbrarup ist im Landesweiten Nahverkehrsplan (LNVP) aufgenommen“, sagt ein Sprecher der nah.sh. Allerdings sei das als Maßnahme angedacht, die im Zusammenhang mit dem Aufbau eines S-Bahnsystems für Kiel stehe. „Der im LNVP genannte Zeitraum ist nach 2030.“ Derzeit stünden die finanziellen Mittel schlicht nicht zur Verfügung.

Im aktuellen Koalitionsvertrag des Landes Schleswig-Holstein wird sich laut nah.sh erst einmal nur dafür ausgesprochen, „zu reaktivierende Strecken zur Stärkung des ländlichen Raumes mit ersten bestellten Verkehren nach Möglichkeit zu belegen“. Der Sprecher erklärt: „Dies entspricht aus unserer Sicht beispielsweise den 2021 und 2022 mit finanzieller Unterstützung durch das Land eingeführten saisonalen Zügen Eckernförde-Süderbrarup-Kappeln.“ Gemeint ist der Museumszug, der hier im Sommer verkehrt. Allerdings, selbst dessen Betrieb sei gerade in Gefahr. „Aufgrund der sich abzeichnenden finanziellen Herausforderungen zur Finanzierung des Nahverkehrs in den kommenden Jahren erscheint eine Fortführung dieser Verkehre zumindest kurzfristig eher unwahrscheinlich.“

In Kiel setzt man sich bereits dafür ein, in einem ersten Schritt vom Bund entsprechende Unterstützung für den Museumszug zu bekommen. „Derzeit setzt sich das Land beim Bund für eine deutlich bessere Ausstattung mit den so genannten Regionalisierungsmitteln ein, um den Betrieb der derzeitigen Strecken vor dem Hintergrund stark steigender Kosten zu gewährleisten sowie zu verbessern und eine Entwicklung der reaktivierungswürdigen Strecken zu ermöglichen“, sagt Tobias von der Heide, Staatssekretär im Verkehrsministerium. „Denn auch für die Bestellung der Verkehre auf dem zu reaktivierenden Strecken benötigen wir mehr Regionalisierungsmittel. Es bleibt zu hoffen, dass der Bund seiner Verantwortung für die Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs gerecht wird.“

Das Problem sei derzeit, dass die Kosten bei den Verkehrsverträgen mit den Verkehrsunternehmen wesentlich schneller steigen würden, als die Mittel, die vom Bund bereitgestellt würden. „Daher wird der finanzielle Spielraum für neue Schieneninfrastrukturprojekte enger, solange der Bund den Ländern nicht mehr Finanzmittel zur Verfügung stellt.“

Aktuell nur Busverbindung zwischen Städten

Bürgermeister Stoll weiß, dass es noch Jahre dauern wird, bis seine Stadt an das Bahnnetz angeschlossen sein wird – wenn überhaupt. „So lange müssen wir versuchen, möglichst ein umfangreiches Angebot an anderen öffentlichen Verkehrsmitteln zu bieten“, sagt er. Es gebe beispielsweise bereits eine gute Busverbindung zwischen Süderbrarup und Kappeln. „Hier wurde die Taktung nochmal deutlich erhöht.“ Klar, man müsse das Verkehrsmittel einmal wechseln. „Aber mittlerweile kommt man recht komfortabel hierher, ohne das eigene Auto nehmen zu müssen.“