Scharbeutz. Scharbeutz und Haffkrug erhalten Neubauten. Aus dem Holz der alten Bauwerke wurden Schlüsselanhänger, Vasen und Schmuck.

Ist es das Gefühl, von Wasser umgeben zu sein? Die veränderte Perspektive­ aufs Land? Die scheinbare Nähe zum Horizont? Seebrücken üben eine Faszination aus, wer an einer Promenade spazieren geht, wird von den Bohlen über dem Wasser quasi magisch angezogen – und befindet sich nach kurzer Zeit zwar nur wenige Hundert Meter vom Ufer entfernt und doch weit weg.

Ostseeorte, die etwas auf sich halten, haben eine Seebrücke, eine der bekanntesten findet man auf Rügen in Sellin, die älteste Deutschlands ragt von Usedom aus ins Wasser, und eine der längsten in ganz Europa findet man mit 508 Metern in Heringsdorf. Natürlich gibt es auch welche in der Lübecker Bucht – oder besser gesagt, gab es. Denn die Seebrücken in Scharbeutz und Haffkrug wurden nach rund 40 Jahren abgebaut. Aber nur, um neu wieder aufgebaut zu werden. Damit soll es zwischen Spätsommer und Herbst losgehen. Doch die beiden alten Brücken sind nicht einfach verschwunden: Aus den alten Holzbohlen wurden handgefertigte Erinnerungsstücke geschaffen, die es jetzt zu kaufen gibt.

Ostsee: Seebrücken werden zu Erinnerungsstücken

„Seebrückenholz ist von der Witterung gezeichnet und erzählt Geschichten – das macht es so besonders“, heißt von den Initiatoren­, der Gemeindeverwaltung Scharbeutz und der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht. „Um die alten See­brücken auch nach ihrem Abbruch weiterleben zu lassen, haben wir ein Projekt gestartet, bei dem wir den Seebrücken eine neue Form und den Erinnerungen einen neuen Anker geben wollen. Die Seebrücken sind nicht weg – sie sind nur (wo)anders!“

Und haben durchaus eine andere Form: Das Produktsortiment reicht von Bilder- und Teelichthaltern (38 bzw. 28 Euro) über Vasen (28 bis 38 Euro) und Schlüsselanhängern (19 Euro) bis zu Schmuck. Die Halsketten (89/180 Euro) und Ringe (350/450 Euro) bestehen zum Teil aus 925 Silber mit einem aufgesetzten kleinen Stück Seebrückenholz und werden von einer Künstlerin aus Haffkrug individuell gefertigt. Wer einen Ring erwerben möchte, besucht Silvia Bunke ab September zum Maßnehmen in ihrem Atelier, die fertigen Stücke können nach zwei bis drei Wochen abgeholt oder zugeschickt werden.

So sehen die Schlüsselanhänger aus dem Seebrückenholz aus
So sehen die Schlüsselanhänger aus dem Seebrückenholz aus © www.luebecker-bucht-ostsee.de

Seebrückenkollektion aus nachhaltiger Produktion

Überhaupt sei bei der ganzen Seebrücken-Kollektion auf eine nachhaltige Produktion geachtet worden, und man habe ausschließlich mit regionalen Partnern und Kunsthandwerkern zusammengearbeitet, so die Tourismus-Agentur. So wurden die langen Holzplanken beispielsweise in einer Tischlerwerkstatt in Ahrensburg in kleine Schlüsselanhänger geschnitten und eine Gravur eingebrannt, die kennzeichnet, ob das Holz von der Seebrücke aus Scharbeutz oder aus Haffkrug stammt. Das Schlüsselband des Anhängers besteht aus verloren gegangenen Fischernetzen, die in den Meeren herumtrieben, und die das Start-up Bracenet verwendet, um daraus neue Produkte zu schaffen. Verpackt wurden die Schlüsselanhänger – natürlich in plastikfreien Umschlägen – bei der Stiftung Mensch, ein Sozialunternehmen in Schleswig-Holstein, in dem Menschen mit und ohne Behinderung zusammenarbeiten.

An den Verkäufen verdienen weder Gemeindeverwaltung noch Tourismus-Agentur etwas – vielmehr werden Spenden für zwei Klimaschutzprojekte gesammelt: Von jedem verkauften Produkt wird ein Betrag in die Aufforstung von Bongossi-Bäumen investiert, denn dieses Tropenholz wurde einst für den Bau der alten Seebrücken verwendet. Zudem wird der Bau eines Baum-, Lehr- und Schulpfades rund um den Trinkwassersee in Abouzokope in Togo unterstützt.

Die Vasen gibt es in zwei Größen.
Die Vasen gibt es in zwei Größen. © www.luebecker-bucht-ostsee.de

Ostsee: "Reise" des Holzes kann verfolgt werden

Um die „Reise“ des Holzes, das vier Jahrzehnte in der Lübecker Bucht stand, weiterverfolgen zu können, haben sich die Initiatoren noch etwas ausgedacht: Wer einen Schlüsselanhänger kauft, kann diesen mittels der individuellen Fertigungsnummer in einem Tracking-Tool anonym registrieren und verorten. In einer Online-Karte werden dann die Standorte aller registrierten Schlüsselanhänger dargestellt – und somit sichtbar gemacht, wohin Teile der alten Seebrücken gereist sind.

Erhältlich sind die Stücke der See­brücken-Kollektion online unter www.shop.seebrueckenholz.de sowie vor Ort in der Tourist-Info im Scharbeutzer Kurpark. Weitere Infos rund um das Projekt sind unter luebecker-bucht-ostsee.de/seebrueckenholz zu finden, die Karte zu den neuen Standorten der Schlüsselanhänger gibt es unter luebecker-bucht-ostsee.de/seebrueckenholz-karte.

Ostsee: Futuristische neue Wahrzeichen

Rund vier Monate hat der Abriss der beiden alten Seebrücken in Haffkrug und Scharbeutz gedauert. Im Spätsommer/Frühherbst startet der Neubau, inklusive Umgestaltung der Vorplätze. Neben dem Alter der Bauwerke spielt auch das Klima eine Rolle: So werden die neuen Seebrücken angesichts des ansteigenden Meeresspiegels höher gebaut. Die Kosten liegen bei rund acht Millionen Euro netto (Scharbeutz) und rund sieben Millionen Euro (Haffkrug), das Land Schleswig-Holstein fördert den Bau zu 90 Prozent.

In Scharbeutz kann man von der Seebrücke aufs Board.
In Scharbeutz kann man von der Seebrücke aufs Board. © DKFS Architects London

Die neuen Seebrücken werden etwas futuristisch anmuten – mit spitzen, raumschiffartigen Formen. In Scharbeutz ist ein Steg geplant, von dem aus man direkt zum Stand-up-Paddling, Tauchen oder Segeln aufs Wasser wechseln kann. Statt bisher 260 Meter wird die neue Brücke 276 Meter lang, mit einer großen Aussichtsplattform am Ende, auf der es Bänke und Liegen, zum Teil auf einer Rasenfläche, geben wird. In Haffkrug wird es noch etwas ausgefallener: Die Seebrücke wird im Zickzack verlaufen und an der Spitze mit zwei Stockwerken enden.

Die neue Seebrücke in Haffkrug erhält zwei Stockwerke. 
Die neue Seebrücke in Haffkrug erhält zwei Stockwerke.  © SWUP GmbH

Von der oberen Plattform können Besucher durch eine Glasabdeckung die Schiffe beobachten, die eine Etage tiefer an- und ablegen. Auf dem Weg dorthin ist im vorderen Teil eine überdachte Tribüne für Veranstaltungen geplant, dahinter wird es ein „Panoramadeck“ mit Sonnenliegen und einen Spielplatz geben. Um das alles unterzubekommen, wird die neue Seebrücke mit 230 Metern ganze 65 Meter länger als die alte.