Kiel. Wirtschaftsprüfer haben ein Gutachten erstellt, in dem sie der Frage nachgingen, ob die politische Berichterstattung beeinflusst wurde.

Ein Gutachten hat keine Hinweise auf systematische oder bewusste Verstöße gegen die Programmgrundsätze des Norddeutschen Rundfunks (NDR) im Programm in Schleswig-Holstein gefunden. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte stellte am Mittwoch in Kiel das Ergebnis einer externen Sonderuntersuchung vor, die das NDR-Kontrollgremium Landesrundfunkrat Schleswig-Holstein in Auftrag gegeben hatte.

Führungskräfte des öffentlich-rechtlichen ARD-Senders im Landesrundfunkhaus Kiel waren in den vergangenen Wochen durch Medienberichte ins Blickfeld geraten. Im Kern ging es um die Frage, ob Vorgesetzte die landespolitische Berichterstattung von Kollegen gezielt beeinflusst haben könnten. Die Rede war auch von einem politischen Filter. NDR-Mitarbeiter forderten lückenlose Aufklärung. Der ganze Fall führte zu personellen Konsequenzen auf Führungsebene: Politikchefin Julia Stein und Fernsehchef Norbert Lorentzen traten zurück.

NDR-Affäre: Gutachten findet keine Beeinflussung, aber „Schwachstellen“

Ein Vertreter von Deloitte erläuterte zu dem Gutachten zugleich: In sechs untersuchten Fällen könnte durch Fehler im Programmablauf, mangelhafte interne Kommunikation, unklare Rollen und Funktionen, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie mangelnde Sensibilität im Hinblick auf die Tragweite und den politischen Kontext von Beschwerden „der Anschein entstanden sein“, dass involvierte Mitarbeiter oder Führungskräfte in Kiel Programmgrundsätze missachtet hätten. Das Gutachten sieht dazu in mehreren organisatorischen Bereichen des Senders Verbesserungspotenzial.

Die Landesrundfunkratsvorsitzende Laura Pooth sagte laut Mitteilung: „Der NDR ist gefordert, schnell Abhilfe zu schaffen – auch zum Selbstschutz der Journalisten.“ Schon der Anschein von Parteilichkeit müsse unbedingt vermieden werden. Pooth sagte auch: „Im Landesfunkhaus wird nach journalistischen Kriterien gearbeitet und in Summe ausgewogen berichtet. Es wurden jedoch Schwachstellen festgestellt, darunter die Nichteinhaltung korrekter und transparenter Beschwerdewege.“

NDR-Affäre: „Nicht akzeptable Kultur“ im Landesfunkhaus Kiel

Im September sah eine interne NDR-Aufarbeitung den Vorwurf gegen Führungskräfte in Kiel im Zusammenhang mit einer möglichen Einflussnahme auf die politische Berichterstattung nicht bestätigt, gleichzeitig aber „deutliche Defizite in der redaktionellen Steuerung“ und eine mindestens in Teilen „nicht akzeptable“ Kultur im Landesfunkhaus bemängelt.

„Belege für einen 'politischen Filter' konnten wir im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein nicht finden“, hieß es in dem Bericht. „Wir sehen einzelne tagesaktuelle Entscheidungen kritisch, aber für einen solch massiven Vorwurf müsste die Berichterstattung des Landesfunkhauses über einen längeren Zeitraum systematisch ausgewertet werden. Das war in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.“

Auch in Hamburg hatte es nach Vorwürfen gegen die Leiterin des dortigen Landesfunkhauses, Sabine Rossbach, eine Untersuchung gegeben. Auch in diesem Fall hatte eine interne Überprüfung „keinerlei Korruptionstatbestände“ ergeben, die journalistische Arbeit sei aber „durch mangelndes Vertrauen beeinträchtigt“. Rossbach hat ihr Amt zum 1. April 2023 zur Verfügung gestellt.