Oldenbüttel. Bianka Wolf hält 22 Eulen – von der kleinen Weißgesichtseule bis zum größten Uhu der Welt. Mit manchen können Besucher schmusen.

Hausnummern gibt es nicht an der Dorfstraße in Oldenhütten. Aber dort, neben der Auffahrt zu einem historischen Anwesen mit teils renovierungsbedürftigen Backsteingebäuden, weist eine große Holzeule den Weg. Hier muss es sein, das Domizil von „Eulenfrau“ Bianka Wolf, die eine Entspannungstherapie anbietet, von der bislang die wenigsten gehört haben dürften: das „Eulenkuscheln“.

„Eulen faszinieren Menschen. Der Umgang mit ihnen ist so entspannend, weil sie eine sehr große Ruhe ausstrahlen“, sagt Bianka Wolf, die 22 Eulen hält. Nicht alle von ihnen eignen sich zum Kuscheln. Aber Kandidaten wie Gandalf, einer niedlichen Weißgesichtseule, genießen das Beisammensein mit Menschen. Mit ihnen besucht die 44-Jährige Kindergärten, Altenheime und Hospize (für den Hospizverein Hohenwestedt arbeitet sie ehrenamtlich), begleitet Therapiesitzungen und bietet Fotoshootings an.

Eulenfrau Bianka Wolf bietet „Eulenkuscheln“ an

Oder eben Kuschelstunden auf ihrem Hof: Bis zu vier Personen können dann eine Stunde lang mit ihr und einer Eule verbringen. 125 Euro kostet das „Eulenkuscheln“, das neben Besuchern aus ganz Deutschland auch schon welche aus Holland und der Schweiz angelockt hat (die-eulenfrau.de).

„Bitte nur über Brust und Rücken streichen, und nicht zu laut sprechen. Eulen haben sehr empfindliche Ohren“, bittet die „Eulenfrau“. Wir sitzen mittlerweile in dem Raum, den sie mit einem Sofa, zwei Sesseln und Eulenbildern an den Wänden für die Kuschelstunden eingerichtet hat. Mit von der Partie ist Gandalf, mit dem vor sechs Jahren alles anfing – ein flauschiges grau-braunes Kerlchen mit langen Ohrbüscheln und einem hellen, schwarz umrandeten Gesicht.

Die mit 25 Zentimetern kleinste Eule auf dem Hof genießt es sichtlich, wenn man sie streichelt oder die Nase in ihr flauschiges Brustgefieder steckt. Bei den Besuchern bleibt Gandalf brav auf dem Falknerhandschuh sitzen, der mit seinem Fußband verbunden ist. Bei Bianka Wolf ist er dort nicht zu halten, sondern flattert auf ihre Schulter, von wo aus er – wenn er sich reckt – zärtlich an ihrer Wange knabbern kann.

"Elenfrau" im Norden: „Eigentlich wollten wir einen Hund

Der „Eulenfrau“ – groß, die langen Haare etwas zerzaust, blitzblaue Augen – sieht man an, einen Hang zum Spirituellen und Mystischen hat. Aber auch, dass sie sehr tatkräftig ist. Tatsächlich hat die gelernte Raumausstatterin auch schon eine Ausbildung zur Heilpraktikerin, einen Jagd- und einen Falknerschein gemacht sowie Kinderyoga und Ernährungsberatung angeboten, erzählt sie uns – denn zum Eulenkuscheln gehört auch die Geschichte, wie sie zu ihren Eulen kam.

Ihr Motto laute: „Einfach machen“, sagt Bianka Wolf. Mit der Betonung auf machen. Ihr Mann Manuel, Zimmerermeister und Heilpraktiker der Psychotherapie, ist ein ähnlicher Typ. Und deshalb zögerten die beiden auch nicht lange, als sie vor sechs Jahren auf einem Mittelaltermarkt das erste Mal eine Weißgesichtseule sahen. „Eigentlich wollten wir einen Hund, aber dann haben wir uns für Gandalf entschieden“, sagt sie. Sieben Tage war er da alt.

Käuze für Auswilderungsprojekt zur Verfügung gestellt

Im Laufe der Zeit folgten weitere Eulen, Käuze und Uhus. Sie leben in großen, von Manuel Wolf gezimmerten Volieren – und blicken von dort aus mit ihrem abgeklärten Eulenblick, aber dennoch neugierig nach draußen. Sie alle haben unterschiedliche Augenformen, verschiedene Gesichtsschleier, kleine oder große Federohren – und dadurch einen ganz eigenen Gesichtsausdruck. Da ist zum Beispiel Fee, ein Malaienkauz, deren Gesicht ein bisschen an ein Äffchen erinnert. „Sie wurde in einer Falknerei groß gezogen, aber nicht gut behandelt“, berichtet Bianka Wolf nach der Kuschelstunde.

Weil Fee mit ihren riesigen Augen sehr häufig blinzelt, kann man bei ihr gut erkennen, dass sie – wie alle Eulen – drei Augenlider hat: eins unten, eins oben, und hinter dem oberen die sogenannte Nickhaut. In der Voliere nebenan leben die Steinkäuze Pippilotta und Ephraim, die von einem privaten Falkner verkauft wurden. Ihre Nachkommen haben die Wolfs den Steinkauzfreunden Dresden für ein Auswilderungsprojekt überlassen – samt kostenlosem Transport. „Wir finden solche Naturschutzprojekte wichtig“, sagt die „Eulenfrau“.

Der nächste, den sie uns vorstellt, ist Boron, ein Schnee-Eulen-Terzel (so heißen die Eulenmännchen, die Weibchen werden Weib genannt). Ihn haben die Wolfs von einem schwerkranken Mann, der sich nicht mehr kümmern konnte. Ihr Sohn Owen fände, der Terzel müsste Hedwig heißen, wie die Schnee-Eule aus Harry Potter, erzählt Bianka Wolf. In der Voliere nebenan sitzt Radagast, ein Chacokauz. „Er ist mit Gandalf groß geworden, die beiden sind beste Kumpel.“ Seit sein Weib Ronja und er eine Tochter haben, bleibt Radagast lieber „en familie“. Früher hat auch er beim „Eulenkuscheln“ mitgemacht