Rosenhagen. Ein Hamburger Architekt will den touristisch noch nicht erschlossenen Teil der Lübecker Bucht aufwerten. Was er plant – und wo.
Dieser Blick über den roten Mohn, die Felder hinüber zur Ostsee, wo gerade eine Stena-Line-Fähre aus Richtung Travemünde kommend am Horizont auftaucht, ist es, was Rosenhagen in der Lübecker Bucht ausmacht.
Hier oben von der Dachterrasse auf der Ferienanlage Gutshof Rosenhagen aus, ist dieser Ausblick besonders beeindruckend. Eine Gruppe um den Hamburger Architekten Florian Köhler hat den kleinen Ort zwischen dem Priwall und Boltenhagen für sich entdeckt und will das Gebiet mit exklusiven Ferienwohnungen touristisch erschließen. Dieser Plan hat ziemlich lange gedauert.
Ostsee: Auszeit in Rosenhagen für gestresste Großstädter
Noch sind die zukünftigen Ferienwohnungen nicht alle fertig, doch schon ab August sollen gestresste Großstädter aus Hamburg und Berlin etwa hier in der ländlichen Idylle ihre Auszeit buchen können. So der Plan. Baustellengeräusche dann noch inklusive.
Das Lebensgefühl an diesem Ort: naturnah und doch nah am Leben. Ländlich bedeutet hier tatsächlich nichts als weite Felder, Wiesen und die Ostsee mit ihrem Naturstrand ohne Strandkörbe. Die flach abfallende See lädt zum Baden an den nicht überlaufenen Stränden ein. Hier kann man Natur pur genießen. Der Strand ist rund vier Gehminuten von dem Häuserensemble, das sich Gutshof Rosenhagen nennt, entfernt. Die legendäre Viermastbark Passat, das Maritim Strandhotel in Travemünde sind von dort aus zu sehen, und doch erscheint die Welt hier im östlichen Teil der Lübecker Bucht in der Gemeinde Dassow eine ganz andere zu sein.
Keine Bebauung am Strand, Natur pur
Keine Strandbebauung, keine Hotelklötze, keine Promenaden, keine schicken Boutiquen und stylische Restaurants. Alles ist ursprünglich. Und so ist die östliche Lübecker Bucht zwar kein Geheimtipp mehr, aber doch für viele Hamburger noch Neuland, das es zu entdecken gibt.
Im Bereich Dassow mit seinen Ortsteilen Pötenitz, Rosenhagen, Harkensee und Barendorf gibt es zwar viele Ferienhäuser und Ferienwohnungen, eine touristische Infrastruktur fehlt aber: „Einkaufsmöglichkeiten gibt es nur in Dassow, ganze drei Restaurants mit eher bescheidenem Angebot und für Touristenorte unergründlichen Öffnungszeiten“, meldet Hans Espenschied vom Dassow Tourismus e.V. „Veranstaltungen für Touristen: Fehlanzeige, wenn nicht private Initiativen, wie unser Verein oder die Naturstation Neuenhagen etwas anbieten. “
Keine trostlose Leere in der Nebensaison
Ferienanlagen, wie bereits in Barendorf und in Rosenhagen, würden von den Einheimischen durchaus kritisch gesehen. „Auch weil dort gerade im Spätherbst und in den Wintermonaten tote Hose herrscht, die Anlagen fast ausgestorben sind, die meisten Häuser leer stehen.“
Genau diese trostlose Leere möchte das Team um Florian Köhler eben nicht. „Ich möchte langfristig mit dazu beitragen, diese Region zu beleben. Das ist ein echter Sehnsuchtsort.“, sagt Köhler, der Urlaubern diese Ecke der Ostsee näherbringen möchte. Damit die Ferienwohnungen von November bis Februar genauso attraktiv sind, haben die Wohnungen Kamine und Saunen. „Und tolle große Innenräume, die man gerade besonders dann genießen kann, wenn draußen das Wetter tobt.“
20 Jahre von der Idee bis zur Fertigstellung
2002 hatte Köhler das Fleckchen entdeckt. Aber: Von der ersten Idee bis zur Realisierung und geplanten Fertigstellung im August hat es 20 Jahre gedauert. Denn schon einmal war dort eine Ferienanlage geplant, aus der dann doch nichts geworden war. Die Verantwortlichen in der Gemeinde waren zunächst skeptisch. „Hier war verbrannte Erde hinterlassen worden. In deren Augen kamen wieder nur ein paar Investoren und dann noch Hamburger“, sagt Köhler, der hartnäckig war und dran blieb. Dort, wo nun 16 Wohnungen im Scheunengebäude und weitere 28 in anderen Gebäuden entstehen werden, standen lediglich ein paar Häuser, der Rest war Rapsfeld. Das bereits existierende Ferienhausgebiet mit den Häusern nebenan kam 2012.
Florian Köhler, der mit seinem Kompagnon Thomas Seifert, mit seiner Frau Bettina und anderen daran arbeitet, diesen Ort auch für andere Menschen erlebbar zu machen, schwärmt beim Blick von der Dachterrasse hinaus in den Naturpark Harkenbäkniederung. „Zwischen den Bäumen das Rauschen der Ostsee, unverbaubare Landschaft – und doch ist das Leben der neuen Marina am Priwall nicht weit weg.“
Ein stilvoller Rückzugsort an der Ostsee
Einen stilvollen Rückzugsort möchten Köhler und seine Mitstreiter hier schaffen. Um die Ruine der alten Ziegelscheune, letzter noch verbliebener Teil einer ehemals prächtigen Gutshofanlage, wächst in einem Landschaftsgarten ein neues Hof-Ensemble mit modernen Loftwohnungen hinter traditionellen Ziegelsteinen. Das Konzept: Großzügigkeit, riesige Fenster mit Blick zur Ostsee, natürliche Materialien wie Eichenholz werden verwendet. Die Wohnungen, zwischen 56 und 215 Quadratmeter groß, haben hohe Decken und ganz viel Platz und Luft zum Atmen.
„Es sind wirklich außergewöhnliche Wohnungen, teilweise über drei Etagen und besonders von den Dachterrassen kann man die Schiffe auf ihrem Weg nach Skandinavien beobachten. Wir haben etwas Kleines, Nachhaltiges entwickelt“, so Köhler. Der Traum eines jeden Architekten: Er kann ein Projekt von Beginn an planen, so dass es besonders gut wird.
Ostsee: Vorbild für das Projekt inRosenhagen ist das Gastwerk in Hamburg
„Nun erwacht es langsam zum Leben und wir freuen uns, wenn wir unseren Kreis erweitern können“, so Köhler, der hofft, dass viele andere Menschen diesen Ort für sich entdecken und ihn zu schätzen wissen – sei es als Feriengast oder zukünftiger Wohnungseigentümer. Vorbild für die Häuser, für die Köhler alte gebrauchte Ziegelsteine aus Polen kauft, ist übrigens das Gastwerk in Hamburg. Rund 25 bis 30 Millionen Euro haben Köhler und seine Partner investiert.
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Nun könnte man einwenden, dass Wohnungen für Einheimische wichtiger sind als Ferienapartments. „Es sind auch noch Kapazitäten an Wohnraumentwicklung vorgesehen, um auch ein Wohnen zu ermöglichen“, sagt Stefan Westphal, stellvertretender Bürgermeister von Dassow. Die Raumordnung der Landesplanung Mecklenburg Vorpommern habe die Fläche zur Entwicklung des Tourismus freigegeben. „Denn die reinen Wochenendhäuser erzeugen „toten Dörfer““, sagt Westphal. Deshalb werden dort auch keine Wochenendhausgebiete genehmigt, sondern nur Feriengebiete mit möglichst ganzjährigen Gästen.
Wintertage am Kamin und in der Sauna
„Die Ferienwohnungen dort dürfen zwar auch von den Eigentümern bewohnt werden, aber überwiegend sollen sie in die Vermietung an wechselnde Feriengäste gehen. Damit haben zum einen die übrigen Bewohner von Mecklenburg die Möglichkeit, ihre Küste in ihren Ferien nutzen zu können und der Tourismus der wechselnden Feriengäste ist auch für die örtliche Wirtschaft besser, denn die üblichen Zweitwohnsitze stehen die meiste Zeit des Jahres leer“, so Florian Köhler.
„Der klassische Sommerstrandurlaub mit der Familie oder Freunden ist hier ebenso möglich wie ruhigere Frühjahrs- oder Herbstwochen mit den Annehmlichkeiten des nahen Travemündes oder Timmendorfer Strandes — oder Wintertage am Kamin und in der privaten Sauna.“ Die ersten Wohnungen in Haus Nummer 5 werden zum August fertig, die übrigen dann im kommenden Jahr. 2024 soll dann auch die alte Scheune fertig sein. Der Plan: dort soll eine Whiskybar entstehen, die größte an der deutschen Ostseeküste sogar.
Infos unter www.gutshof-rosenhagen.de Preise: je nach Saison und Wohnungsgröße zwischen 150 und 350 Euro die Nacht. Es gibt während der Bauphase für den August spezielle Preise.
Ostsee: Gut Rosenhagen liegt im ehemaligen Grenzgebiet
Rosenhagen liegt im ehemaligen Grenzgebiet zwischen der früheren DDR und der Bundesrepublik. 1961 bis zur Maueröffnung trennten Stacheldrahtzäune das Dorf von der Ostsee. Bis in das 16. Jahrhundert hinein war Rosenhagen ein Bauerndorf. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts gehörte Rosenhagen als Meierei zum Gut Harkensee, das sich zu der Zeit im Besitz der Familie von Bülow befand.
1867 ließ der neue Eigentümer Domänenrat Meno Rettich ein Herrenhaus errichten. Dieses ließ C. F. Hauswaldt nach dem Erwerb des Gutes 1892 umbauen. Es heißt, dass Kaiser Wilhelm II. auf seinem Weg zu Kuraufenthalten in Travemünde gern im Herrenhaus Station machte. Nach 1945 und der Enteignung der letzten Gutsbesitzer, Familie Mann, kamen im Gutshaus Flüchtlinge unter; später wurde es als Ferienheim und Konsum-Verkaufsstelle genutzt. Nachdem das Haus dann einige Jahre leer stand, wurde es in den 1970er Jahren abgerissen.