Eddelak. In Dithmarschen bietet eine Landwirtin älteren Menschen eine Welt voller Glücksmomente. Was der Meves-Hof alles zu bieten hat.
Sie ist so aufgewachsen, wie es sich viele als Kind erträumen: Auf einem Bauernhof inmitten der Natur und mit vielen Tieren. Das schätzt Urte Meves auch als Erwachsene immer noch so sehr, dass sie dieses Glück mit anderen teilen möchte. Die Landwirtschaft hat sie auf dem elterlichen Hof in Dithmarschen zurückgeschraubt, stattdessen erleben auf ihrem Bauernhof Menschen mit Demenz, Menschen mit psychischen Problemen und Kinder soziale Landwirtschaft. Sie erleben, wie gut die Nähe zu Tieren und der Natur tut, wenn auch nur für wenige Stunden. Für ihr Engagement hat sich Frau Meves nun für den CeresAward 2022 des lv Deutscher Landwirtschaftsverlags als Unternehmerin des Jahres qualifiziert.
Meves-Hof gibt Menschen seit neun Jahren ein neues Zuhause
Umgeben von saftig grünen Feldern lebt Urte Meves mit ihrem Mann hier in der Weite Dithmarschens. Sie sitzt bei einem Glas Wasser mit frischer selbst angebauter Melisse in ihrem verwunschenen Garten vor dem Haus. Verwunschen deshalb, weil der Bauerngarten die Besucher sofort in eine andere Welt entführt, in eine ganz nah an der Natur mit einem Barfußpfad, mit einem rollstuhlgerechten Hochbeet, mit Himbeer- und Johannisbeersträuchern und Apfelbäumen. Naschen erlaubt – vorausgesetzt es ist die richtige Jahreszeit! „Jeder, der sich ein bisschen Glück wünscht, ist willkommen“, sagt die 41-Jährige.
Und das sind seit neun Jahren immer mehr ganz unterschiedliche Menschen. Begonnen hat die gelernte Hauswirtschafterin und Landwirtin mit psychisch kranken Erwachsenen, die dort auf dem Hof zwischen Katzen, Schafen, Ziegen, Hühnern und Ponies einmal ihre ganzen Sinne spüren und erleben konnten statt in ihrem Zuhause nur herumzusitzen. „Ich wollte schon immer auf diesem Hof Glücksmomente schaffen. Ich hatte hier zwischen der Natur und den Tieren die glücklichste Kindheit.“
Auf Meves-Hof gibt es ein Wohnzimmer im Stil der 1940/50er Jahre
2004 hatte Urte Meves den Hof von ihren Eltern übernommen und sich schnell vom Ackerbau verabschiedet. Heute liegt der Schwerpunkt auf der Haltung von einer recht kleinen Rinderherde mit 30 Muttertieren und auf dem Sozialen. Angehörige von Pflegebedürftigen bekommen eine Auszeit, während die zu Pflegenden auf dem Hof aufleben können. „Da sind demenzkranke alte Menschen, mit denen wir plattdeutsche Lieder singen, die unser Huhn Gertrud auf dem Arm halten und streicheln und sich so an ihre eigene Kindheit auf dem Land erinnern“, sagt Frau Meves. Diese Erinnerungen seien so wichtig für Demenzkranke.
Urte Meves hat in ihre Vier-Jahreszeiten-Scheune extra ein Wohnzimmer im Stil der 1940er/50er Jahre aufgebaut. Alte Lieder klingen an diesem Tag wie immer aus dem uralt Radio. Die Bauernhofpädagogin und ihre ehrenamtlichen Helferinnen kümmern sich stundenweise um pflegebedürftige Menschen. „Und die Angehörigen gehen dann mal in Ruhe in Brunsbüttel Kaffee trinken oder gehen joggen.“ Der barrierearme Bauernhof für Menschen mit Demenz ist ein Unterstützungsangebot im Alltag, bedeutet: die Kosten von 15,63 Euro die Stunde ohne Eigenanteil von der Pflegekasse übernommen werden.
Vater von Urte Meves war an Parkinson-Demenz erkrankt
Und was demenzkranke, alte Menschen und Kindergartenkinder hier erleben? Sie können die Tiere streicheln und füttern, den Garten der Sinne mit Barfußpfad, Schaukel, Weidentunnel und Musikinstrumenten entdecken, im Klüterschuppen mit Naturmaterialien basteln, Wolle der Schafe Anna und Elsa verarbeiten. Besonders schwer sei es, für demenzkranke Männer eine Beschäftigung zu finden. „Die Männer sind zufrieden, wenn sie Flügelschrauben auf- und wieder zudrehen“, sagt Frau Meves. Hört sich seltsam an? Es ist aber dieses haptische Erleben, die Wiederholungen, die ihnen gut tun.
Urte Meves weiß das so genau, weil ihr eigener inzwischen verstorbener Vater an Parkinson-Demenz erkrankt war. Dieses Schicksal hat sie erst dazu gebracht, sich besonders um Demenzkranke zu kümmern und ihnen einen Wohlfühlort zu geben. Meves ist es wichtig, dass Menschen nicht isoliert leben, sondern einen Platz haben und auch im Alter ein Teil der Gesellschaft bleiben. Ein intergenerativer Obst- und Gemüsegarten verbindet Jung und Alt genauso wie die Tiere.
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Der Meves-Hof ist für einen Preis nominiert
Ihren Erfolg sieht Urte Meves täglich. „Wenn Menschen, die sonst verstummen, wieder sprechen. Wenn der alten Frau, die ein Huhn streichelt, die Tränen kommen, weil sie das an ihre Kindheit erinnert.“ Denn: „Das Herz wird nicht dement.“ Viele der Menschen, die hierherkommen, sind in der Landwirtschaft groß geworden. „Die Gerüche, das Streicheln eines Tieres weckt dann Erinnerungen. „ Einen vorgegebenen Plan hat sie nicht. Sie muss sich täglich auf jeden Einzelnen neu einstellen. „Das richtet sich immer danach, wie die Menschen an dem Tag drauf sind. Dafür braucht man Empathie.“ Und diese hat Urte Meves, die so gern lacht. „Lachen tun wir hier alle viel und ständig“, sagt sie. Und lacht.
Mit der Nominierung für den CERES-Preis zählt sie bereits zu den 30 besten Landwirtinnen im deutschsprachigen Raum. Ob sie am 12. Oktober in Berlin mit dem Sieg in ihrer Kategorie ausgezeichnet oder sogar zum „Landwirt des Jahres“ gekürt wird, entscheiden Juroren, die die Kandidaten auf ihren Höfen besuchen und bewerten.Infos: www.meves-hof.de