Kiel. Die CDU sondiert mit Grünen und FDP eine Regierungsbildung. Günthers Ziel: Jamaika in der Neuauflage. Machen die Partner mit?

Wäre nur die Länge der Gespräche entscheidend für die Frage, wer leichter zusammenkommt, dann dürfte in Schleswig-Holstein viel für ein schwarz-gelbes Bündnis sprechen. Gut zwei Stunden sondierten CDU und FDP am Dienstagnachmittag, mehr als doppelt so lange dauerten die Verhandlungen von CDU und Grünen, die am Morgen gestartet waren. Konstruktiv und harmonisch verliefen beide Gesprächsrunden, lobten die Verhandlungsführer jedenfalls hinterher. Die inhaltlichen Übereinstimmungen von CDU und FDP sind hingegen größer.

Zur Begrüßung und quasi als erstes Statement an die Grünen hatte die Landes-CDU am frühen Morgen noch Facebook genutzt. Statt auf der Plattform auf die Themen Bildung oder Innere Sicherheit einzugehen – hier sind die inhaltlichen Schnittmengen der beiden Wahlsieger vom 8. Mai sicher am geringsten – stellte man im Internet das gemeinsame Ziel in den Vordergrund: „Klimaschutz, der Arbeit schafft“. Das CDU-Motto aus dem Wahlkampf dürften die Grünen voll umfänglich unterschreiben.

Landtagswahl SH: Günther will Jamaika fortsetzen

Und so betonten die Verhandlungsführer Daniel Günther für die CDU sowie Monika Heinold und Aminata Touré für die Grünen denn nach der Sondierung auch erst einmal die konstruktive und angenehme Gesprächsatmosphäre. Für die CDU saßen neben Günther die Ministerinnen Karin Prien (Bildung) und Sabine Sütterlin-Waack (Inneres) sowie Fraktionschef Tobias Koch am Verhandlungstisch. Der trug als politisches Statement gleich mal eine grüne Hose. Die habe er schon bei der Bundestagswahl angehabt, als er sich ein Jamaika-Bündnis gewünscht hatte. Daraus wurde bekanntermaßen nichts. „Ich finde, jeder hat eine zweite Chance verdient, auch meine Hose“, sagte Koch dam Dienstag.

Ministerpräsident Günther, der Jamaika in Schleswig-Holstein gern fortsetzen würde, obwohl ein CDU-Bündnis mit der FDP oder mit den Grünen eine satte Mehrheit hätte, lobte denn auch die gute Zusammenarbeit in der Regierung. „Wir haben erfolgreich gearbeitet und viele Konflikte im Land gelöst“, warb Günther für eine Fortsetzung. „Unser neuer Politikstil hat Schleswig-Holstein geprägt.“ Aus Sicht der CDU biete Jamaika als breit getragenes gesellschaftliches Bündnis eine gute Gewähr auch für eine erfolgreiche Arbeit in den nächsten fünf Jahren. In der Sondierung mit den Grünen habe man die „gesamte Themenpalette“ besprochen und ausgelotet, wo „Knack- und Konfliktpunkte“ für eine Neuauflage lägen.

CDU will Klimaschutz, Wohnungsbau – und eine schnelle Entscheidung

Als Ziel der neuen Landesregierung gab der CDU-Chef in beiden auf die Verhandlungen folgenden Presserunden aus, bürokratische Hemmnisse abzubauen, um ehrgeizigere Klimaschutzziele schneller zu erreichen und beim Wohnungsbau voranzukommen. „Wir dürfen nicht so langsam bleiben“, sagte Günther nach der Runde mit der FDP, mit der er sich hier im Einklang weiß. Während Günther nach der Runde mit den Grünen vor allem für mehr Klimaschutz warb, betonte er nach der Sondierung mit der FDP auch die Bedeutung der Themen Innere Sicherheit, Fachkräftemangel und Wirtschaftsentwicklung. Bei diesen Themen sind die Schnittmengen mit der FDP größer.

Das Land stehe vor riesigen Herausforderungen, sagte FDP-Parteichef Heiner Garg am Abend und verwies auf die Herausforderungen durch den Klimawandel und die finanziellen Folgen der Pandemie. Diese Herausforderungen könnten nur mit einer „starken wirtschaftlichen Entwicklung gewuppt“ werden. Seine Schlussfolgerung: „Wir brauchen eine tragfähige und dauerhaft stabile Landesregierung.“ Die „klare Präferenz“ der FDP sei ein Bündnis mit der CDU, aber man sei „offen für Jamaika“.

Das Selbstbewusstsein der CDU ist mit ihren Prozenten bei der Wahl gestiegen. „Wir wollen als stärkste Kraft mit 43,4 Prozent eine klare CDU-Handschrift hinterlegen, kündigte Günther an. Er will schnell eine Entscheidung der CDU herbeiführen, wie es jetzt mit der Bildung der neuen Landesregierung weitergeht. Am Mittwoch berät der geschäftsführende Landesvorstand intern über die Sondierungen. Deren Abschluss plant Günther im „Lauf der Woche“, sodass anschließend gleich die Koalitionsverhandlungen starten können.

Jamaika 2.0? Grüne würden lieber in ein schwarz-grünes Zweierbündnis gehen

Wie der Ministerpräsident kündigte auch seine grüne Stellvertreterin im Kabinett, Monika Heinold, eine Vorentscheidung bis Ende der Woche an. Die Grünen schließen eine Neuauflage des Jamaika-Bündnisses nicht aus, wenngleich sie lieber ohne die FDP nur mit der CDU koalieren würden. Man betont viele inhaltliche Überschneidungen mit der Union, sieht in der FDP hingegen einen Bremser in Sachen Klimaschutz. Die Frage, die die Grünen sich – und der CDU stellen – lautet denn auch: „Was soll die FDP im Kabinett?“

Die Grünen waren mit der Doppelspitze Heinold und Aminata Touré bei der Wahl angetreten und jetzt in die Verhandlungen gegangen. Touré betonte die Präferenz für ein Zweierbündnis mit der CDU. Die erste Sondierung habe die inhaltliche Nähe von Schwarz-Grün deutlich gemacht und gezeigt, dass es eine „gute Perspektive gibt, konsequenten Klimaschutz in Verbindung mit sozialer Gerechtigkeit umzusetzen und das Land stabil zu regieren“, sagte Touré. Man sei aber auch bereit, über andere Konstellationen zu sprechen. Für die Grünen hatten auch Fraktionsvize Lasse Petersdotter und der Landesvorsitzende Steffen Regis mit der CDU verhandelt.

Auch die FDP würde lieber nur mit der CDU regieren – schließt Jamaika aber nicht aus

Die FDP hatte als einzige aus dem Dreierbündnis bei der Landtagswahl ordentlich verloren, war bei 6,4 Prozent gelandet. Für sie verhandelten neben Garg Wirtschaftsminister Bernd Buchholz, Fraktionschef Christopher Vogt und Bundesvize Wolfgang Kubicki mit der CDU. „Unsere Präferenz heißt Schwarz-Gelb“, sagte FDP-Spitzenkandidat Buchholz vor Beginn der Gespräche. „Der Ministerpräsident will ja offensichtlich eine Jamaika-Koalition herstellen. Wenn er das hinbekommt, dann sagen wir: Wir sind dabei.“ Darauf angesprochen, in einem Dreierbündnis ohne Notwendigkeit möglicherweise das fünfte Rad am Wagen zu sein, sagte er: „Die Ausgangslage ist für die Grünen wie für uns: Es reicht jeweils mit dem anderen allein. Das ist eine andere Situation als nicht gebraucht zu werden.“

Bei der Landtagswahl am 8. Mai hatte sich die CDU auf 43,4 Prozent gesteigert, die Grünen hatten auf 18,3 Prozent ebenfalls kräftig zugelegt.