Westerland. Ferienappartements, frei finanzierte und günstige Mietwohnungen werden in der Inselhauptstadt entwickelt. Die detaillierten Pläne.
Die Friedrichstraße ist die Flaniermeile in Westerland auf Sylt. Und in den Straßen rund um die berühmte Fußgängerzone herrscht ein regelrechter Bauboom. In einem Umkreis von ein paar Hundert Metern werden sechs Projekte realisiert, und weitere sind in Vorbereitung. In erster Linie werden Ferienappartements errichtet, aber es gibt auch ein Bauvorhaben mit 23 frei finanzierten Mietwohnungen eines Hamburger Projektentwicklers.
An drei weiteren Standorten in Westerland baut das KLM (Kommunales Liegenschafts-Management) aktuell 106 Wohnungen, die zu günstigen Konditionen an Insulaner und Menschen, die auf Sylt arbeiten, vermietet werden sollen.
Sylt: In Westerland wird fleißig gebaut
Das Abendblatt hat sich vor Ort umgeschaut: Logierhaus Ebbe & Flut – so hat Familie Riel ihr Bauvorhaben genannt. Das entsteht an der Bismarckstraße. Auf dem Grundstück stand bereits ein in den 60er-Jahren erbautes Wohn- und Geschäftshaus, das sich in ihrem Eigentum befand. Jetzt steht ein Kran auf dem Areal. Die ersten Wände im künftigen Erdgeschoss sind bereits errichtet. „Es hat in dem alten Gebäude einen Brand in einem Weinlager unseres Mieters gegeben. Das hat uns, die Entscheidung zu treffen, das Gebäude abzureißen und neu zu errichten, erleichtert“, sagt Marcus Riel, der das Abendblatt zum Gespräch in seinem Büro an der Andreas-Dirks-Straße unweit der Strandpromenade empfängt.
Sein Vater hat das Unternehmen Reinhold Riel Immobilien bereits 1969 gegründet. Neben dem Makeln vermitteln die Riels Ferienwohnungen- und Häuser, haben rund 470 Objekte in ihrem Bestand. Und weitere 20 Ferienappartements plus einer Dauerwohnung – es ist vorgeschrieben, dass man eine Mietwohnung in einem Objekt mit Ferienwohnungen hat, die dauerhaft vermietet werden – kommen mit dem Projekt Ebbe & Flut dazu. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, dieses Grundstück zu entwickeln und die Immobilie in unserem Bestand zu behalten. Das ist eine begehrte Lage unweit der Friedrichstraße, die bei Feriengästen sehr beliebt ist“, sagt Riel.
Logierhaus Jonna: „Anfang Juni fertig sein“
Und mit einem Benefit für die potenziellen Kunden wird bereits auf einem Banner am Bauzaun geworben. „Wellnessbereich und 20-Meter-Pool“ - das dürfte eines der längsten Schwimmbäder auf der Insel sein. Zwei bis Vier-Zimmerwohnungen sind geplant, zwischen 55 und 90 Quadratmeter groß. „Diese Ferienappartements werden hochwertig – und individuell ausgestattet“, sagt Riel. Wenn auf der Baustelle alles läuft, sollen die ersten Gäste Ostern 2023 im Ebbe & Flut Urlaub machen.
Direkt gegenüber sticht das Haus mit der strahlend weißen Fassade sofort ins Auge. An den Außenflächen wird noch gearbeitet, aber ansonsten sieht das Logierhaus Jonna so aus, als wenn hier gleich die ersten Gäste einchecken könnten. Die müssen sich aber noch ein wenig gedulden. Denn die Handwerker sind mit dem Innenausbau beschäftigt. „Wir wollen Anfang Juni fertig sein“, kündigt Frank Emde im Abendblatt-Gespräch an. Der Projektentwickler aus Arnsberg-Neheim im Sauerland realisiert dieses Bauvorhaben mit seinem Bruder Steffen. Der ist für die „Statik, Bauphysik und Planung des Gebäudes verantwortlich, das eine moderne Symbiose aus Bäderarchitektur und moderner Architektur bildet“, so Frank Emde.
Was kostet der Traum vom eigenen Appartementhaus?
Zwölf Ferienwohnungen mit Flächen zwischen 56 und 102 Quadratmetern, drei Dauerwohnungen und zwei Zweitwohnungen – die die Bauherren nutzen werden – sind hier entstanden. „Alle Wohnungen werden hochwertig eingerichtet und haben einen eigenen Balkon“, sagt Emde.
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Im Erdgeschoss auf der Ladenfläche wird das Einrichtungshaus Flintermann einziehen, das auch schon im alten Gebäude ansässig war. Das wurde 2020 abgerissen. „Wir hatten Glück. Wir haben über einen Makler dieses Grundstück in bester Lage von Westerland kaufen können. Wer hier wohnt, hat den Strand und die Friedrichstraße in unmittelbarer Nähe“, sagt Emde. Zudem sei Westerland der Hauptort der Insel. Die Sauerländer sind seit Langem Sylt-Urlauber und „wollten auch mal etwas eigenes auf der Insel entwickeln. Deshalb behalten wir das Logierhaus Jonna auch in unserem Bestand“, sagt Emde. Was der Traum vom eigenen Appartementhaus gekostet hat? Dem Vernehmen nach dürften es um die 15 Millionen Euro inklusive Grundstücksankauf sein.
Hamburger Investoren bauen in Westerland
Wenige Meter weiter an der Bismarckstraße wurde vor Kurzem ein Bauzaun aufgestellt. Dort steht das Gästehaus Blankenese samt Anbau. Auch hier soll nach Abendblatt-Informationen neu gebaut und zumindest Teile des Gebäudes abgerissen werden. Das Grundstück soll von dem Betreiber einer Hamburger Schönheitsklinik erworben worden sein. Der Mediziner reagierte auf mehrfache Abendblatt-Anfrage nicht.
Nur einen Steinwurf entfernt an der Bötticherstraße neben dem Haus Friesland wurde ein altes Gebäude bereits abgerissen und ein Bauzaun aufgestellt. Eigentümer des Grundstücks soll ein Sylter Versicherungsmakler sein, der auf eine Abendblatt-Anfrage ebenfalls nicht reagierte.
Dort, wo früher an der Bötticherstraße die Pension Diana stand, baut der Hamburger Projektentwickler Axel John Beyer zwölf Ferienappartements – inklusive zweier Penthouses – und eine Dauerwohnung. Die Bauarbeiten haben bereits begonnen. Die Fertigstellung ist bis Ende 2023 geplant. „Wir bauen hier nachhaltig, und die Einrichtung der Wohnungen wird luxuriös sein“, sagt Projektleiter Erik Holler.
Sylt: 23 Wohnungen im Haus Wilhelm
Sämtliche Wohnungen sollen verkauft werden. Damit wurde der ortsansässige Makler Eric Weißmann beauftragt. „Der offizielle Vertrieb der Wohnungen hat noch nicht begonnen, aber es sind schon zahlreiche Interessenten vorgemerkt“, sagte Weißmann dem Abendblatt. Wie hoch die Preise sein werden, das stehe noch nicht fest, so Weißmann. Der Hamburger Axel John Beyer realisiert derzeit 21 Wohnbauprojekte auf der Insel. Darunter auch Reetdachhäuser in Kampen und Wenningstedt.
Mit Dieter Becken errichtet ein weiterer Hamburger Investor einen Neubau in der City von Westerland. Im Wilhelm, benannt nach der Straße, an der das Gebäude liegt, sind 23 frei finanzierte Mietwohnungen entstanden, die bereits alle vermietet sind. Der Erstbezug ist im Mai geplant. Im Erdgeschoss ist die Fläche an die Drogeriemarktkette Rossmann vermietet. Dem Abendblatt sagte Dieter Becken, Geschäftsführender Gesellschafter der Becken Holding GmbH: „Bei unserer Projektentwicklung Wilhelm, in prominenter Lage Westerlands, war es mir wichtig, dass wir gleichzeitig Stadtreparatur betreiben. Die Bäderarchitektur aus dem 19. Jahrhundert, die leider vielerorts verloren gegangen scheint, konnten wir hierbei behutsam wiederherstellen.“ Es sei sein persönlicher Wunsch gewesen, an diesem Standort ein nachhaltiges und charakterstarkes Gebäude mit Einzelhandelsfläche in Kombination mit hochwertigen Wohnungen zu entwickeln, so Becken weiter.
„Deutlich mehr Wohnraum für Sylter“
Unterdessen baut das KLM, ein Eigenbetrieb der Gemeinde Sylt, in Westerland bezahlbaren Wohnraum. Wenn die Wohnungen öffentlich gefördert sind, dann startet die Kaltmiete pro Quadratmeter laut Betriebsleiter Marcus Kopplin bei 6,75 Euro. „Ansonsten liegen die Preise der frei finanzierten Mietwohnungen des KLM bei um die 10,70 Euro“, sagt Kopplin.
An der Breslauer Straße sollen 42 Mietwohnungen im September bezogen werden. An der Königsberger Straße sind 34 Mietwohnungen geplant, die im August 2023 bezugsfertig sein sollen. In der Nähe vom Bahnhof Westerland an der Kjeirstraße/Westhedig sollen 160 neue Wohnungen gebaut werden. In die ersten 30 sollen im Februar 2023 die Mieter einziehen. Für die Neubauten werden Altbauten abgerissen. „Wir schaffen durch Nachverdichtung deutlich mehr Wohnraum für Sylter und Menschen, die hier auf der Insel arbeiten. Und das zu Mieten, die sich auch untere Einkommensgruppen leisten können“, sagt Betriebsleiter Kopplin.