Schleswig-Holstein. Der Mega-Trend im Norden: Camping. Besonders die Schleiregion boomt. Welche Orte bei den Übernachtungszahlen auch zugelegt haben.

Die Schleiregion ist der absolute Tourismus-Gewinner im Norden. Das Feriengebiet rund um Kappeln und Eckernförde verzeichnete im vergangenen Jahr ein Plus bei den Übernachtungen von 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr – keine andere Urlaubsregion in Schleswig-Holstein konnte so viel zulegen.

Den Erfolg führt der Kieler Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) auch auf die sehr erfolgreichen Modellprojekte zurück, mit denen die Schleiregion und Eckernförde bereits früher als andere ab 19. April 2021 nach langer pandemiebedingter Schließung wieder das Reisen unter Coronabedingungen ermöglichten. „Das wurde sehr gut angenommen“, so Buchholz bei der Vorstellung der Tourismuszahlen am Montag.

Tourismuszahlen: Wo an Nord- und Ostsee am liebsten Urlaub gemacht wird

Dahinter folgen Dahme mit einem Plus von 22 Prozent bei den Übernachtungen 2021 und Kiel (plus 17 Prozent). Sankt-Peter-Ording konnte bei den Übernachtungen 13 Prozent zulegen, Lübeck mit Travemünde sowie auch Grömitz jeweils 12 Prozent, Fehmarn sowie Wyk auf Föhr jeweils 11 Prozent und die Gemeinde Sylt 10 Prozent. Timmendorfer Strand, für viele Hamburger so etwas wie ihr Hausstrand, kam 2021 nur auf ein Plus von drei Prozent. Heiligenhafen musste sogar ein Minus von 9 Prozent verkraften.

In absoluten Zahlen verzeichnete Sylt mit 2,7 Millionen die meisten Übernachtungen, gefolgt von Lübeck (1,75 Millionen Übernachtungen) und Sankt Peter-Ording mit 1,5 Millionen Übernachtungen.

Wenn es einen Mega-Trend beim Tourismus im Norden gibt, dann heißt der: Camping. So wurden 2021 auf den landesweit 275 Campingplätzen mehr als 5,3 Millionen Übernachtungen gezählt – so viele wie noch nie. Das war gegenüber dem Vor-Coronajahr 2019 ein Plus von 24,7 Prozent. So viel legte in diesem Bereich kein anderes Bundesland zu. „Die Zahlen sind durch die Decke gegangen“, so Buchholz. Viele Urlauber schätzten gerade in der Pandemie die Möglichkeit, auf den Campingplätzen relativ unabhängig zu sein, Abstand halten zu können und der Natur nah zu sein. Schleswig-Holstein steht beim Camping nun bundesweit auf dem zweiten Platz hinter Bayern, das über sehr viel mehr Campingplätze verfügt.

Reisende aus Dänemark, Österreich und der Schweiz fehlen noch

Insgesamt ist die Tourismusbranche in Schleswig-Holstein vergleichsweise zufrieden mit der Entwicklung im Jahr 2021 – und das, obwohl die touristischen Angebote zu Beginn des Jahres viereinhalb Monate geschlossen blieben. So startete die Saison erst am 17. Mai. Danach konnten noch 32,38 Millionen Übernachtungen gezählt werden. Das sind zwar 12 Prozent mehr als 2020, aber immer noch zehn Prozent weniger als im Jahr 2019.

„Grundsätzlich gut gemeistert, so lässt sich das Ergebnis des Schleswig-Holstein-Tourismus 2021 zusammenfassen“, sagte Buchholz. Zum Referenzjahr 2019 fehlen noch 3,58 Millionen Übernachtungen. „Aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bilanz in vielen Betrieben gemischt ist. Da gibt es die, die durch die Premiumlage am Strand ein Spitzenergebnis erzielten, aber eben auch viele Betriebe aus Tourismus-, Freizeit- und insbesondere Veranstaltungswirtschaft, die erheblich gelitten haben und noch lange nicht über den Berg sind“, so Buchholz. Ausländische Reisende aus Dänemark, aber auch Österreich und der Schweiz fehlten noch weitgehend, ergänzte Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH. Auch das Tagungsgeschäft sei noch immer in schwierigem Fahrwasser, der Städtetourismus ziehe hingegen wieder an.

Tourismus an Nord- und Ostsee: „Das Meer, die Küsten wurden zu Sehnsuchtsorten“

„Wie bereits in den Vorjahren sind die Menschen auch 2021 vorwiegend an die Küsten von Nord- und Ostsee gereist. Die größten Volumenbringer waren die Kreise Nordfriesland mit 8,8 Millionen Übernachtungen, Ostholstein mit 7,9 Millionen Übernachtungen und die Stadt Lübeck mit 1,76 Millionen Übernachtungen. Dabei ist durchaus eine Konzentration auf die Sommermonate zu verzeichnen. Die hohen Gästezahlen im Sommer bedeuten auch einen Stresstest für Einwohnerinnen und Einwohner. Die Besucherakzeptanz wird eines der wichtigen Aufgabenfelder für die nähere und weitere Zukunft im Tourismus werden“, so Bunge.

Doch pandemiebedingt haben viele Deutsche Urlaub im eigenen Land gemacht – und davon hat Schleswig-Holstein besonders profitiert. „Das Meer, die Küsten wurden zu Sehnsuchtsorten“, sagte Bettina Bunge. So konnte sich Schleswig-Holstein 2021 bei der Zahl der Übernachtungen im Wettbewerb der Bundesländer vom vierten auf den dritten Platz vorarbeiten (hinter Bayern und Baden-Württemberg). Niedersachsen folgt auf Platz vier, Mecklenburg-Vorpommern auf Rang sechs.

Schleswig-Holstein soll zur Ganzjahres-Destination werden

Aber: Nirgendwo blieben die Gäste so lange wie in Schleswig-Holstein, wo eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer von fünf Tagen gemessen wurde (Mecklenburg-Vorpommern: 4,9, Niedersachsen 3,6 Tage).

Vorsichtig optimistisch blickt man auch in die Zukunft: Der Sommer ist bereits an den Küsten gut gebucht, ebenso – wenn auch etwas schwächer – Ostern.

Doch große Herausforderungen bleiben: Zum einen zieht es die Deutschen im dritten Jahr der Pandemie vermehrt wieder in den Süden – Schleswig-Holstein muss im Wettbewerb gegen Mittelmeerziele bestehen. Zudem gab es zwar viel Auftrieb an den Küsten, im Binnenland aber weniger. Diese Urlaubsregionen sollen mit einer Kampagne „Das Mehr zwischen den Küsten“ stärker vermarktet werden. Und das nördlichste Bundesland soll zur Ganzjahres-Destination werden, sagte Bettina Bunge. 2021 wurden zwischen Mai und Oktober 77 Prozent des Tourismusvolumens erzielt.

Die Top 15 Orte und Gemeinden im Jahr 2021 (im Vergleich zum Vorjahr)

  • Gemeinde Sylt (+10 Prozent)
  • Lübeck mit Travemünde (+12 Prozent)
  • Sankt Peter-Ording (+13 Prozent)
  • Grömitz (+12 Prozent)
  • Fehmarn (+11 Prozent)
  • Timmendorfer Strand (+3 Prozent)
  • Büsum (+5 Prozent)
  • Wyk auf Föhr (+11 Prozen)
  • Scharbeutz (+6 Prozent)
  • Wenningstedt-Braderup (+4 Prozent)
  • Kiel (+17 Prozent)
  • Kappeln (+45 Prozent)
  • Heiligenhafen (-9 Prozent)
  • Dahme (+22 Prozent)
  • Kellenhusen (+3 Prozent)