Hamburg/Kiel. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident will mehr Freiheiten. Auch die grüne Fraktionschefin in Hamburg ist für Öffnungen.
Unmittelbar vor dem nächsten Bund-Länder-Treffen hat sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther für Öffnungsperspektiven ausgesprochen. „Wir sind in einer Phase, in der wir zumindest das, was wir bisher kannten an Einschränkungen, ja auch deutlich zurückfahren können“, sagte der CDU-Politiker am Montag im Deutschlandfunk. Günther sprach sich dafür aus, „einen großen Schritt in Richtung Normalität zu gehen, der für alle nachvollziehbar ist“. Der Blick auf die Inzidenzen und Auslastungen der Intensivstationen zeige, dass das Gesundheitssystem nicht überlastet werde. „Wir haben jetzt Möglichkeiten, die Schutzmaßnahmen ein Stück zurückzufahren“, sagte der CDU-Politiker dem Sender. Am heutigen Dienstag berät die Koalitionsspitze um Günther, Finanzministerin Monika Heinold von den Grünen und Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) über die nächsten Lockerungsschritte in Schleswig-Holstein.
Günther hält weiter an einer zumindest einrichtungsbezogenen Impfpflicht fest. „Denn auch in dieser Phase der Pandemie müssen wir vulnerable Gruppen stärker schützen als andere.“ Zuvor hatte der CDU-Politiker im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ bereits für verständlichere und weniger kleinteilige Corona-Regeln geworben. „Wir müssen uns jetzt wieder mehr auf die Basisschutzmaßnahmen konzentrieren und auf die Eigenverantwortung der Menschen verlassen.“
Nicht nur Günther will Lockerungen in Schleswig-Holstein
Auch Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Christopher Vogt spricht sich für Corona-Lockerungen aus. „Es droht uns keine Überlastung des Gesundheitssystems mehr, sodass weitere Grundrechtseinschränkungen zurückgenommen werden müssen.“ Der FDP-Politiker plädiert für ein unterschiedliches Tempo der Lockerungen in einzelnen Regionen. „Die Omikron-Welle hat den Nordwesten Deutschlands und damit auch Schleswig-Holstein früher erreicht als andere Teile der Republik“, sagte Vogt. „Wir können bei den Maßnahmen deshalb nicht auf die anderen Regionen warten, sondern müssen schauen, was für Schleswig-Holstein sinnvoll und notwendig ist.“
Klarheit fordert Vogt von der Runde der Ministerpräsidenten auch beim Thema Impfpflicht. „Wenn mehrere Ministerpräsidenten die einrichtungsbezogene Impfpflicht in ihren Bundesländern nicht umsetzen wollen, sollten sie vielleicht damit aufhören, von der Ampel die Einführung der allgemeinen Impfpflicht einzufordern“, sagte er. Die Corona-Politik der Union sei derzeit „ein Stück aus dem Tollhaus“. Man könne nicht Maßnahmen vehement einfordern und sich dann bei der Umsetzung in die Büsche schlagen.
Wirtschaftsminister will Öffnungen für Hotels und Gastronomie
Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) fordert Lockerungen für Hotels und Gastronomie. „Die 2G-plus-Regeln müssen spätestens zum Ende des Monats oder Anfang des nächsten Monats fallen.“ Es sei notwendig und möglich, auch den Diskotheken, der Veranstaltungsbranche und den Schaustellern in den kommenden Tagen eine klare Perspektive zu geben, „dass ab Mitte März die Geschäfte dann auch wieder in altbewährter Manier laufen können“, sagt Buchholz.
Für eine Öffnung in der Veranstaltungsbranche spricht sich auch die Grünen-Fraktionschefin in der Hamburgischen Bürgerschaft, Jennifer Jasberg, aus: „Man sollte an den Bund appellieren, zumindest die Öffnung von Kultur, Nachtleben und Sportveranstaltungen unter einheitlichen Regeln zu vollziehen, sollte sich die Dynamik so fortsetzen wie bisher. 2G plus, aber ohne Personenbegrenzung können wir uns zum Beispiel vorstellen.“ Es sei wichtig, für die Veranstaltungs- und Kulturbranche Planbarkeit herzustellen. „Mit der Entfernung von 2G im Einzelhandel sind wir in Hamburg einen richtigen Schritt gegangen. Der nächste Schritt sollte das Wegfallen der Sperrstunde in der Gastronomie sein.“ Es brauche zudem eine klare Linie für die Öffnung von Nachtleben, Stadien und Konzerthallen. Weitere mögliche Lockerungsetappen wären laut Jasberg weniger Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich oder das Wegfallen der Maskenpflicht im Schulsport.
Auch Hamburg will bei Öffnungen mitgehen
Bei der Ministerpräsidentenkonferenz müsse Hamburg „klar nach vorne gehen. Wir sind in der Bringschuld als Bundesland, das zusammen mit Schleswig-Holstein als erstes aus der Welle rauskommt“, sagte Jasberg. „Bei der Omikron-Welle sind wir Vorhut gewesen und haben zwei Wochen vor allen anderen Bundesländern Verschärfungen beschlossen. Daher sollten wir Taktgeber sein bei weiteren Lockerungsschritten.“
Bezüglich des auf Bundesebene diskutierten Freedom Days äußerte sich die Grünen-Fraktionschefin ebenfalls deutlich: „Ich halte es für plausibel und habe große Sympathie dafür, bei Fortsetzen der aktuellen Dynamik und keiner Überlastung des Gesundheitssystems, einen Termin im März anzuvisieren und zu sagen, dann fallen alle Maßnahmen weg.“
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SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf äußerte sich etwas verhaltener, appellierte jedoch ebenfalls an ein bundeseinheitliches Vorgehen. Die Diskussion über einen Freedom Day halte er jedoch für verfrüht. „Jetzt geht es darum, sich weiterhin verantwortungsvoll zu verhalten, bei Lockerungen, bei der Einhaltung von Regeln und beim Impfen. Nur so kann auch langfristig die positive Entwicklung verstetigt werden.“