Lübeck. In Lübeck entsteht die „Neue Meile“ mit 339 Wohnungen und einem Park. Auch historische Güterhallen und ein Wasserturm gehören dazu.
Auf einer acht Hektar Industriebrache südwestlich des Lübecker Hauptbahnhofs, auf der bis vor Kurzem noch die historischen Verladehallen und Lokschuppen eines ehemaligen Güterbahnhofs verfielen, entsteht ein modernes Quartier zum Wohnen und Arbeiten.
Das seiner Ausdehnung wegen „Neue Meile“ genannte Projekt schafft eine Verbindung zwischen der äußeren Bebauung des Stadtteils St. Lorenz Süd und den Bahngleisen und wird sich in drei Bereiche gliedern: Im Süden in geschwungener Linie die Wohnbebauung mit 339 Wohneinheiten, dahinter eine Grünfläche, die sich wie eine Achse durch das Areal zieht, und im Norden die ehemaligen, dann zum Teil rekonstruierten Güterhallen, ein Neubau mit Studentenwohnungen und ein Hotel. Ein denkmalgeschützter Wasserturm aus der Bauzeit des 1907 in Betrieb genommenen Güterbahnhofs setzt den westlichen Schlusspunkt des neuen Quartiers.
Immobilien: „Neue Meile“ wird „Urbanes Gebiet“
Gebaut wird die „Neue Meile“ vom Hamburger Unternehmen Wohnkompanie Nord. Geschäftsführerin Nicole Müller rechnet damit, dass das Projekt auch für Hamburger interessant ist.
„Angesichts von Wohnungsmangel und Homeoffice kann es durchaus reizvoll sein, nach Lübeck zu ziehen.“ Statt 1,8 Millionen gebe es hier nur 220.000 Einwohner, aber ebenfalls eine hübsche Stadtsilhouette (mit sieben Kirchtürmen), eine Altstadt mit Welterbestatus, viel Grün, die Trave und die Wakenitz und sogar einen Hafen. Die Ostsee erreiche man in 20 Minuten, Hamburg in einer Dreiviertelstunde, der Nähe zum Hauptbahnhof wegen auch mit der Bahn.
Anders als in Hamburg wurde in Lübeck für die „Neue Meile“ erstmalig ein „Urbanes Gebiet“ ausgewiesen. Diese im Bauplanrecht noch recht neue Kategorie soll in Städten das Miteinander von Wohnen und Gewerbe und damit auch die Nachverdichtung fördern. Lübecks erstes „Urbanes Gebiet“ liegt im Norden der „Neuen Meile“. Dort soll direkt an den Gleisen ein fünfgeschossiger Neubau mit Mikroapartmens für Studenten und Auszubildende entstehen. Dass entlang der Bahngleise durch den Bau der Fehmarnbeltquerung künftig mehr mit Bahnverkehr zu rechnen sei, werde bei der Planung berücksichtigt, so Nicole Müller.
Kita, Bäcker und andere Angebote geplant
„Selbstverständlich werden zu den Gleisen hin untergeordnete Räume wie Badezimmer oder Technikräume liegen und die Fenster einen entsprechenden Schallschutz bieten.“ Ebenfalls zum urbanen Gebiet gehören die Güterhallen, die durch kleine zweigeschossige Aufbauten aufgelockert werden, insgesamt 380 Meter lang sind und neben einer Kita für 60 Kinder auch Flächen für Fitnessangebote, Gastronomie, Kultur, Co-Working, einen Bäcker und einen Kiosk beherbergen sollen.
Den Schlusspunkt im Osten des langgestreckten urbanen Quartiers bildet ein vier- bis fünfgeschossiges Hotel, das etwa 150 Zimmer für Kurzzeit- und Langzeitaufenthalte bieten wird. „Aus der Vogelperspektive wird das Hotel wie eine Lok erscheinen und die Hallen wie Waggons“, erläutert Nicole Müller. Eine beabsichtige Anspielung an die Historie des Ortes.
Gelände zunächst von Aurelis gekauft
Nachdem die Bahn den 1907 in Betrieb genommenen Umschlagplatz 1990 aufgegeben hatte, entwickelte sich das Gelände mit den historischen Verladehallen, Lokschuppen und einem Wasserturm zur innerstädtischen Industriebrache mit unterschiedlichen Zwischennutzungen.
Als das Eisenbahnbundesamt es 2011 von Bahnbetriebszwecken freistellte, begannen die Planungen, dort Wohnen zu ermöglichen. Zunächst wurde das Gelände vom Immobilienentwickler
Aurelis gekauft, der es 2016 an die Wohnkompanie veräußerte.
22 Stadthäuser geplant
Die 339 Wohnungen in unterschiedlichen Größen (bis 170 Quadratmeter) werden in zwei unterschiedlichen Gebäudetypen untergebracht: So gibt es eine geschwungene rotgeklinkerte Häuserzeile mit drei bis vier Geschossen und einem zurückspringenden Staffelgeschoss, in der unter anderem 93 öffentlich geförderte Wohnungen, frei finanzierte Mietwohnungen und in den Innenhöfen 25 Stadthäuser vorgesehen sind.
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Weitere 22 Stadthäuser entstehen in weiß verputzten Gebäuden, die rechtwinklig zur roten Wohnbebauung liegen. „Alle Wohnungen haben Terrassen, Balkone oder Loggien“, betont Nicole Müller. „Bis auf zwei baulich bedingte Ausnahmen, die dafür aber bodentiefe Fenster zum Park hin haben.“
Immobilien: Park im Quartier zugänglich für alle
Die 700 Meter lange Grünachse zwischen Wohnzeilen und Güterhallen erhält eine abwechslungsreiche Topografie. Das ist unter anderem dem Regenwassermanagement geschuldet, das Rückstaumöglichkeiten in Rasenmulden vorsieht und Speicherkapazitäten in Kästen, über denen sich Hügel wölben. Es wird mehrere Spielplätze geben, deren Gestaltungsansätze an den ehemaligen Güterbahnhof erinnern sollen, einen Platz für Veranstaltungen zu Füßen des Wasserturms und Rad- und Fußwege, die über das Gelände führen. „Als öffentliche Grünanlage steht der Park auch den Bewohnern des Stadtteils zur Verfügung“, sagt Nicole Müller. Bei der Bürgerbeteiligung im Vorfeld der Planungen sei das ein wichtiges Kriterium gewesen.
Rund 100 Millionen Euro investiert die Wohnkompanie Nord in das Quartier „Neue Meile“, das überwiegend autofrei sein wird. Stellplätze für Besucher gibt es im Norden hinter den Güterhallen, für die Bewohner gibt es unterirdische Tiefgaragen. Weil die Häuser der „Neuen Meile“ dem KFW-55-Standard entsprechen und es nach der Fertigstellung 2025 auch Carsharing, die Vorrichtungen für E-Ladestellen und auf allen Gebäuden Gründächer geben wird, erhielt sie bereits jetzt das DGNB-Vorzertifkat in Gold für nachhaltige Stadtquartiere.