Hamburg/Osterhever. Auf Eiderstedt startet endlich die Sanierung alter Gotteshäuser. Was Bundestagsabgeordnete aus der Hansestadt damit zu tun haben.
Auf diesem Geld aus Berlin dürfte mit der größte Segen im Wirken von Johannes Kahrs und Rüdiger Kruse gelegen haben: Hatten die beiden damaligen Hamburger Bundestagsabgeordneten einige Hundert Millionen Euro herbeigeschafft für den Bau des Hamburger Hafenmuseums, die Sanierung von Kampnagel, des Fernsehturms oder der Viermastbark „Peking“, so waren es für die Sanierung der historischen Kirchen auf der Halbinsel Eiderstedt zwischen St. Peter-Ording und Tönning „gerade einmal“ 9,35 Millionen Euro.
Und die verteilen sich auch noch auf 16 Einzelmaßnahmen. Nur: Ohne ihre Hilfe würde zumindest einigen dieser Kirchen der Abriss drohen. Stattdessen startet jetzt im Frühjahr die Sanierung. „Wir sind sehr dankbar“, sagt Propst Jürgen Jessen-Thiesen.
Nordsee: Schleswig-Holstein bewilligte einen Zuschuss
Organisiert hatten „K&K“ das Geld als Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages gemeinsam mit Bettina Hagedorn. Die SPD-Politikerin war zuletzt die Parlamentarische Staatssekretärin von Finanzminister Olaf Scholz.
Während Kahrs, Kruse und der Haushaltsausschuss die 9,35 Millionen Euro schon 2016 zugesagt hatten, dauerte es noch gut fünf Jahre, bis sich der Kirchenkreis Nordfriesland die Arbeiten auch zutraute: Zwar hat das Land Schleswig-Holstein noch einmal 500.000 Euro Zuschuss bewilligt, doch für den Rest muss die Kirche geradestehen. Und das sind immerhin noch rund 7,5 Millionen Euro für den Kirchenkreis und rund 300.000 für die Kirchengemeinden. Viel Geld für die evangelische Kirche in der Peripherie.
16 Kirchen auf Eiderstedt müssen saniert werden
Auf Eiderstedt stehen 18 denkmalgeschützte Gotteshäuser. Damit sind hier so viele historische Dorfkirchen auf engem Raum zu finden wie sonst wohl nirgends in Deutschland. Dabei ist die Halbinsel gerade einmal 30 Kilometer lang und 15 Kilometer breit. Der Propst schwärmt denn auch von einer „landschaftsprägenden Kirchenlandschaft“. Und dass die Häuser wahre Schätze seien. Nur: Diese Schätze sind in die Jahre gekommen. 16 der 18 müssen von Grund auf saniert werden. Denn: „Wenn diese meist mehr als 900 Jahre alten Kirchen verfallen, nimmt auch die Landschaft Schaden“, sagt Jessen-Thiesen.
Um das zu verhindern und die Co-Finanzierung zu stemmen, hat sich die Kirche eher weltlicher Mittel und Wortwahl bedient: Sie hat ein recht professionelles „Fundraising“ gestartet. Samt eigenem Internetauftritt und einem Mitarbeiter, der sich ums Geldeinwerben kümmert. Die Seite heißt: eiderstedter-schutzengel.de.
„Steine fallen aus dem Mauerwerk"
„Weil Geld nicht vom Himmel fällt“, heißt es dort, brauche man „Schutzengel“, „die sich mit uns für den Erhalt der einzigartigen Kulturlandschaft einsetzen. Jede Spende hilft und wird dringend gebraucht“, steht dort. Und auch, warum: „Steine fallen aus dem Mauerwerk und gefährden die Besucher. Dächer sind undicht oder nur noch notdürftig abgedeckt, sodass Wind und Wetter die wertvollen Kunstwerke im Inneren angreifen. Zwei Kirchen sind sogar einsturzgefährdet. Wir möchten nicht bald eine Ruinenlandschaft bestaunen.“
Mit der Sanierung der beiden einsturzgefährdeten Kirchen in Oldenswort und Kotzenbüll sowie der Gotteshäuser in Osterhever, Garding, Welt und Tönning geht es los. Das sind die marodesten Kirchen mit dem größten Sanierungsbedarf. Bauleiterin Anne Sax schätzt die Bauzeit, bis alle Kirchen auf Eiderstedt saniert sind, auf rund fünf Jahre. Die Architektin begleitet und beaufsichtigt die Sanierung.
„Dem Bund geht es gerade sehr gut"
Sie beschreibt die anstehenden Arbeiten am Beispiel der Kirche in Osterhever: Pilze haben das Holz befallen und beschädigt; das Gebälk wird deshalb saniert. Das Mauerwerk ist zudem stark beschädigt und muss wie die Fugen ebenfalls saniert werden. Hintergrund ist, dass sich die Steine mit Wasser regelrecht vollgesaugt haben. Schuld daran sind die in den 1950-er Jahren eingesetzten Zementfugen, über die das Wasser nicht mehr diffundieren konnte.
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Zurück zu Kahrs und Kruse. Spitzname K&K. K&K wie ihre Namen, wie die Doppelmonarchie mit großer Machtfülle oder eine Große K-oalition für K-ultur. Im Deutschlandfunk hieß es einmal: „Wer sie überzeugt, hat gute Karten, für sein Projekt noch etwas abzubekommen aus den Kassen des Finanzministers.“ Und während sie im Haushaltsausschuss saßen, war viel abzubekommen. Kahrs (damals Obmann der SPD) sagte zu der Zeit, als auch das Geld für die Eiderstedter Kirchen bewilligt wurde: „Dem Bund geht es gerade sehr gut. Dann muss man auch gucken, dass Geld an die Kultur kommt“.
Nordsee: Kirchen „reizend und wunderschön“
Für K&K war die Sanierung von Denkmälern wie auf Eiderstedt Kulturförderung im besten Sinne. Bei einer Rundfahrt mit Bettina Hagedorn erinnert sich Kahrs heute, habe er erlebt, wie „reizend und wunderschön“ diese Kirchen seien – „und wie sanierungsbedürftig.“ K&K gehören dem Bundestag inzwischen nicht mehr an, Bettina Hagedorn ist weiterhin Abgeordnete der SPD.