Westerland. Weil die Geburtsstation seit 2014 geschlossen ist, müssen Schwangere auf das Festland. So helfen die Hebammen in Notsituationen.

Schwangere Sylterinnen müssen seit 2014 für die Geburt ihres Kindes aufs Festland. Nur lassen sich die Babys manchmal eben nicht so lange Zeit, bis sie dort ankommen. Für diese Fälle ist seit Anfang des Jahres der Hebammen-Notruf auf Sylt wieder aktiv. Vier Hebammen beteiligen sich an den Rufbereitschaftsdiensten.

„Der Hebammen-Notruf gibt werdenden Müttern auf der Insel die Möglichkeit, umgehend eine Hebamme anzufordern, wenn die Geburt sich früher als erwartet ankündigt. So kann die fachliche Begleitung der Mutter bis zur Verlegung in eine geeignete Klinik auf dem Festland und, wenn dies nicht mehr möglich ist, auch bei der Geburt auf Sylt sichergestellt werden“, sagt Hans-Martin Slopianka, Sprecher des Kreises Nordfriesland.

Hebammenruf auf Sylt und Föhr: einmalig in Deutschland

Der Kreis habe in Zusammenarbeit mit dem Land Schleswig-Holstein, dem Amt Landschaft Sylt, den Sylter Gemeinden und den auf Sylt ansässigen Hebammen den Hebammenruf eingerichtet, der Schwangeren bei einem geburtshilflichen Notfall eine fachlich kompetente Versorgung ermögliche.

„Obwohl es noch eine ganze Reihe anderer Inseln in Deutschland gibt, von denen keine einzige eine Geburtenstation besitzt, ist dieser Hebammenruf – zusammen mit dem auf Föhr – einmalig in Deutschland. Die dafür notwendige Finanzierung einer Rufbereitschaftspauschale und der Haftpflichtversicherungsprämien der Hebammen stellen die oben angeführten Partner sicher“, so der Kreissprecher.

Sylter Hebammenruf nur für zu frühe Geburten und Notfälle

Der Hebammen-Notruf solle und dürfe aber nicht eingesetzt werden, um eine Geburt auf der Insel zu erzwingen. „Die missbräuchliche Nutzung des Notrufs kann dazu führen, dass das Angebot eingestellt werden muss“, sagt Slopianka. Ziel des Hebammen-Notrufes sei es, einer gesundheitlichen Gefährdung von Mutter und Kind während eines ungeplanten oder verfrühten Geburtsvorgangs vorzubeugen.

„Die oberste Empfehlung an die werdenden Mütter lautet jedoch weiterhin, ab zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin eine der Boarding-Möglichkeiten der Geburtskliniken zum Beispiel in Husum, Heide oder Flensburg in Anspruch zu nehmen. Anderenfalls können sich die Risiken möglicher Gesundheits- und Folgeschäden bis hin zum Tod von Mutter und Neugeborenem erheblich erhöhen.“

Schwangere sollten Boarding“-Angebote auf dem Festland nutzen

Der Hebammennotruf war Mitte des vergangenen Jahres eingestellt worden. Die drei beteiligten Hebammen hatten ihre Mitwirkung gekündigt. Nun habe man das Angebot neu organisiert, sagt Slopianka. Sofern aus medizinischer Sicht möglich, werde auch nach Einlieferung in die Asklepios Nordseeklinik Westerland eine Verlegung aufs Festland in eine geeignete Klinik veranlasst. „Gleiches gilt auch bei bereits erfolgten notfallmäßigen Geburten in der Asklepios Klinik Westerland. Auch nach einer Geburt werden Mutter und Neugeborenes in eine geeignete Klinik auf dem Festland gebracht. Ein zeitgleicher Transport von Mutter und Neugeborenem kann hierbei nicht garantiert werden“, sagt der Kreissprecher.

Werdende Mütter sollten deshalb stets die „Boarding“-Angebote der Kliniken in Flensburg, Heide oder Husum nutzen. Dafür können sie bis zu 14 Tage vor dem errechneten Geburtstermin nach vorheriger Anmeldung in jeweiliger Kliniknähe untergebracht werden. Der dabei entstehenden Unannehmlichkeiten für die Sylter Familien seien sich alle Beteiligten bewusst, sagt der Kreisssprecher. Dennoch sei und bleibe dies die sicherste und damit die einzig empfehlenswerte Möglichkeit zur klinischen Geburt.

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Sylt: Nur sehr wenige Kinder werden auf der Insel geboren

„Die erschwerend hinzukommende Infektionslage lässt es umso dringlicher erscheinen, dieser Empfehlung zu folgen. Dies dient der Sicherheit, dem Schutz und der Gesundheit aller Beteiligten. Schwangere sind bei Vorliegen einer Covid-19-Infektion, einer angeordneten Quarantäne oder Isolation verpflichtet, bei einem Anruf des Hebammen-Notrufs darauf hinzuweisen“, so der Kreissprecher. In diesen Fällen sei den Hebammen eine Behandlung oder Begleitung nach eigenem Ermessen freigestellt. Die Hebammen könnten und dürften eine Behandlung bzw. Begleitung durchführen oder ablehnen. Eine Verpflichtung zur Behandlung oder Begleitung besteht laut Slopianka für die Hebammen grundsätzlich nicht.

Seit 2014 kommen nur mehr sehr wenige Kinder auf der Insel zur Welt. Gelegentlich erblicken auch Babys auf dem Rettungskreuzer, in Rettungswagen oder Hubschraubern das Licht der Welt, weil ihre Mütter es nicht mehr rechtzeitig in die Klinik auf dem Festland schaffen. Seit der Schließung der Geburtsstation auf Sylt gab es laut Nikolas Häckel, Bürgermeister der Gemeinde Sylt, 65 Geburten auf der Insel.