Schleswig-Holstein. Im Norden muss ab 1. November in der Schule kein Mund-und-Nasenschutz mehr getragen werden. Was das Bundesland anders macht.
Wichtige Neuerung für Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein: Die Maskenpflicht an den Schulen wird gelockert. Das gab Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Dienstag bekannt. Vom 1. November an müssen Schülerinnen und Schüler im nördlichsten Bundesland an ihren Sitzplätzen im Unterricht keine Masken mehr tragen. Für nicht geimpfte und nicht genesene Schüler besteht allerdings weiterhin eine Testpflicht zweimal pro Woche.
„Mit dieser Entscheidung gehen wir einen weiteren Schritt in Richtung Normalität. Wir bitten herzlich darum, dass alle verantwortungsbewusst mit dem Schritt umgehen“, sagte der Regierungschef. Das Bundesland stelle sich Ende November darauf ein, dass die epidemiologische Lage nicht verlängert werde.
Schleswig-Holstein lockert die Maskenpflicht im Unterricht
Die Kieler Landesregierung hatte sich zuvor mit Experten über das weitere Vorgehen an den Schulen beraten. Einen wichtigen Grund für die Lockerung bildet offenbar die Tatsache, dass Kinder sich außerhalb der Schule – zum Beispiel beim Sport oder im Freundeskreis – ohne Maske treffen können. Oftmals sei der Kreis identisch mit der Schulklasse. Dazu komme die Erfahrung, dass Infektionen nicht in der Schule entstehen, so der Ministerpräsident.
„Wir können Schülerinnen und Schüler daher nicht härter behandeln als den Rest der Bevölkerung“, betonte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). Doch bei aller Öffnung – es bestehen weiterhin viele Schutzmaßnahmen. Sollte es zu einem Infektionsfall in einer Lerngruppe kommen, gilt fünf Tage lang eine tägliche Testpflicht sowie eine Maskenpflicht auch im Unterricht. Schüler, die von einer Infektion betroffen sind, müssen in Quarantäne.
Inzidenzen steigen auch in Schleswig-Holstein weiter
Wie hoch die Impfbereitschaft der Schleswig-Holsteiner ist, zeigen diese Zahlen: Nach Angaben der Landesregierung sind 53,9 Prozent der 12- bis 17-Jährigen in Schleswig-Holstein vollständig geimpft. Das ist bundesweit in dieser Altersgruppe der höchste Anteil. Von der Gesamtbevölkerung sind 71,1 Prozent vollständig geimpft; bei der so genannten impffähigen Bevölkerung sind es in Schleswig-Holstein 81,9 Prozent.
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Damit liegt das Bundesland auf Platz 3 in Deutschland. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg am Montag in Schleswig-Holstein auf 58,0. Eine Woche zuvor hatte die Zahl neuer Ansteckungen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen noch 32,6 betragen, am Sonntag 57,6. Die Hospitalisierungsinzidenz – also die Zahl der Corona-Kranken, die je 100.000 Menschen binnen sieben Tagen in Kliniken aufgenommen wurden – stieg von zuletzt 1,68 auf 1,75.
Krankenhaus- und Intensivbelegung sind wichtige Faktoren
Ministerpräsident Günther betonte, die Inzidenzentwicklung sei nicht mehr der entscheidende Faktor zur Lagebewertung. Auch Krankenhaus- und Intensivbelegung müssten stärker einbezogen werden. Hier sei die Situation im Land weiterhin stabil. Inzwischen sind auch 86.000 Schleswig-Holsteiner zum dritten Mal geimpft. Sie gehören zu einer Risikogruppe und haben deshalb an einer Auffrischungsimpfung (Booster) teilgenommen.
Die Entscheidung der Landesregierung stieß unterdessen bei der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft auf ein geteiltes Echo. Die Landesvorsitzende Astrid Henke begrüßte zwar den Öffnungsschritt: „Wir halten die Entscheidung vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens in Schleswig-Holstein für vertretbar.“ Doch mit Blick auf die Corona-Zahlen sagte sie auch: „Die allermeisten unserer Kolleginnen und Kollegen werden die heutige Entscheidung durchaus mit gemischten Gefühlen aufnehmen.“
20 Millionen Selbsttests für Schulen
Unterricht ohne Maske mache zwar für die Lehrkräfte das Unterrichten viel leichter und für Schulkinder das Lernen. Auf der anderen Seite stehe jedoch die Sorge um die Gesundheit der Schüler – „und ein wenig auch um die eigene Gesundheit“, fügte die Gewerkschafterin hinzu. „Uns erscheint es daher wichtig, sich nicht in falscher Sicherheit zu wiegen. Corona ist noch nicht vorbei. Wir müssen die Entwicklung in den Schulen genau beobachten und, wenn es notwendig ist, schnell wieder zu strengeren Maßnahmen zurückkehren.“
Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) appellierte: „Je disziplinierter wir als Erwachsene sind, je mehr von uns sich impfen lassen, desto mehr Entlastung kann es für unsere Kinder geben.“ Das Spannungsfeld, Vorsicht zu wahren und zurück ins alte Leben zu starten, wird ihrer Überzeugung nach angesichts der aktuellen Entwicklung auch in den nächsten Wochen noch bestehen bleiben. Heinold berichtete, das Land habe bisher für die Schulen 20 Millionen Selbsttests angeschafft.
Der Hamburger Senat will noch weiter abwarten
Mit Erleichterung reagierte die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn, auf die Entscheidung der Kieler Regierung. „Das Ende der Maskenpflicht am Sitzplatz in der Schule ist zum jetzigen Zeitpunkt der richtige Schritt. Schulen sind nach wie vor kein Infektionstreiber.“ Mit der Beibehaltung der regelmäßigen Tests bleibt die Schule ein sicheres Umfeld. „Gleichzeitig tragen wir mit der gelockerten Maskenpflicht dazu bei, den Präsenzunterricht an den Schulen zu erleichtern und unseren Schülerinnen und Schülern das Lernen deutlich zu erleichtern.“
In Hamburg steht eine solche Entscheidung zunächst nicht an. Der Senat habe kurz über die Maskenpflicht an Schulen beraten, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer. „Angesichts der Situation bei uns im Ballungsraum und den kürzlich zu Ende gegangenen Herbstferien wurde aber entschieden, noch mindestens eine Woche zu warten, bevor wir uns an einen solchen Schritt heranwagen und die Maskenpflicht an Grundschulen aussetzen.“ Man dürfe nicht die Augen davor verschließen, dass die Inzidenz derzeit steige und damit das Ansteckungsrisiko wachse. Die AfD forderte indes, die Maskenpflicht auch an Hamburg im Unterricht aufzuheben.