Sylt. Schon seit fünf Jahren soll das Lindner-Hotel abgerissen und neu gebaut werden. Gemeindevertreter sind sich uneinig.

Die Planungen für einen Abriss und Neubau des in die Jahre gekommenen Vier-Sterne Lindner Strand Hotel Windrose in 1-A-Lage an der Strandstraße in Wenningstedt gibt es seit fast fünf Jahren. Aber bis heute hat die zuständige Gemeindevertretung kein grünes Licht gegeben: Bereits Ende 2016 hatten die rund 130 Anleger, die über einen von der Hamburger Paribus Gruppe aufgelegten Fonds, an der Hotelimmobilie beteiligt sind, einem Abriss und Neubau zugestimmt.

Die Immobilie hatte Paribus bereits 2006 erworben. Auf dem 6825 Quadratmeter großen Grundstück soll ein neues Gebäude mit 128 Zimmern – bislang sind es 80 Zimmer – entstehen.

Das Hotel Windrose an der Strandstraße auf Sylt liegt nur wenige Meter von der Nordsee entfernt.
Das Hotel Windrose an der Strandstraße auf Sylt liegt nur wenige Meter von der Nordsee entfernt. © HOTEL LINDNER | HOTEL LINDNER

Sylt: Hotel Windrose soll im Wettbewerb bestehen können

„Die Immobilie ist nicht mehr zeitgemäß, und aus wirtschaftlicher Sicht macht es keinen Sinn, weiter in den verwinkelten Gebäudekomplex zu investieren. Wir haben auch eine Verantwortung unseren Anlegern gegenüber, die eine Rendite für ihr Investment erwarten. Deshalb haben wir uns entschlossen, hier etwas Neues zu schaffen. Ein Vier-Sterne-Hotel, das zur Insel passt und das vor allem im Wettbewerb auf Sylt bestehen kann. Dazu gehört auch ein großzügiger Wellnessbereich mit Fitness, Sauna und Schwimmbad. Natürlich wird dort auch Platz für repräsentative Räume für die Gastronomie und eine Lobby geschaffen“, sagt Thomas Böcher, Geschäftsführer der Paribus Immobilien Assetmanagement GmbH, beim exklusiven Abendblatt-Gespräch.

Das auf Immobilien spezialisierte Hamburger Unternehmen mit 120 Mitarbeitern hat seinen Sitz an der Königstraße in Altona.

Gemeindevertretung lehnte erste Architektenplanung ab

Zurück zur Windrose. Der Gebäudekomplex steht bis heute. Von einer Blockadehaltung Einzelner in der Gemeindevertretung spricht Deike Scharnberg, Geschäftsführerin der Paribus Immobilien Assetmanagement GmbH.

Aber der Reihe nach: Im Jahre 2018 hatte Paribus dem Bauausschuss der Gemeindevertretung eine „vollumfängliche Architektenplanung“ vorgelegt. „Diese Planung wurde abgelehnt, weil sie nach Meinung einiger Bauausschuss-Mitglieder nicht dem inseltypischen Erscheinungsbild entsprochen hat“, sagt Böcher. Danach folgten mehrere Workshops mit dem Architektenteam akyol kamps und Schlums + Franzen und den Gemeindevertretern. Das Ergebnis: „Ein modifizierter Entwurf mit einer an die historische Bäderarchitektur angelehnte Architektursprache“, sagt Scharnberg.

Bauausschuss auf Sylt stimmte 2020 überraschend gegen Entwurf

Schließlich wurde im Herbst 2019 der neue Entwurf im Bauausschuss präsentiert. Dieser habe daraufhin den erforderlichen Aufstellungsbeschluss für das Bebauungsplanverfahren gefasst, sagt Böcher. Die Fondsgesellschaft als Vorhabenträgerin beauftragte in Abstimmung mit der Gemeinde ein Stadtplanungsbüro mit der Aufstellung des Bebauungsplans. „Wir waren davon ausgegangen, dass nun die Planung umgesetzt werden kann. Mit einer neuen Windrose wird ja auch der gesamte Standort aufgewertet“, sagt Deike Scharnberg.

Aber es sollte anders kommen. Im Juni 2020 habe der Bauausschuss überraschend gegen die bereits abgestimmte Vorhabenplanung gestimmt, die wesentliche Basis des neuen Bebauungsplans für das Windrose Areal sei, sagt Böcher. Nun wurde wieder Hand an die Planungen angelegt. So wurde zum Beispiel der geplante Neubau zur Strandstraße hin um zwei Meter zurückversetzt, um so mehr Platz für den Außenbereich zu schaffen.

Auf Wunsch der Politik folgte eine Bürgerversammlung. Dort stellte die Paribus gemeinsam mit den Stadtplanern, Architekten und dem Pächter Otto Lindner – die Lindner Gruppe hat 35 Hotels im In- und Ausland – den aktuellen Entwurf vor. „Das Interesse war groß, es kamen bestimmt 100 Bürger und wir haben alle Fragen zu dem Projekt umfassend beantwortet. Wir hatten das Gefühl, dass die meisten dem Neubau positiv gegenüber eingestellt sind“, sagt Böcher.

Deike Scharnberg und Thomas Böcher mit dem Neubauentwurf.
Deike Scharnberg und Thomas Böcher mit dem Neubauentwurf. © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

Hotel Windrose: Gemeindevertreter sind sich uneinig

Jetzt wird es richtig kompliziert. Im September 2020 stimmte dann der Bauausschuss der Gemeinde über den neuen Entwurf für den Bebauungsplan ab. Wegen Befangenheit – zuvor hatte es darüber Diskussionen gegeben – hatten sich vier von zehn Mitgliedern enthalten. Schließlich waren drei dafür und drei der Vertreter dagegen und damit war das Vorhaben ein weiteres Mal abgelehnt.

Doch in der Gemeindevertretung fühlte sich keiner der Mitglieder mehr befangen und schließlich wurden der Entwurf und die öffentliche Auslegung des Bebauungsplanes mit sieben Ja, fünf Nein und einer Enthaltung beschlossen.

Dagegen gestimmt hatten auch die drei Gemeindevertreter vom Bündnis Wenningstedt-Braderup. „Wir haben nichts gegen einen Neubau, aber wir wollen an diesem Standort kein Hotel dieser Größenordnung“, sagt die Fraktionsvorsitzende Ilka Köchy-Winter. Der Bebauungsplanentwurf wurde öffentlich ausgelegt und die Bürger konnten diesen einsehen und ihre Stellungnahmen dazu abgeben, parallel wurden auch die Träger öffentlicher Belange mit einbezogen.

Investment für Neubau auf Sylt liegt bei 50 Millionen Euro

Doch die Windrose-Posse ging Ende 2020 in die nächste Runde: „Wir haben dann aus der örtlichen Presse erfahren, dass die untere Kommunalaufsicht mehrere Gemeindemitglieder für befangen erklärt hat und damit war die Abstimmung über den Bebauungsplan unzulässig“, sagt Böcher.

Aber was hat das mit der Befangenheit auf sich? „Diese Gemeindevertreter wohnen in direkter Nachbarschaft und könnten Vor- oder Nachteile durch den Neubau haben. Aber auch Gemeindevertreter die Eigentümer etwas weiter entfernter Grundstücke sind, wurden als befangen erklärt, weil ihnen durch das Hotelprojekt Nachteile entstehen könnten, zum Beispiel weil deutlich mehr Straßenverkehr erzeugt wird“, sagte Hans-Martin Slopianka, Sprecher des Kreises Nordfriesland

Beim Gespräch mit dem Abendblatt macht Deike Scharnberg deutlich. „Wir haben viel Zeit und Geld in dieses Neubauvorhaben gesteckt. Das ist für uns nicht einfach nur ein Projekt, sondern eine Herzensangelegenheit.“ Inzwischen liegt das Investment für den Neubau bei mehr als 50 Millionen Euro. Paribus-Geschäftsführer Böcher sagt. „Wir warten seit Frühjahr darauf, dass die Gemeinde den vorhabenbezogenen Bebauungsplan zur erneuten Abstimmung stellt. Aber bislang ist nichts passiert.“

Sylt: Bürgermeisterin befürwortet Neubau der Windrose

Auf Abendblatt-Anfrage sagte Katrin Fifeik, Bürgermeisterin der Gemeinde Wenningstedt-Braderup. „Ich stehe persönlich zu 100 Prozent hinter dem geplanten Neubau der Windrose.“ Das Thema Windrose könnte laut der Bürgermeisterin schon bei der nächsten Gemeindevertretersitzung – die im November oder Dezember statt finden soll – auf der Tagesordnung stehen.

Sollte es auf absehbare Zeit nicht doch noch grünes Licht für den Hotelneubau geben, hat die Paribus einen Plan B. „Wir können unsere Anleger, die zu Recht eine Rendite erwarten, nicht länger hinhalten. Und eine Rendite ist nur möglich, wenn wir hier einen Neubau realisieren und danach eine entsprechende Pacht erzielen. Das heißt, wenn wir hier kein Baurecht für den Neubau erhalten, dann wäre der Verkauf dieser Immobilie eine Option.“