Kiel. Erst nach Jahren erfährt der Vater von der Beziehung und will deren Ende offenbar erzwingen. Nun beginnt der Prozess.

Mit Geiselnahme, massiver Gewalt und mehrfachen Todesdrohungen soll ein 51-jähriger Vater versucht haben, den Freund seiner Tochter zur Aufgabe der Beziehung zu zwingen. Er habe den Mann im Dezember 2017 nach Kiel gelockt, ihn dort in einem Kleingarten als Geisel genommen und – gemeinsam mit drei unbekannten Mittätern – misshandelt und mit dem Tode bedroht, sagte die Staatsanwältin am Dienstag bei der Anklageverlesung vor dem Kieler Landgericht.

Prozess nach Geiselnahme in Kiel beginnt

Die Vorwürfe der Anklage: Geiselnahme, gefährliche Körperverletzung und Raub. Der 51-Jährige hatte demnach erst wenige Wochen zuvor von der Beziehung seiner Tochter erfahren, die den Freund schon seit 2011 kennen soll. 2017 wollte sich die Tochter dann angeblich von dem Mann trennen. Als der daraufhin gedroht haben soll, der Familie Intimfotos zu schicken, landete ein Kussfoto von ihm und der Tochter auch beim Vater. Er ist syrischer Staatsbürger. Ihm drohen bei einer Verurteilung mindestens fünf Jahre Haft.

Was sich in der Kleingartenparzelle 37 am Tattag zutrug, blieb für die Öffentlichkeit weitgehend im Dunkeln. Der Angeklagte schwieg – um die Aussage des Geschädigten abzuwarten, sagte sein Verteidiger. Der Verteidiger beantragte stattdessen erfolgreich, die Öffentlichkeit für die gesamte Aussage des damaligen Freundes auszuschließen.

Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen

„Das öffentliche Interesse“, so der Vorsitzende Richter Sven Heitmann, „überwiegt nicht die schutzwürdigen Interessen der Familie.“ Bei der Vernehmung des Mannes würden voraussichtlich Umstände aus den Lebensbereichen der Tochter und deren Familie erörtert werden, die deren Persönlichkeitsrechte verletzen könnten. Das vorherige Angebot des Gerichts zu einer Verständigung mit der Möglichkeit einer milderen Strafe lehnte der Verteidiger ab. Dann müsse sein Mandant ja ein Geständnis abgeben, sagte er.

Weitere Prozessberichte:

Der Geschädigte hatte den Fall ins Rollen gebracht. Er stellte trotz der angeblichen massiven Todesdrohungen gegen seine Kinder, seine Frau und seine Mutter Strafanzeige bei der Polizei, nachdem er nach seiner Freilassung an seinen Wohnort Gießen zurückgekehrt war.

Geknebelt und Messer an den Hals gesetzt

Während der Tat am 22. Dezember 2017 sollen der Angeklagte und seine Mittäter den Freund der Tochter geschlagen, gefesselt, geknebelt, ihm die Augen verbunden und ein Messer an den Hals gesetzt haben, wie die Staatsanwältin sagte. Sie drohten unter anderem auch, sein Kind in der Türkei und seine Mutter zu töten, falls er die Polizei einschalte.

Zugleich behaupteten die Täter demnach, sie seien Mitglieder der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, die unter anderem in Deutschland als terroristische Vereinigung eingestuft ist. Der Geschädigte kam drei Stunden später frei.

Das Gericht hat zwei Verhandlungstage geplant. Das Urteil könnte am Montag kommender Woche verkündet werden.