Lübeck/Reinbek. Die Seniorin soll versucht haben, ihre Zimmernachbarin mit einem Kissen zu ersticken. Landgericht Lübeck entscheidet auf Bewährung.

Eine 78 Jahre alte Bewohnerin eines Reinbeker Pflegeheims, die versucht haben soll, ihre Zimmernachbarin mit einem Kopfkissen zu ersticken, entgeht knapp der Unterbringung in der forensischen Psychiatrie. Das hat das Landgericht Lübeck am Mittwoch entschieden. Die I. Große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Christian Singelmann befand die Seniorin zwar des versuchten Totschlags für schuldig, setzte den Vollzug der Unterbringung jedoch zur Bewährung aus.

Heimbewohnerin (78) muss nach Tötungsversuch nicht in die Psychiatrie

Helga W. soll am 17. Oktober 2020 in das Zimmer ihrer Nachbarin in einem Reinbeker Pflegeheim gegangen sein, ein Kissen genommen und es der 76 Jahre alten Frau ins Gesicht gedrückt haben. Ein Mitarbeiter des Pflegeheims wurde im Vorbeigehen auf die beiden aufmerksam und konnte die 78-Jährige von ihrem Opfer losreißen. Die Frau überlebte die Tat. W. war seitdem vorübergehend in einer psychiatrisch-forensischen Einrichtung untergebracht.

Die Seniorin leidet an einer fortgeschrittenen Demenz

W. leidet unter einer fortgeschrittenen Demenz, ein psychiatrischer Sachverständiger hatte die 78-Jährige deshalb für schuldunfähig erklärt. Eine Gefängnisstrafe kam für die Reinbekerin deshalb nicht in Betracht, anstelle eines Strafverfahrens wurde in einem sogenannten Sicherungsverfahren verhandelt. Dabei mussten die Richter entscheiden, ob von Helga W. eine so große Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht, dass sie dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht werden muss.

Helga W. soll nun in eine geschlossene Wohneinrichtung ziehen

Dabei ging es auch um die Frage, ob die 78-Jährige körperlich noch fit genug ist, um erneut eine vergleichbare Tat zu begehen. Ein Gutachter schloss das nicht aus, letztlich folgte auch das Gericht dieser Einschätzung. Dennoch setzte die Kammer den Vollzug der Unterbringung zur Bewährung aus. Singelmann begründete das damit, dass die Familie der Reinbekerin einen Platz in einem geschlossenen Pflegeheim für die Seniorin organisiert habe. Dabei handelt es sich zwar nicht um eine forensische Einrichtung, diese ist jedoch auf Bewohner mit psychiatrischen Problematiken spezialisiert. Auch darf W. das Heim nicht verlassen. Das Gericht folgte mit dem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidiger der 78-Jährigen hatten auf Freispruch plädiert.