Kiel. Corona-Zwangspause trifft Schleswig-Holstein hart. Die FDP willigt zwar ein, aber droht: „Sonst war es das letzte Mal“.

Schleswig-Holstein wird den bundesweiten Teil-Lockdown im November mitmachen. Das sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Donnerstag bei einer Regierungserklärung im Landtag. Allerdings gibt es innerhalb der Landesregierung auch andere Stimmen. Die FDP verwies auf „erhebliche inhaltliche und rechtliche Bedenken“ gegen die Schließung der Hotels und gastronomischen Betriebe.

Wolfgang Kubicki, Ehrenvorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, bestätigte dem Abendblatt, dass deshalb sogar in Erwägung gezogen worden sei, die Koalition zu verlassen. Fraktionschef Christopher Vogt mahnte am Donnerstag, dass alle Bundesländer nun aber auch die Beschränkungen für private Feiern umsetzen sollten – „sonst war es das letzte Mal, dass wir so was mitmachen“. Viele Länder, etwa Berlin, hätten „bis zuletzt“ Feiern zugelassen, die klar als Infektionstreiber identifiziert worden seien.

Die Probleme in der Regierungs­koalition, zu der neben CDU und FDP die Grünen gehören, hatte Daniel Günther zu einem guten Teil selbst heraufbeschworen. Am Dienstag, nur einen Tag vor der Minterspräsidentenkonferenz, hatte er eigene Corona-Maßnahmen verhängt, die von Sonnabend an gelten sollten. Eine Schließung von Hotels und Restaurants war nicht dabei. „Ich halte es für falsch, das zu schließen“, sagte Günther. Ebenso sprach er sich für je nach Bundesland und Infektionsgeschehen unterschiedliche Regelungen aus – und gegen einen Lockdown. „Mit dem Begriff ,Lockdown light‘ kann ich nichts anfangen, was soll das sein?“, sagte er.

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Günther tat einiges, um die Gemüter zu beruhigen

Am Montag geht Schleswig-Holstein nun in genau diesen Lockdown – und die FDP, die sich als Hüterin der Tourismusbranche sieht, ist auf Zinne. Günther tat deshalb in seiner etwa 20-minütigen Regierungserklärung einiges, um die Gemüter zu beruhigen. Er sprach von einer „nationalen Gesundheitsnotlage“, vor der Deutschland stehe. Da sei es eine „staatspolitische Verantwortung“, den Lockdown mitzumachen – obwohl die Corona-Lage in Schleswig-Holstein besser sei als anderswo. Günther verband dies geschickt mit einem Lob für die Arbeit des Gesundheitsministers Heiner Garg – und man hatte durchaus den Eindruck, dass dieses Lob auch deshalb ziemlich dick ausfiel, weil Garg der empörten FDP angehört.

Auch die Gastronomie und Hotellerie habe großartige Arbeit geleistet, so Günther weiter. Aber man müsse sich vor Augen führen, was passiere, wenn man den Bundeskonsens aufkündige und die Betriebe in Schleswig-Holstein offen lasse. „Das Hotel in Ahrensburg ist geöffnet, das im benachbarten Hamburg aber nicht, das Restaurant in Lübeck ist offen, das im benachbarten Mecklenburg-Vorpommern aber nicht ­– das versteht kein Mensch“, sagte er.

Entschädigung für Betriebe, die weniger als 50 Mitarbeiter haben

Deshalb sei die Schließung notwendig. Und um dies abzumildern, sagte Günther, habe er sich am Mittwoch gegenüber der Kanzlerin „sehr stark“ dafür eingesetzt, dass die Betriebe eine Entschädigung erhalten. „Die Sitzung musste sogar unterbrochen werden“, sagte der Ministerpräsident. Das Signal an die FDP lautete: Seht her, ich habe mich doch ganz doll eingesetzt.

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Nun sollen die Betriebe, die nicht mehr als 50 Mitarbeiter haben, 75 Prozent des Umsatzes aus dem November 2019 bekommen. Günthers rhetorische Frage dazu lautete: „Wäre es unter Corona-Bedingungen im November 2020 überhaupt möglich gewesen, 75 Prozent des Umsatzes von 2019 zu erzielen?“ Vermutlich nicht, klang da mit.

Ohnehin ist die Rechnung nun, nach der Lockdown-Entscheidung, eine ganz andere. Weil die Hotels und Restaurants schließen, haben sie in jenen vier Wochen auch deutlich geringere Kosten – etwa beim Wareneinkauf. 75 Prozent des Umsatzes dürfte für viele Betriebe eine ordentliche Einnahme bedeuten. Das sah auch der FDP-Fraktionschef Vogt so – oder zumindest fast so. „75 Prozent sind für einige eine gute Lösung, nicht aber für ausgebuchte Hotels.“

Breite parlamentarische Zustimmung zur Corona-Bekämpfung

Die Oppositionspartei SPD war am Donnerstag deutlich milder gestimmt als die Koalitionspartei FDP. Der SPD-Fraktionschef Ralf Stegner sagte, seine Fraktion stimme den Maßnahmen zu. Und weiter: „Es ist jetzt wirklich nicht die Zeit für parteipolitische Profilierung.“

In Schleswig-Holstein gibt es also zwar keine Abstimmung im Landtag über die Corona-Bekämpfung, aber dennoch eine breite parlamentarische Zustimmung – seitens der CDU, der SPD, den Grünen, des SSW und der zähneknirschenden FDP.

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