Scharbeutz. Corona verlangt den Ferienzielen am Meer viel ab. Wie funktioniert der Urlaub in der Pandemie? Teil 4 unserer Serie: Bettina Schäfer.

Die gebürtige Paderbornerin Bettina Schäfer steht noch ganz am Anfang ihrer Amtszeit. Seit Januar ist sie Bürgermeisterin der Gemeinde Scharbeutz, zu der auch Haffkrug gehört. Die 48-Jährige, die seit 2010 im Kreis Ostholstein lebt, läuft und liest gern – und spielt ein bisschen Saxofon. In den vergangenen Wochen hat Bettina Schäfer durchaus Schlagzeilen gemacht – unter anderem mit Internetaufrufen an schönen Sommerwochenenden, dass Touristen doch bitte das überfüllte Scharbeutz meiden sollten, weil Abstandsregeln nicht mehr eingehalten werden konnten.

Beim Nachbarn Timmendorfer Strand kam das nicht so gut an – manche empfanden es als Negativwerbung. „Wir sind gut besucht, aber weit entfernt von einem Massenansturm. An unseren Stränden ist noch Platz“, sagte Bettina Schäfer am Sonntag. Urlauber, Einheimische und Tagesgäste hätten sich sehr gut an den Stränden der Region verteilt. Grund dafür sei auch das neu eingeführte Leitsystem über die Internetseite www.strandticker.de gewesen. „Das Strandampel-System hat bislang sehr gut funktioniert.“

Wie ist bei Ihnen im Ort aktuell die Lage?

Es ist sehr schön bei uns. Die Ferienwohnungen und Hotels sind gut gebucht, und wir freuen uns über unsere Gäste. Alle halten sich an die Abstandsregeln und verbringen eine gute Zeit bei uns.

Abendstimmung am Strand von Haffkrug
Abendstimmung am Strand von Haffkrug © picture alliance / blickwinkel/M | dpa Picture-Alliance / McPHOTO/C. Ohde

Haben Sie zu viele oder zu wenige Badegäste?

Wir leben in Norddeutschland. Da gibt es keine Schön-Wetter-Garantie, und dennoch sind wir am schönsten Ort Schleswig-Holsteins mit dem schönsten Sand. Es ist alles gut, und die Gäste verteilen sich gut auf unsere 48 Strandeingänge in Scharbeutz und Haffkrug.

Warum sollten wir in Ihrem Ort Urlaub machen?

Ein bisschen klingt das schon aus der vorherigen Frage heraus. Bei uns ist es einfach schön: ein toller feiner Sandstrand, schöne Lokalitäten, schöne kleine Geschäfte und viel gute Laune im Ort. Familienfreundlich und herzlich, so sind wir. Zudem haben wir neben dem Strand ein wunderschönes Binnenland zu bieten, das es sich ebenfalls zu erkunden lohnt.

Was ist das Highlight in dieser Saison?

Ich glaube, das Komplettangebot macht es aus. Wir alle wissen, dass es aufgrund der Corona-Regeln keine Veranstaltungen wie in den Vorjahren geben kann. Dennoch machen wir das Beste aus der Situation und bieten Gästen wie Einheimischen viele kleine Highlights an, von Musik im Strandkorb bis zu Yoga auf dem Stand-up-Paddle. Jeder kann hier einfach eine gute Zeit verbringen. Unsere TALB, die Tourismus Agentur Lübecker Bucht, bietet hier ein vielfältiges Angebot. Schauen Sie einfach mal nach im Lübecker-Bucht-Guide.

Wie lang ist Ihr Strand?

Sieben Kilometer.

Was tun Sie, wenn er überfüllt sein sollte?

Wir sind mit einem Pilotprojekt an den Start gegangen und haben seit Kurzem die Strandampel in Betrieb. So ist es unseren Gästen jederzeit möglich zu sehen, wo noch freie Plätze zur Verfügung stehen. Ich denke, dass wir so allen Gästen wie Einheimischen eine tolle Zeit an unserem langen, feinen Strand bescheren können.

Wo baden Sie selbst am liebsten?

Ich bade oft morgens nach dem Joggen direkt in der Ostsee. Zum Anbaden war ich in unserer Badeanstalt in Klingberg, eine Badeanstalt im Pönitzer See. Ein tolles Fleckchen Erde und mehr als zu empfehlen, insbesondere auch für diejenigen, für die das Salzwasser nicht ganz so etwas ist. Am Tag fehlt mir leider im Moment ein bisschen die Zeit. Gerade an den schönen Tagen sorge ich mit meinem Team dafür, dass alle hier eine gute Zeit haben. Ansonsten bin ich meist auf dem Abschnitt unter der Kammer zu finden. Ich selbst muss nicht mitten ins Geschehen an die Seebrücke zum Beispiel. In den Außenbereichen von Scharbeutz und Haffkrug ist es mir persönlich ein bisschen lieber. Ich genieße dann dort die Zeit mit meinen Freunden.

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Nennen Sie die drei am häufigsten zu hörenden Vorurteile über Touristen.

Wir haben keine Vorurteile unseren Touristen gegenüber. Meckerbüdel gibt es immer, ob Gäste oder Einheimische.

Wo muss Ihr Ort besser werden, um mehr Touristen anzulocken?

Ich denke, kein Ort darf sich auf dem Erreichten ausruhen. Stillstand ist Rückschritt. Wichtig ist, immer wieder in die Bedürfnisse unserer Gäste hineinzuhören und sich entsprechend zu entwickeln. Unsere Eltern hatten da ganz andere Erwartungen; als unsere Kinder es haben. Und daran arbeiten wir ständig, dass sich alle hier wohlfühlen und vor allem auch gern wiederkommen.

Was wäre Ihr Ort ohne Touristen?

Ich glaube, das konnte man sehr gut bis Mitte Mai beobachten. Während im Binnenland mit den kleineren Betrieben und dem Gewerbegebiet in Gleschendorf das Leben relativ beschaulich, natürlich auch mit starken Einschränkungen weiterging­, fehlte in den beiden Küstenorten Scharbeutz und Haffkrug das pulsierende­ Leben. Die Seebrückenvorplätze waren wie ausgestorben. An den Wochenenden kamen viele Spaziergänger bei schönem Wetter zu Besuch, aber Gastronomen, Hoteliers, Einzelhändler, Strandkorbvermieter usw. mussten hilflos zusehen. Die Veranstalter müssen immer noch hilflos zusehen. Viele leben hier vom Tourismus. Ihnen, ihren Familien und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde die Lebensgrundlage entzogen und damit unserer Gemeinde auch wichtige Einnahmen zum Bau von Schulen, Kindergärten, Feuerwehren usw. Das ist schon sehr hart.

Was wird sich in den kommenden Jahren in Ihrem Ort ändern?

Corona hat die Gesellschaft insgesamt verändert. Insbesondere die Abstands­regeln werden uns wohl noch eine ganze Zeit begleiten. Wir möchten unseren Gästen ein gutes Gefühl und eine schöne Zeit vermitteln. Und das muss genau so bei unseren Gästen ankommen. Wenn die Qualität am Urlaubsort stimmt, die Gäste glücklich sind, dann haben wir alles richtig gemacht. Einzelne Maßnahmen hängen aber davon ab, wie sich alles in den nächsten Monaten entwickeln wird.

Welche wirtschaftlichen Folgen hat Corona­ für Ihren Ort?

Wirklich absehbar ist das erst am Ende des Jahres. Meine stille Hoffnung ist, dass wir mit einem blauen Auge davonkommen. Viele bleiben aufgrund der Situation im eigenen Land. Wir hoffen daher auch auf eine gute Buchungslage im Herbst und die Wintermonate. Und ich kann das nur empfehlen. Auch die kühleren Monate sind wunderschön bei uns an der Ostsee. Was gibt es Schöneres; als nach einem langen Spaziergang an der Ostsee, ab Oktober auch wieder mit dem Hund, einen leckeren Tee oder Eiergrog in einem unserer schönen Lokale und Restaurants zu sich zu nehmen. Und unsere Winterbeleuchtung strahlt dabei unsere Gäste an.

Wann sind diese Folgen überwunden?

Das wird sich zeigen und hängt auch davon ab, wie sich alles entwickelt. Ich wünsche uns allen, dass wir gut durch die nächsten Monate kommen, dass es keine zweite Welle geben wird. Irgendwann können wir hoffentlich auf diese Zeit zurückblicken und sagen: Ja, das war heftig, aber wir haben es gut gemeistert.

Wo machen Sie Urlaub – und wann?

Ich tue mich schwer, in dieser Zeit in Urlaub zu gehen. Voraussichtlich werde ich Anfang August fünf Tage Urlaub machen. Den verbringe ich hier, ich hab doch das schönste Urlaubsziel direkt vor der Haustür.